Kater mit Karma
schnurrte wie ein Rasenmäher. Er fühlte sich seidig und warm an. Zum ersten Mal seit einer Ewigkeit, wie es schien, löste sich etwas in meiner Brust. Flüssiger Honig strömte durch meine Adern. Mein Atem kam plötzlich von einer weicheren, tieferen Stelle. Wochen der Angst und des Schmerzes schwanden dahin.
»Ist er zu verkaufen?«, fragte ich.
Nathan nickte und sagte, im Preis sei eine kostenlose Untersuchung durch den Tierarzt und ein Rabatt für die Kastration eingeschlossen. Ich wusste, dass man alle möglichen Fragen stellen sollte, bevor man ein Haustier kaufte. Aber das war plötzlich wie weggewischt. Nathan bestätigte, dass der kleine Kater ein reinrassiger Siamese war.
»Hat er Papiere?«
Nathan bedachte mich mit einem trotzigen Blick.
»Keins unserer Tiere hat Papiere«, sagte er. »Wenn wir mit so was anfangen würden, müssten wir viel mehr für sie verlangen.«
Das war einleuchtend. Und ich hatte ja nicht vor, ihn auf Katzenschauen zu präsentieren oder für Zuchtzwecke zu benutzen.
Lydia fragte, ob sie ihn mal halten dürfte. Widerstrebend reichte ich ihn an sie weiter. Er drehte sich auf den Rücken und räkelte sich in ihren Händen. Mary, Lydia und ich kicherten. Wie gut das nach all den bangen Wochen tat.
»Wie nennen wir ihn?«, fragte Lydia.
»Du meinst, wie wir ihn nennen würden ?«, korrigierte ich sie mit meiner früheren Stimme, ganz die Vernünftige, die wusste, dass es Unfug war, sich eine neue Katze anzuschaffen.
Ein paar Jahre zuvor hatte mich die Erfahrung mit Goldfischen gelehrt, dass man, wenn man einem Tier einen Namen gab, ein Band schuf, das einem früher oder später ein gebrochenes Herz bescherte. Nachdem Finny, Swimmer und Jaws unter Tränen in einem, wie sich zeigen sollte, künftigen Massengrab im Garten versenkt worden waren, bestand ich darauf, dass jeder weitere Goldfisch, den wir kauften, namenlos blieb. Sie bekamen einfach Nummern. Eins, Zwei und Drei erreichten ein für Goldfische biblisches Alter und zeugten in ihrem Teich Hunderte von Nachkommen.
Während ich überlegte, ob ich das Kätzchen mitnehmen sollte, musste ich an Philip denken. Bei seinem Einzug bei uns vor all den Jahren waren wir eine Fertigfamilie gewesen, einschließlich Cleo. Es ist eine Sache, eine Katze als Teil eines Gesamtpakets zu übernehmen, aber eine ganz andere, wenn auf einmal eine Katze unaufgefordert in dein Leben tritt.
Sein Geschlecht war etwas, das für den kleinen Kater sprach. Nachdem Rob ausgezogen war, hatte sich Philip oft halb im Scherz darüber beschwert, dass er der einzige Mann in einem Haus voller Frauen war. (»Sogar die Katze ist ein Weibchen«, hatte er gegrummelt.) Wenn wir diesen kleinen Clown mit nach Hause nahmen, konnte Philip eine innige Mann-Kater-Beziehung zu ihm aufbauen.
Ich hatte Rugby nie besonders viel abgewinnen können, aber Philip war ein eingefleischter Fan. Als der Kater aus Lydias Armen auf den Boden sprang und zielsicher auf die Wand mit den Vogelkäfigen zuspurtete, musste ich an die geschmeidig-kraftvollen Bewegungen eines der berühmtesten Rugby-Nationalspielers aller Zeiten denken – Jonah Lomu.
»Jonah«, sagte ich über das erschrockene Kreischen der Wellensittiche hinweg. »Wir nennen ihn Jonah.«
15.
Entzauberung
Hüte dich vor dem Charme von Katzen und Männern.
Hinter den Schlitzen der Transportbox sah man zwei saphirblaue Augen funkeln, als Lydia Jonah vorsichtig zur Haustür trug. Mary folgte ihr mit Futter, Katzenstreu und einem Katzenkorb mit Leopardenmuster. Ich war für die Unterhaltungsabteilung zuständig – eine Tüte mit Bällen, falschen Mäusen und einer »Angelrute« mit einem Plastikvogel und einem Glöckchen am Ende einer elastischen Schnur. Unglaublich, wie viel Sachen ein so kleines Geschöpf brauchte.
Wie eine königliche Entourage eskortierten wir die Transportbox und ihren Inhalt durch die Diele ins Wohnzimmer. Behutsam stellte Lydia sie auf dem Boden ab. Sie gab ein leises Maunzen von sich.
»Sollen wir ihn rauslassen?«, fragte sie.
»Mach doch erst mal nur die Klappe auf, damit wir sehen können, wie es ihm geht«, erwiderte ich. »Vielleicht will er ja lieber drinbleiben, bis er sich an uns gewöhnt hat.«
Lydia hatte sich kaum gebückt und die Hand nach der Klappe ausgestreckt, als die sich nach außen bog und gleich darauf in einer Explosion aus Pfoten und Fell auf den Boden krachte. Jonah sprang auf den Teppich, sah sich um und schüttelte sich.
Mit seinem hellem Fell und den riesigen dunklen
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