Kater mit Karma
bekam ich es mit der Angst zu tun. Mein schlichter Garten der Dankbarkeit nahm die Züge eines Atombunkers an. Ganz die ewig meckernde Kundin, die ich an sich natürlich verabscheute, fragte ich Warren, ob er auch wirklich wisse, was er da tue.
Aus den Tiefen seiner Grabungsstätte richtete er sich auf, sah mich an und hob eine Augenbraue. Wie gesagt, kein Mann großer Worte.
»Sind wirklich so … einschneidende Veränderungen notwendig?«, fragte ich noch einmal.
Seufzend stützte Warren sich auf seine Schaufel und beruhigte mich, dass schon alles seine Richtigkeit habe. Narren und Kindern sollte man nie halbfertige Sachen vorführen.
Nachdem neue Erde geliefert und das Loch damit gefüllt worden war, gewann der neue Garten rasch an Form. Die Ebenen, die Warren mit so viel Mühe gegraben und aufgeschüttet hatte, waren perfekt. Der zu nichts zu gebrauchende kleine Hang unterhalb des Apfelbaums hatte sich in eine einladende Terrasse verwandelt, die nur noch mit Rasen bedeckt werden musste. Warren hatte auch einen schönen Gartenweg aus alten Ziegeln mit kleinen Flusskieseln dazwischen angelegt. In der Mitte der Terrasse baute er einen Sockel und zementierte die Wasserschale darauf. Ich schämte mich, jemals Zweifel an ihm gehabt zu haben.
Glücklicherweise war Warren nicht nachtragend und forderte mich auf, in seinen Kleinlaster zu steigen, um ein Gartencenter aufzusuchen. Die Dürrezeit war zwar offiziell vorbei, aber ich wollte mit den Pflanzen dennoch kein Risiko eingehen. Unser Garten musste Wochen, vielleicht sogar Monate ohne Regen und Bewässerung auskommen können. Widerstandsfähigkeit war daher oberstes Gebot, gefolgt von Duft. Darüber hinaus sollten die Pflanzen auch eine persönliche Bedeutung für mich haben.
Jahrelang hatte ich Olivenbäume als etwas Selbstverständliches betrachtet. Ich hatte wegen ihrer Zähigkeit und ihrer engen Beziehung zu den Menschen zwar einen gewissen Respekt vor ihnen gehabt, aber letztlich waren sie nichts weiter als knorrige graue Bäume für mich gewesen. Dann sah ich ein Bild von van Gogh, auf dem Olivenbäume als weise, silbrige Wesen dargestellt waren. Wie van Gogh selbst war diesen Olivenbäumen Leid nichts Fremdes, aber gleichzeitig zeigte er sie stark und kraftvoll schimmernd. Als ich dann endlich die Gelegenheit hatte, den Olivenhain in der Nähe von Saint-Rémy-de-Provence zu besuchen, weinte ich beinahe. Ist es nicht das schönste Vermächtnis eines Künstlers, wenn er uns die Welt mit anderen Augen sehen lässt?
Olivenzweige sind ein Friedenssymbol. Jahrtausendelang ernährten die Bäume die Menschen mit ihren Früchten. Frieden und Nahrung: genau das Richtige für einen Garten der Dankbarkeit. Warren bestellte mehrere größere Olivenbäume, die als Blickschutz am Zaun vorne und an den Seiten gepflanzt werden sollten.
Rosmarin wird viel zu gering geschätzt. Er ist widerstandsfähig, erfüllt einen Garten mit seinem Duft, bietet Bienen Nahrung und verleiht Lammbraten ein besonderes Aroma. Bei Shakespeare steht Rosmarin für Gedenken. Meine Mutter hatte im Gedenken an die Verstorbenen immer eine Vase mit Rosmarinzweigen auf dem Tisch stehen gehabt. Als die Jahre ins Land zogen und immer mehr ihrer Verwandten und Freunde starben, musste sie sich eine größere Vase anschaffen. Ihr und vielen anderen zu Ehren pflanzten wir an Warrens neuem Weg eine Rosmarinhecke.
Unter das Wohnzimmerfenster, von dem aus Jonah gerne sein Reich überwachte, kamen tiefrote Rosen. An Sommerabenden würden sie ihren betörenden Duft verströmen.
Katharine wünschte sich Lavendel, der sowohl die Geruchs- als auch die Widerstandfähigkeitsprüfung spielend meisterte. Die Bienen standen bereits Schlange, als Warren mehrere große Büsche vor die Rosen setzte.
In Erinnerung an meine Heimat kaufte ich mehrere Stöcke bronzefarbenen Neuseeländer Flachs, die ich an einem der seitlichen Zäune des Hauses einsetzte. Sie dürsteten allerdings nach dem feuchten Klima unserer Heimat und wuchsen nicht so üppig wie die einheimischen Gräser am Zaun zur Straße hin – nicht einmal wie die Gardenien, die Warren unterhalb der Bank gepflanzt hatte. Als meine Mutter im Sterben lag, hatte ich ihr eine Gardenienblüte mitgebracht, deren Duft sie einsog, als sei er das Leben selbst.
Die Töpfe mit Sukkulenten, die die Haustür flankierten, wirkten effektvoll. Mit ihren exzentrischen lila, grünen und kupferfarbenen Formen hoben sie sich wunderbar vom roten Backstein des Hauses ab.
Blieb nur
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