Kater mit Karma

und meinte, in der heutigen Zeit seien Haustiere sehr wichtig. Zwei seiner Patienten hätten nach dem Tod ihrer Katze eine schwere Depression entwickelt. Er stellte mir ein Rezept für Antibiotika aus und gab mir einen Inhalator für den Flug. Ich signierte ein Exemplar von Cleo für ihn und wünschte, ich könnte ihn in mein Handgepäck schmuggeln.
    Nach meiner Rückkehr nach Australien genoss es Jonah, die Katze einer Berühmtheit zu sein. Jeden Morgen schlenderte er hinter mir her in mein Arbeitszimmer. Ich traute ihm zwar noch immer nicht genug, um ihn dort allein zu lassen, aber er rollte sich freudig auf meinem Schoß zusammen und leistete mir beim Lesen der neu eingegangenen Mails Gesellschaft. An dem Tag, als ein französisches Fernsehteam zu uns kam, um einen Beitrag für eine in Frankreich sehr beliebte Tiersendung mit dem Titel 30 Millions des Amis (Dreißig Millionen Freunde) zu drehen, war er völlig aus dem Häuschen.
    Man sollte meinen, es wäre kein Problem, eine Hauskatze in ihrer gewohnten Umgebung zu filmen, aber Jonah hatte nicht die Absicht, es dem Kameramann leichtzumachen. Als ich versuchte, ihn auf den Schoß zu nehmen und zu streicheln, um die Zuneigung zwischen einer Katze und ihrem menschlichen Sklaven zu demonstrieren, legte er die Ohren an, entwand sich wie ein Aal meinem Griff und galoppierte den Flur hinunter.
    Gelassen erklärte der Kameramann, er würde gern ein paar Aufnahmen machen, wie ich Jonah hinaus in den Garten trage. Meine Kehle schnürte sich zusammen. Aus Jonahs Sicht bot jeder Schritt durch die Haustür eine Gelegenheit, abzuhauen und den schwarzen Katzen weiter unten in der Straße die Beleidigungen zukommen zu lassen, die sie verdienten.
    Nervös hob ich unseren Hausgenossen hoch, während der Kameramann seinen Posten draußen auf dem Weg bezog. Ich spürte, wie sich Jonah in meinen Armen versteifte, als ich mit möglichst entspannter Miene die Tür öffnete und auf die Veranda trat. So weit, so gut. Jonah und ich boten ein Bild perfekter Harmonie zwischen verschiedenen Spezies.
    Doch dann schlug die Tür hinter uns zu und das aus nichts als angespannten Muskeln bestehende Tier in meinen Armen sprang einen halben Meter hoch in die Luft. Ich stieß einen Schrei aus und versuchte ihn wieder zu packen. Glücklicherweise beförderte ihn die Schwerkraft zurück in meine Arme.
    Ich war erschöpft und ein bisschen verlegen, weil sich unser Kater so unkooperativ zeigte, aber der Kameramann ließ sich nicht aus der Ruhe bringen. Er hatte Erfahrung mit dem Filmen von Tieren in freier Wildbahn – unter den gegebenen Umständen ziemlich passend –, daher zuckte er nur mit den Schultern und nahm ein Interview mit Rob auf, der sich eine Stunde von der Arbeit freigenommen hatte.
    Unsicher, was ich als Nächstes tun sollte, deckte ich den Tisch zum Mittagessen für das Filmteam. Ich nahm an, dass ihre Arbeit für diesen Tag beendet war. Aber der Kameramann gab sich nicht so schnell geschlagen. Den Nachmittag verbrachte er damit, hinter Jonah herzulaufen, über den Boden zu kriechen und Jonahs Kapriolen zu filmen, wenn dieser wie ein Känguru durch den Flur sprang oder wie der Blitz die Treppe hinauf- und hinuntersauste.
    Selbst nachdem Jonah sich erschöpft auf ein Sofakissen hatte plumpsen lassen, filmte er weiter, wobei der Kater hin und wieder ein Auge öffnete, um sich zu vergewissern, dass er noch im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit stand.
    Zugegeben, der Tiere-in-freier-Wildbahn-Ansatz wurde Jonah mehr als gerecht, aber ich hatte so meine Zweifel, wie das Ergebnis aussehen würde. Ich hätte mir keine Gedanken zu machen brauchen. Es wurde ein toller Beitrag. Den Zwischenfall mit der zuschlagenden Tür hatte man diskret herausgeschnitten. Jonah kam als das exaltierte Geschöpf herüber, das er ist, obwohl die Synchronisation mein Schulfranzösisch überforderte.

30.
Neues Leben
    Kaum etwas ist schöner als das Eintreffen einer neuen Generation.
    Seit Cleo hatte sich viel in meinem Leben verändert. Auch unser Familienleben bekam neue Facetten. Bei einem der sonntäglichen Mittagessen bemerkte ich, dass Chantelle keinen Wein trank. Es bestand natürlich die Möglichkeit, dass sie Diät hielt, auch wenn sie das nicht nötig hatte. Die Alternative war viel zu aufregend, um sie in Erwägung zu ziehen.
    Lydia und Katharine räumten gerade den Tisch ab, als Chantelle mit der freudigen Nachricht herausplatzte. Das Baby sollte Anfang Juni zur Welt kommen. Philip, die Mädchen und ich