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Kater mit Karma

Kater mit Karma

Titel: Kater mit Karma Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H Brown
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Katharine sagte immer, ich sollte eine eigene Fernsehshow bekommen, für die ich durch die Welt reise, um auf öffentlichen Hinweisschildern falsche Apostrophe zu entfernen und fehlende einzufügen. Ich war nahe daran, die kreative Verwendung auf dem Zettel zu monieren, als meine Aufmerksamkeit auf etwas anderes gelenkt wurde.
    In dem Käfig lagen dicht aneinandergedrängt etwa ein Dutzend winzige Kätzchen, teils auf dem Boden, teils auf einem auf halber Höhe angebrachten Brett. Alle schliefen tief und fest – bis auf eins. Das blasse Katerchen war um einiges größer als die anderen und kletterte mit dem Geschick eines Weltklassebergsteigers innen am Käfig hoch. Zentimeter um Zentimeter erklomm er das Gitter und vertraute sein gesamtes Körpergewicht den Krallen seiner Vorderpfoten an. Immer höher hinauf ging es, bis er beinahe ganz oben war. Mit jeder Faser seines Körpers auf sein Vorhaben konzentriert bezwang er die Käfigwand – und die Schwerkraft.
    Selbst aus ein paar Schritt Entfernung konnte ich sehen, wie hübsch er war – schlank und mit langen Gliedern. Sein Fell war milchig weiß und er hatte zu der braunen Zeichnung im Gesicht passende Ohren, Schwanz und Pfoten. Fasziniert von seinem Aussehen und seiner Waghalsigkeit, trat ich einen Schritt näher. Plötzlich erstarrte der kleine Kater und sah mich, mit allen vier ausgestreckten Pfoten am Käfiggitter hängend, aus saphirblauen Augen an. Sein Blick ging mir durch und durch. Der Lärm in der Tierhandlung war plötzlich ausgeblendet. Ich war wie hypnotisiert.
    Der kleine Kater ließ meinen Blick nicht los. Ich konnte meine Augen nicht von ihm abwenden. Unverwandt starrten wir einander an. Wir schienen in einem merkwürdigen Austausch gefangen zu sein. Wahrscheinlich hatte ich nach den sieben Stunden Narkose vor zehn Tagen immer noch Halluzinogene im Blut. Während er mich mit seinen elektrisierenden blauen Augen fixierte, spürte ich förmlich, wie er forderte, nicht darum bat, dass wir Teil des Lebens des anderen wurden.
    Liebe auf den ersten Blick hatte ich schon einmal erlebt. Vor zwanzig Jahren, als ich Philip begegnet war. Ich war auf der Stelle dahingeschmolzen. Er war – und ist – allerdings auch ein unglaublich gutaussehender Mann. An diesem ersten Abend, als er in seinem eleganten Anzug oben auf der Museumstreppe stand, hatte er ausgesehen wie ein Action-Held an seinem freien Tag. Wer hätte sich nicht in ihn verliebt?
    Ich hatte immer angenommen, dass es Liebe auf den ersten Blick nur zwischen Menschen gab und nicht zwischen einer Frau mittleren Alters und einer Siamkatze. Aber in diesem kurzen Moment hatte es mich erwischt. Auf irgendeiner subzellulären Ebene gehörten dieser kleine Kater und ich zusammen.
    »Siehst du? Ich hab dir doch gesagt, dass er niedlich ist«, sagte Mary. »Sollen wir jetzt wieder nach Hause fahren?«, fügte sie hinzu, da sie sich der Gefahr vermutlich bewusst war und mich möglichst rasch aus dem Geschäft schaffen wollte.
    Als ich mich gerade umdrehen wollte, streckte der Kater durch das Gitter eine Pfote nach mir aus, öffnete das Maul und ließ ein hinreißendes Quieken hören. Ich war bisher der Meinung gewesen, Siamkatzen hätten laute, hässliche Stimmen, aber der kleine Kerl belehrte mich eines Besseren. Trotz der Warnung mit den albernen Apostrophen konnte ich nicht widerstehen. Ich nahm seine Pfote zwischen Zeigefinger und Daumen.
    Der kleine Kater blickte mir in die Augen und schnurrte enthusiastisch. Jeder Widerstand in mir brach in sich zusammen.
    »Sieh dir das an!«, sagte Lydia. »Er will, dass wir ihn mit nach Hause nehmen.«
    »Haben Sie das Schild nicht gelesen?«, störte eine missbilligende Stimme unsere kleine Idylle.
    »Tut mir leid«, sagte ich und riss meinen Blick von dem kleinen Kater los, um mich einem sommersprossigen jungen Mann mit Hornbrille zuzuwenden. Im ersten Moment empfand ich Abneigung gegen diesen Tierhandlungspolizisten. In den Augen hinter den Brillengläsern lag jedoch etwas Beschützendes. Der junge Mann war mager und schäbig angezogen, und bestimmt war er auch unterbezahlt. Vermutlich versuchte er einfach so gut wie möglich für die Tiere zu sorgen.
    »Er hat die Pfote nach mir ausgestreckt und ich …«
    Der Kater zog seine Pfote zurück und setzte seine Klettertour fort.
    »Wenn Sie wüssten, wie viele Leute jeden Tag in den Laden kommen«, fuhr der junge Mann fort. »Alle wollen sie die Tiere anfassen und jeder von ihnen hat Keime an den Händen. Sie

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