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Kater mit Karma

Kater mit Karma

Titel: Kater mit Karma Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H Brown
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nicht »meine Liebe« nannte. »Ja«, rief ich, auch wenn es wahrscheinlich gar nicht nötig war, laut zu sprechen.
    Das Brummen wurde von einem rhythmischen Läuten abgelöst. Als ob ich mich unter einer gigantischen Glocke befinden würde. Ich dachte an Lydia in Sri Lanka und stellte mir vor, wie ich zu den Schlägen einer Klosterglocke neben ihr meditierte. Zusammen in einem geheimnisvollen Land und in Frieden. Diese Glocke hier hätte allerdings einen Schalldämpfer brauchen können.
    Ich ließ mich in eine andere Zeit treiben, zu einem Tag nach den letzten Prüfungen, den ich statt in der Schule mit Jan am Strand verbrachte. Glitzernder schwarzer Sand, eine mandarinenfarbene Sonne über dem Horizont. Noch nicht ganz Frau, aber auch nicht mehr Kind – ein vollkommener Moment und meine erste Glückserfahrung in dem neuen Lebensabschnitt.
    »Das haben Sie gut gemacht«, sagte der rothaarige junge Mann, dem die MRT-Stimme gehörte.
    »Was hätte ich denn falsch machen können?«
    »Manche Leute bewegen sich.«
    Zu meiner großen Erleichterung ergab das MRT meiner linken Brust keinen Befund.
    Später rief ich meine Schwester Mary in Neuseeland an. Ihre Stimme klang ruhig und sanft. Sie wusste, wie ich mich fühlte, nachdem sie selbst vor acht Jahren eine Mastektomie über sich hatte ergehen lassen müssen.
    »Du wirst nicht so allein sein, wie du glaubst«, sagte sie. »Es wird einen ganzen Kreis Frauen geben. Das war bei mir so, und bei dir wird es nicht anders sein. Viele Frauen haben das durchgemacht, sie werden dir helfen können. Der Kreis wird sich um dich schließen und dir mehr Kraft und Unterstützung geben, als du dir jetzt vielleicht vorstellen kannst.«
    Seit unserer Kindheit hatte Mary nicht mehr in diesem Ton mit mir gesprochen. Sie war die ältere Schwester gewesen. Die Beschützerin. Später hatten wir uns voneinander entfernt, aber in diesem Moment war jede Distanz zwischen uns wie weggeweht. Sie hatte ihre linke Brust verloren, und ich war dabei, die rechte zu verlieren. Zusammen würden wir ein perfektes Paar haben.
    Ich fühlte mich wieder wie in meiner Kindheit, als wir das Zimmer mit der Osterglockentapete geteilt hatten. Jeden Morgen hatte ich zu ihr hinübergesehen, zu den dunklen Locken, die sich auf dem Kissen ringelten, und tiefe Bewunderung für sie empfunden. Wir machten alles zusammen – wir spielten zusammen mit unseren Puppen und hörten abends zusammen Radio, bis mir die Augen zufielen.
    Das alles endete eines Tages. Mary bekam ein neues blaues Transistorradio und fing an, die Hitparade zu hören. Sie kaufte sich einen Bikini und sagte Mum, dass sie ein eigenes Zimmer wolle. Mum erklärte mir, dass die fünf Jahre ältere Mary jetzt bald erwachsen sei und andere Interessen hätte. Ich begriff nicht, warum Mary nicht für alle Zeiten mit mir mit Puppen spielen und sich Life with Dexter anhören wollte, und wurde in ein kleineres Zimmer mit Baumtapete neben dem Klo verbannt.
    Mary bot an, zu kommen und eine Weile bei uns zu bleiben, wenn ich aus dem Krankenhaus entlassen wurde. Das nahm ich dankbar an.
    An diesem Abend untersuchte ich unter der Dusche meine rechte Brust, die bald verschwinden, in einen dieser Krankenhausverbrennungsöfen gesteckt werden und sich in den Himmel verflüchtigen würde, wo sie vielleicht Teil einer Wolke wurde. Der Gedanke hatte erstaunlicherweise etwas Beruhigendes. Die Vorstellung, dass ein Teil meines Körpers über der Stadt schweben und im Sonnensystem aufgehen würde, gefiel mir. Staub zu Staub.
    Die Brust, längst nicht mehr prall und rund, hatte sich mit dem Stillen von vier Kindern verausgabt. Na gut, sie hatte auch in meinem Liebesleben eine gewisse Rolle gespielt. Ich strich über die Brustwarze, unter der der Feind lauerte. Sie schmerzte ein wenig von der Biopsie, aber sonst fühlte sie sich wie immer an. Kein Knoten. Im Gegenteil, wenn überhaupt, dann kam mir die betreffende Region ein wenig eingedellt vor.
    So schlimm konnte es nicht sein, eine Brust zu verlieren. Meine Mutter hatte mir als Kind erzählt, dass die Amazonen-Kriegerinnen sich die rechte Brust abhackten (manchmal auch abbrannten), damit sie besser mit dem Bogen schießen konnten. Die gute alte Mum. Es hatte ihr immer Spaß gemacht, von den Absonderlichkeiten menschlichen Verhaltens zu berichten. Unter ihrem wohlwollenden Auge verschlang ich Enid Blyton genauso wie die Bilder von afrikanischen Sklaven, die wie Kekse in Sklavenschiffe geschichtet waren.
    Auf ihrem Schoß sitzend

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