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Kater mit Karma

Kater mit Karma

Titel: Kater mit Karma Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H Brown
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Schwestern wechselten Blicke. Eine von ihnen sagte: »So schlimm?«
    Ich hatte zu große Schmerzen, um zu antworten.
    »Das ist subjektiv«, erklärte die Oberschwester den anderen. »Wenn sie glaubt, dass es sechs ist, dann ist es das.«
    Pflegepersonal redet manchmal so, als wäre man nicht im Zimmer, sie sprechen in der dritten Person von einem, so dass man, wenn man lauscht, herausfinden kann, wie krank man wirklich ist.
    Sie kamen zu dem Schluss, es handle sich um nichts Besorgniserregendes, und gaben mir eine Spritze. Gregs Korsett wurde durch eine weichere Leibbinde ersetzt. Ein paar Stunden später kam May und wusch mich, als wäre ich ein Baby, das aus seinem Kinderwagen gefallen war. Sie zog mein Betttuch glatt und machte es mir für die Nacht bequem. Diese Frau verdiente die Heiligsprechung.
    Kurz darauf erschien Greg zu einem seiner regelmäßigen Besuche und erklärte, seine Gärtnerbemühungen hätten Erfolg gezeigt. Das Transplantat gedieh. Ich dankte ihm. Er sagte, es sei das erste Mal, dass er mich sehe, ohne dass meine Haare in alle Richtungen abstanden. Schmeichler.
    Mit neuer Zuversicht kreuzte ich Kästchen für das Essen am folgenden Tag an. Italienische Pasta mit Spinat und Parmesan und als Dessert Crème Caramel. Das klang nach Haute Cuisine. Aber mit Krankenhausessen ist es immer das Gleiche. Der Hauptgang bestand aus Pappe und die Crème Caramel war ungenießbar.
    Am nächsten Morgen befreite man mich von einigen Drainageschläuchen und entfernte mit einem schmerzhaften Ruck den Katheter. Offen gestanden hatte ich gehofft, ich könnte ihn behalten. Ein Dauerkatheter würde Flugreisen und Theaterbesuche ungemein erleichtern. Stattdessen musste ich jetzt gebückt wie die Hexe im Märchen aufs Klo schlurfen.
    Und nicht nur das, darüber hinaus musste ich mich der Angst vor dem »Draußensitzen« stellen. Auf einem Stuhl neben dem Bett sitzen klingt einfach, es fällt nicht einmal in die Kategorie Tätigkeit. Den Schwestern zufolge tut es einem gut. Es befreit die Lunge und regt die Blutzirkulation in Richtungen an, in die sie sich nicht bewegt, wenn man liegt. Der Stuhl zum Draußensitzen war hart. Schon bald tat mir das Steißbein weh. Ich warf sehnsüchtige Blicke zum Bett, wünschte, es würde zu mir gleiten und mich aufnehmen. Zwanzig Minuten hielt ich nicht durch. Nach ein paar Minuten drückte ich auf die Klingel und bat darum, ins Bett zurückgebracht zu werden.
    Dann gab es da noch die Armübungen, die ich auf Befehl der resoluten Physiotherapeutin zehnmal am Tag machen musste. Die Aufgabe, vor einer Wand zu stehen und meine Finger daran hochkrabbeln zu lassen, war kaum zu bewältigen.
    Bisher hatte ich nicht geweint. Stimmte irgendetwas nicht? Philip brachte Katharine mit, sie war blass und unnatürlich fröhlich. Sie wollte mir auf ihrer Kamera ein Video von ihrem Schulkonzert zeigen. Ihr zuliebe willigte ich ein. Doch sobald die jungen Solisten die ersten Takte von »Bridge over Troubled Water« zu spielen begannen, haarscharf an den hohen Noten vorbei, zog sich etwas in meiner Brust zusammen.
    Das Lied erinnerte mich an den Schmerz, der seit jeher mit dem Menschsein verbunden ist und an die heiligen Wesen, die uns mit ihrer Musik und ihrem eigenen Strahlen Trost spenden – oder auch (gelegentlich) mit hochdosierten Medikamenten. Zum ersten Mal seit dem letzten Telefonat mit Lydia brach ich in Tränen aus. Nicht das verzweifelte Schluchzen von damals, sondern das stete Fließen eines unterirdischen Stroms.
    Die Zeit im Krankenhaus war gleichzeitig eindrücklich und bedeutungslos. Der Unterschied zwischen einer Entlassung am Montag oder am Dienstag bestand aus Tränen oder Freude. Die Frau zwei Zimmer weiter, die am gleichen Tag wie ich operiert worden war, wurde einen Tag früher nach Hause geschickt. Offiziell ging es ihr besser als mir. Ich beneidete sie nicht. Die Vorstellung, nach Hause zu kommen und für mich selbst sorgen zu müssen, insbesondere mit zwei an mir befestigten Drainagebeuteln, hatte nichts Verlockendes.
    Wenn Lydia mich besuchte, half sie mir hin und wieder dabei, vornübergebeugt und in einem Gewirr aus Schläuchen und Drainagebeuteln über den Korridor zu schlurfen. Wenn mir der Sinn nach Abenteuer stand, nahmen wir den Aufzug nach unten. Ich wagte mich in den Krankenhausgarten und sog literweise frische Luft ein. Mit Zigarettenrauch parfümiert, war sie rau und belebend.
    Die Tage fügten sich in immer wiederkehrender Routine aneinander – die mürrische

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