Kater Konstantin - drei Bücher in einem Band
vorlesen sollte, drüben bei den Musikinstrumenten hatte liegen lassen. Er zögerte nicht lange, schlüpfte durch den Türspalt auf die Bühne und schlängelte sich zwischen den hüpfenden Mädchenbeinen durch. Das war gar nicht einfach, aber Konstantin erreichte schließlich doch unverletzt die Musiker.
Das Buch lag zu Füßen des Trompeters. Konstantin nahm es an sich und trat den Rückweg an.
Jetzt hüpften aber die Mädchen noch verrückter als vorher, und so geschah es:
Ein Mädchen stolperte über den Kater und riss im Fallen ein anderes Mädchen mit. Sie stürzten vor die Füße eines dritten Mädchens, das nun auch zu Fall kam. In diese drei hinein tanzte ein viertes Mädchen … Zuletzt lag ein riesiger Mädchenknäuel auf der Bühne, der verzweifelt mit zwei Dutzend Armen und Beinen strampelte.
Vor Schreck hörten die Musiker auf zu spielen.
Konstantin aber hatte seine Tür längst wieder erreicht – und erblickte den Showmaster.
Kreidebleich war der geworden. Einen Augenblick lang zupfte er nervös an seiner Nasenspitze, dann trat er vor die Zuschauer hin und lachte:
„Ich merke es Ihren Gesichtern an, meine Damen und Herren, dass unsere Überraschung gelungen ist. Unsere Tänzerinnen haben sich diesmal einen ganz besonderen Schluss ihrer Darbietung einfallen lassen. Sie sehen also, meine Damen und Herren, die Sendung ‚Gut gelaunt am Samstagabend' bietet immer wieder Neues.”
Jetzt applaudierten die Zuschauer.
„Der tut ja geradeso, als wäre es geplant gewesen, dass die Mädchen hinfallen!”, meinte Konstantin.
„Du hättest überhaupt nicht hinauslaufen dürfen!”, schimpfte Herr Fliederbusch. „Du darfst die Sendung nicht stören. Du musst daran denken, dass alles, was hier geschieht, von ein paar Millionen Fernsehteilnehmern beobachtet wird.”
Der Showmaster hatte inzwischen „die weltberühmte Sängerin Renata Toscanelli” angekündigt.
Jetzt erschien oben auf der Treppe eine beleibte Dame in einem engen Kleid, das bis auf den Boden reichte.
Zu den Klängen einer feierlichen Musik schritt sie die Stufen herunter. Dabei hatte sie die Arme ausgebreitet, als wollte sie davonfliegen.
Konstantin beobachtete wieder die Musiker. Und plötzlich sah er, wie einer von ihnen jenes riesige Instrument an den Mund setzte, in das er das Bier gegossen hatte. Eine Tuba wird nicht in allzu vielen Musikstücken verwendet, jetzt aber – in diesem feierlichen Stück – wurde sie gebraucht.
Der Musiker blies, und man vernahm ein Gluckern. Gleich darauf schoss ein Strahl aus dem breiten Trichter und ein feiner Sprühregen aus Bier ergoss sich über die Musikkapelle.
Die Männer erschraken so sehr, dass jeder von ihnen ein paar schauerlich falsche Töne blies oder zupfte oder strich. Die Sängerin aber blieb – mit ausgebreiteten Armen – auf der Treppe stehen und schaute sich verdutzt um.
Und der Showmaster – Konstantin konnte ihn sehen – lief purpurrot an und zischte einem Herrn, der dicht neben ihm stand, zu: „Ich werde den Kerl, der an dieser Schweinerei schuld ist, eigenhändig 'rausschmeißen!”
Gleich darauf aber lief er auf die Bühne, lächelte ins Publikum und sprang die Treppe hinauf. Dort nahm er die dicke Sängerin bei der Hand und geleitete sie nach unten.
Hier erklärte er dem Publikum: „Sie haben es schon bemerkt, meine Damen und Herren, das ist eine Show, in der ein Überraschungseffekt den andern jagt. Diesmal hat sich einer unserer Musiker einen Scherz einfallen lassen. Applaus für den Tubabläser.”
Er zeigte auf den Musiker, der erhob sich verwirrt und bedankte sich mit einer tiefen Verbeugung für den Beifall, den die Zuschauer ihm spendeten.
„Wie diese Kerle lügen, das ist ja nicht zu fassen!”, dachte Konstantin.
Jetzt stellte sich die beleibte Sängerin hin und begann zu singen.
Vielmehr: Sie tat so, als würde sie singen.
Konstantin bemerkte es sofort: Sie machte nur den Mund auf und zu, geradeso als würde sie wirklich singen. Der Gesang aber ertönte aus den Lautsprechern, die überall im Studio aufgehängt waren. Das fand der Kater höchst merkwürdig.
Herr Fliederbusch erklärte es ihm flüsternd:
„Weißt du, die Sängerin hat das Lied, das sie hier vortragen soll, schon vor der Sendung auf Tonband aufgenommen. Dieses Tonband wird jetzt abgespielt und sie selber bewegt nur den Mund dazu.”
„Und wozu soll das gut sein?”
„Ist doch ganz einfach. Jetzt während der Sendung – vor den Zuschauern hier und ein paar Millionen
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