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Kater mit Karma

Kater mit Karma

Titel: Kater mit Karma Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H Brown
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Religion haben wir den Männern nur überlassen, damit sie etwas zu tun haben. Unsere Hingabe an unsere Geschöpfe, unsere Kinder, ist grenzenlos. Ich hatte miterlebt, wie eine achtzigjährige Frau sich Sorgen um ihren sechzigjährigen Sohn machte, als läge er noch in den Windeln.
    Diese Störung betrifft beide Seiten. Die Mutter wird zur zwanghaften Versorgerin. Der Vater und die Kinder entwickeln ein Haushaltsnieten-Syndrom. Nachdem sie begriffen hatten, dass ich nicht aufspringen würde, lief Lydia in die Küche und holte die Gabeln.
    Mutterschaft macht Frauen zu Märtyrerinnen. Ich hatte immer gedacht, ich sei zu emanzipiert für so etwas. Im Lauf der Jahrzehnte war ich jedoch genauso dienstbeflissen und gereizt geworden wie meine Mutter. Wahnsinn, ich hatte drei Schürzen, die an einem Haken neben dem Kühlschrank hingen! Ich trug sogar eine mit der Aufschrift »Desperate Husband«.
    Man erhält keine Auszeichnungen dafür, der Diktator eines kleinen Inselstaates namens Haushalt zu sein. Vielleicht würde der Brustkrebs zur einer freieren, demokratischeren Gesellschaft in unserem Haus führen. Vielleicht würde ich lernen, auch mal was liegen zu lassen und mich mehr um mich selbst zu kümmern. Das täte vielleicht uns allen gut.
    Längeres Sitzen fiel mir schwer. Ein glühender Dolch bohrte sich zwischen meine Rippen. Mein Bett und das weiche Lammfell brachten die ersehnte Erleichterung.
    Schon bald zeigte sich, dass die neue Situation Geduld erforderte. Ich konnte mich nicht bücken, um ein Handtuch vom Boden aufzuheben. Oder um Krümel aufzulesen oder Blütenblätter von welken Blumensträußen, wie ich es bisher immer getan hatte. Es war an der Zeit, eine selektive Blindheit zu entwickeln, wie das alle anderen taten, und einfach nichts zu sehen, was sich unterhalb der Taille befand.
    Das Einzige, was Greg zur Linderung der Schwellung an meinem Bauch empfohlen hatte, war eine sanfte Massage. Da ich in meiner Bewegungsfreiheit stark eingeschränkt war, konnte ich das nicht selbst tun. Verständlicherweise gab es nicht sehr viele Freiwillige für diese Aufgabe. Zu meinem Erstaunen bot Lydia ihre Dienste an. Zweimal täglich musste ich mich aufs Sofa legen und sie rieb mir den Bauch mit Mandelöl ein. Gütigerweise übersah sie die grässlichen Narben und behandelte mich mit liebevoller Fürsorge. Niemals hätte es eine solche körperliche Nähe zwischen mir und meiner Mutter gegeben. Lydia kochte Essen, brachte mir Tee und übernahm die Führung des Haushalts.
    Jedes Mal wenn ich sie nach ihrem Aufenthalt in Sri Lanka fragte, wich sie meinem Blick aus. Ihre Berichte blieben vage. Sie habe viel meditiert, oft mehr als zwölf Stunden am Tag. (»Wie kannst du nur so lange still sitzen?«, fragte ich. »Ach, manchmal stehe ich auf und meditiere im Gehen«, antwortete sie.) Gelegentlich hatte sie den Mönch begleitet, wenn er irgendein Dingsda segnete, und an Zeremonien teilgenommen.
    Ich konnte mir nach wie vor kein Bild von diesem Ort machen und nicht nachvollziehen, was ihn für sie so anziehend machte. Je mehr ich bohrte, umso weniger erzählte sie. Aber ich war so froh, sie wieder zu Hause zu haben, dass ich nichts tun oder sagen wollte, was sie aufregte.
    Als ich fragte, was mit Ned sei, sah sie weg und sagte, sie hätten sich getrennt. Noch ein verbotenes Terrain.
    In der Annahme, dass ihr Vater Steve den Rückflug nach Melbourne bezahlt hatte – wie sonst hätte sie sich das Ticket leisten können? –, schrieb ich ihm eine überschwängliche Dankeskarte. Bei all den Auseinandersetzungen, die wir in der Vergangenheit gehabt hatten, freute es mich, dass er begriff, wie wichtig die Familie war.
    Kurz nachdem ich die Karte abgeschickt hatte, träumte ich, Lydias Mönch säße von einem Lichtkranz umgeben am Fußende meines Bettes, freundlich lächelnd. In seine rotbraunen Gewänder gehüllt und mit seinem glänzenden kahlen Kopf wirkte er so liebenswert, dass sich meine Feindseligkeit ihm gegenüber vorübergehend in Luft auflöste. Ich wollte ihm für die Höhlenzeremonie danken, aber bis ich richtig bei mir war, war der Mönch verschwunden.
    Das war die zweite Erscheinung innerhalb von ein paar Monaten. Vielleicht war es nur eine Frage der Zeit, bis ich Selbstgespräche führend durch unsere Straße lief. Es musste eine Erklärung für die Erscheinungen geben. Dass mir in dem Wellness-Hotel meine Mutter erschienen war, ließ sich wahrscheinlich auf den Koffeinentzug zurückführen. Und der Mönch auf die

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