Kater mit Karma
überschütteten sie mit Küssen, während Rob stolz wie Oskar danebensaß.
Mit geröteten Wangen erzählte uns Chantelle, dass sie eigentlich noch hatten warten wollen. Eine Wahrsagerin hatte ihr erklärt, sie würde frühestens in drei Jahren ein Kind bekommen, daher hatten sie es mit der Verhütung nicht so genau genommen. Ich freute mich natürlich sehr über die Neuigkeit, auch wenn ich zugeben muss, dass ich Probleme damit hatte, mir Rob, meinen kleinen Jungen, als Vater vorzustellen. Oder Lydia und Katharine als Tanten. Oder Philip, meinen jugendlichen Liebhaber, als gealterten Großvater. Und ich – eine Großmutter ?!
Jetzt wurde mir auch klar, warum meine Mutter wenig Begeisterung für die verschiedenen für Großmütter reservierten Titel gezeigt hatte – Nana (hörte sich nach Ziege an), Grandma (hörte sich zu sehr nach Märchenstunde an), Granny (also wirklich). Ein Maori-Freund erzählte uns, dass er seine Großmutter Kuia nannte, was geschrieben sehr gut aussah, aber in australischem Englisch wie »Queer«, Tunte, ausgesprochen wurde. Wenn ich schon einen neuen Namen brauchte, dann konnte es genauso gut etwas Unbestimmtes, Nettes sein, also nahm ich mir die Teletubbies zum Vorbild und entschied mich für Lala.
In den folgenden Monaten entwickelte Jonah ein besonderes Interesse an Chantelles zunehmendem Körperumfang. Jeden Sonntagmittag machte er es sich auf ihrem Bauch bequem und presste seinen Kopf dagegen, als lausche er einem Herzschlag.
Die Monate rauschten an uns vorbei und ehe wir’s uns versahen, war das Kind eine Woche überfällig. Es hatte ein paar Fehlalarme gegeben, und jedes Mal wenn es so aussah, als wäre es jetzt endlich so weit, hörten die Wehen wieder auf. Chantelle reichte es langsam. Rob war mit den Nerven am Ende. Und mir ging die Wolle aus.
Mittwochabend, fünf Tage nach dem errechneten Termin, schlossen wir Wetten ab, wann der/die kleine Brown kommen würde. Als Optimistin setzte ich auf Freitag. Lydia und Chantelle votierten für Samstag. Als Philip auf Sonntag setzte, erklärte ich ihm, dass die armen Eltern keinesfalls so lange durchhalten würden.
Freitagmorgen schickte Chantelle eine SMS, dass die Wehen regelmäßig kämen und sie bald ins Krankenhaus fahren würden. Nachdem ich einige Stunden nichts gehört hatte, schrieb ich eine SMS: »?« Die Antwort kam umgehend: »Nix. Keine Wehen mehr.« Samstag das Gleiche.
Sonntagnacht rappelte ich mich aus dem Bett hoch, um aufs Klo zu gehen. Es war Viertel nach drei. Kaum hatte ich mich wieder hingelegt, fing mein Handy an zu piepsen. Mit zitternden Fingern öffnete ich die SMS. Sie war von Rob. Annie war soeben auf die Welt gekommen, sie wog neun Pfund. Mutter und Tochter (und Vater!) wohlauf. Zimmer A24.
Ich knipste das Licht an und weckte Philip. Er war Großvater geworden! Ich fragte ihn, wie er genannt werden wollte. Doch sicher nicht Pop oder Grandad? »Wie wär’s mit Papa?«, schlug ich ihm vor und küsste ihn auf die stoppelige Wange. »Papa und Lala klingt doch gut.« Philip nickte schläfrig lächelnd.
Da an Schlaf ohnehin nicht mehr zu denken war, stand ich auf und stellte den Wasserkessel an. Ein neues Sternenkind war auf die Erde gekommen. Es war nicht unseres, aber mit etwas Glück würde es Teil unseres Lebens werden und wir würden die Freuden des Elternseins ohne dessen Unannehmlichkeiten genießen können. Kein nächtliches Aufstehen und keine Elternsprechstunden mehr, aber tausend Gelegenheiten, um in den Zoo zu gehen, sich Disney on Ice anzusehen und so richtig albern zu sein.
Als ich Lydia und Katharine mit der Neuigkeit weckte, sprangen sie aus dem Bett und zogen sich schnell an. Auch Jonah war sofort hellwach und wie aufgedreht, nachdem er von seinem Lieblingsschlafplatz verjagt worden war – Katharines Arm. Wie immer, wenn wir morgens etwas unternahmen, wollte er dabei sein. Er warf sich gegen die Haustür, rannte mit dem Kopf gegen die Paneele und miaute laut. Ähnlich den Clowns beim Stierkampf lenkten wir ihn der Reihe nach ab, so dass wir einer nach dem anderen aus der Haustür schlüpfen konnten.
Ich war die Letzte und übertrug Jonah die gewichtige Aufgabe, auf das Haus aufzupassen, dann warf ich schnell die Tür hinter mir zu. Beim Losfahren warfen wir einen Blick zum Wohnzimmerfenster, wo sich eine wohlbekannte Silhouette an die Fensterscheibe presste. Zwei scheinwerferhelle Augen funkelten wütend zu uns herunter.
Bewaffnet mit Kameras schlichen wir durch die grauen
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