Kater mit Karma
Betonfrisur zu tun, die man mir ein paar Stunden zuvor in einem Wiener Friseursalon verpasst hatte.
Ich wusste Philip bei Lydia und Katharine in guten Händen. Trotzdem schickte ich, sooft ich konnte, Fotos und SMS nach Hause. Lydia antwortete meist sehr schnell mit einem »Toll!« oder sie schickte mir ihre neuesten, fast ausnahmslos sehr guten Beurteilungen. Allmählich begriff ich, dass ich ihr jeden Schmerz, den sie mir zugefügt hatte, mit Zinseszins zurückgezahlt hatte. Das tat mir von Herzen leid.
In London, wo Cleo es gleich in der ersten Woche in die Bestsellerliste der Sunday Times geschafft hatte, erwartete mich in meinem Hotelzimmer ein wahres Blumenmeer. Zuerst hielt ich es für einen Irrtum, sie waren jedoch allesamt von Lisa Highton, meiner großartigen, großzügigen britischen Verlegerin. Bei BBC I steckte man mich in eine schalldichte Kabine und verpasste mir Kopfhörer für mehrere Radiointerviews hintereinander. Ich merkte schnell, wer von den Moderatoren das Buch gelesen hatte und wer bloß Sendezeit füllen wollte. Später lud Lisa zum Fünfuhrtee im Büro von Hodder and Stoughton in Euston ein, wo ich die etwa dreißig Leute kennenlernte, die an der englischen Ausgabe meines Buchs mitgearbeitet hatten. Mindestens drei davon waren Neuseeländer. Nach dieser Entdeckung floss wieder reichlich Champagner.
Ich hatte angenommen, in Lissabon würde es ruhiger zugehen als in London. Der portugiesische Verleger von Cleo war unglaublich charmant. Er holte mich vom Flughafen ab und fuhr mich in ein hippes Sechzigerjahrehotel. Lissabon mit seinem Meerblick und dem weißen Kopfsteinpflaster gefiel mir ausnehmend gut.
»Würde dir hier gefallen«, simste ich Lydia. »Die Leute sind locker & freundlich. Wie Australasien mit Geschichte.« Ich verkniff mir den Kommentar, wie gut die Meeresfrüchte waren, um ihre vegetarische Seele nicht zu verletzen.
Spätabends, in Australien frühmorgens, telefonierte ich mit Philip. Er berichtete, dass es ihm, den Mädchen und Jonah bestens gehe. Ich fragte, ob wieder die Rede von Sri Lanka gewesen sei, und war erleichtert, als er verneinte, auch wenn Lydia immer noch viel meditierte und Schriftführerin der Buddhistischen Gesellschaft an der Uni geworden war. Von dem Mönch gab es ebenfalls nichts Neues. Wir hofften, dass sie das Psychologiestudium noch ein Jahr in Melbourne halten würde.
In Portugal hatte das Buch großen Anklang bei einer jungen Leserschaft gefunden, deshalb war ich eingeladen worden, eine ganze Stunde lang in einer Aula vor Schülern zu sprechen. Nachdem ich festgestellt hatte, dass sie auch nicht anders waren als Katharines Schulkameraden, kam ich gut mit ihnen klar. Sie entpuppten sich als fantastisches Publikum, nachdem ich sie davon überzeugt hatte, dass ich eigentlich gar keine richtige Erwachsene war. Hinterher belagerten sie mich, jeder von ihnen wollte mir etwas erzählen oder einen persönlichen Kummer loswerden. Allmählich wurde ich heiser und begann mir Sorgen zu machen, dass meine Gesundheit internationalen Lesereisen vielleicht nicht gewachsen war.
Nach dem Besuch in der Schule ging es mit Interviews für eine landesweit erscheinende Zeitung und eine Zeitschrift weiter. Die Zeit in Portugal war herrlich, aber beileibe kein Erholungsaufenthalt. Einige der Interviews liefen besser als andere. Ich war verblüfft über die intellektuelle Tiefe der Fragen, die mir eine bebrillte Journalistin in Lissabon stellte, und genervt von den Freudschen Analyseversuchen hinsichtlich der Beziehung zu meiner Mutter auf der Buchmesse in Wien.
Zu dem Zeitpunkt, als ich in den Betonschluchten von New York ankam, brannte mein Hals wie ein Buschfeuer. Ich bemühte mich, meine Erschöpfung vor meinen begeisterten New Yorker Verlegern zu verbergen. Sie luden mich zum Essen in eines der angesagtesten Restaurants in Manhattan ein und verkündeten, auf dem Cover von Cleo würde »Nr. 1 der internationalen Bestsellerlisten« stehen. In dieser von Stil und Eleganz bestimmten Umgebung schienen Krebs und Mastektomie Lichtjahre entfernt. In weniger als vierundzwanzig Monaten war mein Leben komplett umgekrempelt worden.
Trotz des wunderbaren Empfangs in den Vereinigten Staaten bekam ich Fieber und Husten. Ich sehnte mich nach zu Hause und meinem Bett. Ein Arzt kam zu mir ins Hotel und erklärte, es sei kein Wunder, dass ich mich in diesem Zustand befand. Eine Lesereise sei extrem anstrengend und Krebs schwäche das Immunsystem.
Er stellte mir Fragen zu dem Buch
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