Kater Brown und die Klostermorde - Kriminalroman
schrecklichen Ort fortzukommen. Er mochte den großen Park mit seiner Unruhe und den vielen Menschen nicht. Und die drei Jungen, die ihn aus dem Auto geholt hatten, konnte er erst recht nicht ausstehen! Schon als sie ihn durch die Scheibe hindurch angestarrt und dabei so laut geredet und gelacht hatten, war ihm klar gewesen, dass sie nichts Gutes im Schilde führten. Und dann war es ihnen irgendwie gelungen, die Tür zu öffnen und ihm ein Handtuch überzuwerfen, damit er nichts sehen konnte.
Natürlich hatte er sich mit Krallen und Zähnen zur Wehr zu setzen versucht, aber das Handtuch war zu dick gewesen, und er war von den lauten Jungen weggebracht und in einen dunklen, engen Raum gesperrt worden. Zum Glück hatte er schnell das kleine Fenster entdeckt, aus dem er bald nach seiner Entführung hatte entkommen können.
Und dann hatten sich die Ereignisse auch schon überstürzt. Alexandras Rufe … und das schreckliche Motorgeräusch, das immer lauter geworden war. Ein weißes Ungetüm war auf ihn zugeschossen. Obwohl er normalerweise sehr schnell laufen konnte, war er wie gelähmt gewesen und hatte das Blechmonster nur anstarren können. Gleich bist du mausetot, hatte er gedacht – und Alexandra auch. Doch da hatte sie ihn schon gepackt, und sie waren gemeinsam den Abhang heruntergerollt … Sie war schon ein Teufelsmädchen! Kein Zweifel, sie hatte ihm eines seiner sieben Leben gerettet …
»›Es wurde schon wieder hell‹, hat Frau Büchel gesagt«, überlegte Tobias nach einer Weile, während er Kater Brown streichelte, der seit der Abfahrt vom Schullandheim auf seinem Schoß lag und döste. »Damit scheidet der Polizist als Täter aus. Der Mord ereignete sich irgendwann nach zweiundzwanzig Uhr, und er kann sich nur im Schutz der Dunkelheit abgespielt haben, weil alles andere zu riskant gewesen wäre. Wenn es hell wird, kann man vom Kloster aus den Parkplatz und die Fläche rund um den Brunnen beobachten, ohne selbst gesehen zu werden.«
Alexandra nickte. »Trotzdem hätte ich es Pallenberg nicht zugetraut, dass er sich regelmäßig als Sanitäter für die Schulpartys zur Verfügung stellt. Vielleicht ist er doch nicht so faul, wie wir dachten.«
Tobias schnaubte. »Na, ich weiß nicht. Kann doch sein, dass er sich seine Arbeit nur danach aussucht, ob sie ihm Spaß macht oder nicht. Du hast ja gehört, was Frau Büchel sagte. Bisher wurde auf einer solchen Party noch nie ein Sanitäter gebraucht. Also kann Pallenberg an solchen Abenden eine ruhige Kugel schieben und den Wohltäter spielen. Und da von abgesehen, bekommt er von den Lehrern bestimmt das eine oder andere Bier spendiert. So war das gewiss auch gestern Abend. Und dann wurde er nach vielleicht einer Stunde Schlaf zum Kloster gerufen, um sich dort mit einem mysteriösen Todesfall zu befassen. Ihm ist gleich klar, dass ihm jede Menge Arbeit bevorsteht, wenn er von einem Tötungsdelikt ausgeht. Also sagt er einfach, es war ein Unfall, und damit hat sich die Sache. Eine kurze Notiz für die Akten, und weg mit dem Fall.«
»Oder er glaubt nach der Auseinandersetzung in Angelikas Kneipe, den Mörder zu kennen, und will ihn schützen, indem er die Ermittlungen erst gar nicht aufnimmt beziehungsweise verzögert.«
»Die verschworene Dorfgemeinschaft, die zusammenhält?«
»Ganz genau. Und je enger dieser Zusammenhalt ist, desto besser lässt sich ein Verbrechen vertuschen.« Alexandra setzte den Blinker, bog in die Einfahrt zum Klosterhotel ein und lenkte den Wagen in eine schmale Parklücke neben Kurt Assmanns Mercedes Cabrio.
Kaum hatte sie den Schlüssel im Zündschloss gedreht, hob Kater Brown den Kopf, stand auf und reckte sich auf Tobias’ Schoß. Der Blick, mit dem er ihn bedachte, schien zu sagen: Na los, öffne mir die Tür! Ich bin zu Hause.
»Ich finde, er hat uns schon ganz gut im Griff«, bemerkte Tobias und lachte, als er dem Kater zusah, wie er zielstrebig in Richtung Kloster davonflitzte.
Sie folgten Kater Brown langsam. Alexandra zog ihr Handy aus der Handtasche und wählte noch einmal Bernd Wildens Mobilfunknummer. Wieder meldete sich niemand. Alexandra seufzte frustriert. »Vielleicht gibt es ja irgendeine Möglichkeit, an Wildens Verbindungsnachweis für die letzten zwei Tage heranzukommen«, überlegte sie laut.
»Kein Problem«, scherzte Tobias. »Wir suchen uns einfach einen Richter, der uns eine Generalvollmacht erteilt, diese Daten abzufragen. Dann fahren wir mal eben bei allen Mobilfunkanbietern im Land vorbei –
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