Kater mit Karma
noch eine Aufgabe. Das Herzstück des neuen Gartens musste anfangen zu sprudeln. Lydia und ich sahen vom Fenster meines Arbeitszimmers aus zu, wie Warren die Schale mit Wasser aus dem Gartenschlauch füllte und die Pumpe anschloss. Wir hielten die Luft an. Nichts. In aller Seelenruhe ging Warren um das Haus, um etwas an der Elektrik zu machen.
Wenig später ertönte ein Brummen, gefolgt von einem Gurgeln, und schon plätscherte das Wasser munter über die Kugel.
Jetzt mussten wir nur noch der Tierhandlung einen Besuch abstatten und einen Goldfisch kaufen. Jeder, der sagt, Goldfische hätten ein schlechtes Gedächtnis, hat keine Ahnung. Jeden Morgen warteten an immer derselben Stelle drei orangefarbene Streifen darauf, gefüttert zu werden. Sie wuchsen in ihrem neuen Zuhause zu großen, dicken Fischen heran – und darüber hinaus zu geschickten, denn nie kamen sie den herabschießenden Tauben, die ein Bad nehmen wollten, in die Quere.
Wenn ich von meinem Computerbildschirm aufblickte, sah ich oft Lydia auf der Bank in unserem fertigen Garten sitzen. Gelegentlich gesellte ich mich zu ihr und wir betrachteten die frisch getriebenen Blätter mit der Zufriedenheit derer, die gemeinsam etwas geschaffen hatten.
Unsere Gespräche hier im Garten waren nicht mehr ganz so unergiebig wie sonst, trotzdem hatte ich den Eindruck, dass meine Tochter mir ihre innersten Gedanken vorenthielt.
32.
Durchgedreht
Vor verschmähten Katzen sollte man sich in acht nehmen. Sie werden Rache nehmen.
Mit einem Designergehege, einer Heerschar menschlicher Groupies und einem Haus, das schier platzte vor Angelruten, Bändern und Kratzbäumen, gehörte Jonah zu den Katzen, die alles hatten. Als eines Nachmittags ein hübsches rotes Reisekinderbett mit Edelstahlfüßen und einem Netz auf beiden Seiten im Wohnzimmer auftauchte, nahm unser Kater selbstverständlich an, dass es ein weiteres Stück für seinen Vergnügungspark war. Den erhobenen Schwanz zu einem Fragezeichen gekrümmt, steckte er den Kopf hinein, schnüffelte daran und schnurrte.
»Das ist nicht für dich, Jonah«, sagte ich und sah zu, wie er das Kinderbett in immer schnellerem Tempo umkreiste.
Als hätte er mich nicht gehört, hüpfte er hinein und stolzierte über die weiche Matratze.
»Komm sofort da raus«, rief ich und versuchte, ihn zu packen. Er entwand sich jedoch meinem Griff und sprang heraus auf den Boden. Gerade als ich ihn für seinen ganz und gar untypischen Gehorsam loben wollte, segelte er an meiner Nase vorbei erneut in das Kinderbett. Rein, raus, rein, raus … Ein neues Spiel, das, wäre es nach Jonah gegangen, ewig so hätte weitergehen können.
»Das ist ein Kinderbett !«, rief ich und hob ihn wieder und wieder aus seinem netzbespannten Vergnügungspalast.
Die Vorstellung, dass etwas Neues und Lustiges in diesem Haus auftauchen könnte, das nicht für ihn gedacht war, war Jonah völlig fremd. Beleidigt änderte er seine Vorgehensweise. Nachdem das Ding offenbar nicht zum Rein-und-raus-Springen diente, war es vielleicht wirklich nur ein Bett. Nun nutzte er jede Gelegenheit, in das Kinderbett zu springen und sich auf der Matratze zusammenzurollen. Ich hob ihn wieder heraus und erinnerte mich daran, wie entsetzt meine Mutter reagiert hatte, als Cleo vor Lydias Geburt in ihre Wiege geklettert war. Katzen könnten Babys erdrücken, sagte sie.
Erfreut stellte ich fest, dass man mit einem Reißverschluss ein Netzdach an dem Kinderbett befestigen konnte – vermutlich, um Insekten fernzuhalten. Aber selbst das nutzte nichts. Jonah schlief fast ebenso gerne auf dem Dach, wie er unter dem Dach spielte. Für ihn war sonnenklar, das Kinderbett war seins.
Ich ging dazu über, das Kinderbett in einem der Zimmer zu verstecken, aber er bekam es immer irgendwie mit und kratzte dann laut miauend an der Tür.
Jonah spürte, dass es zu einer Machtverschiebung in unserem Haushalt gekommen war – und nicht zu seinen Gunsten. Die Spannung rund um das rote Bettchen steigerte sich.
Und dann passierte es. Nach einem Nachmittagsschläfchen auf Katharines Bett wachte Jonah auf und tappte die Treppe hinunter in seinen schlimmsten Albtraum. Das tragbare Bettchen – sein Spielplatz – war von einem merkwürdigen fremden Wesen besetzt. Der Eindringling war praktisch haarlos, ein dickliches Etwas, das aussah wie ein rosa Gummibärchen. Jonah erschauerte. Und nicht nur, dass das Gummibärchen sich seines Spielplatzes bemächtigt hatte und dort jetzt tief und fest schlief, alle
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