Kater mit Karma
Bruder Rob und die Halbschwestern liebten sie von ganzem Herzen.
Ich wünschte, dass sie mit uns darüber reden würde, wenn sie uns nach ihrer Zeit im Dschungel peinlich oder unzulänglich fand. Stattdessen lächelte sie nur rätselhaft mit diesem abwesenden Blick und beantwortete meine diesbezüglichen Fragen mit einem »Schwer zu erklären.«
Ich wusste nicht, wie ich mit ihr umgehen sollte, nun, da sie eine halbe Heilige war. Ich wollte ihr vor Augen führen, wie viel Freude es machen konnte, eine schöne junge Frau in dieser, ihrer Kultur zu sein.
Katharine meinte, vielleicht würde es helfen, uns auf einer gemeinsamen Shoppingtour Kleider für Robs Hochzeit zu kaufen. Anfangs wollte Lydia nicht mitkommen, aber wir schleppten sie einfach mit.
Im Schaufenster einer Boutique entdeckte Katharine ein lila Kleid, das ihr gefiel. Mit seinem schwingenden Rock und dem gerüschten Ausschnitt stand es ihr ausgezeichnet, fanden wir. Die Verkäuferin schlug es in Papier ein und verstaute es vorsichtig in einer Tüte. Katharine strahlte das triumphierende Lächeln der erfolgreichen Käuferin und wir verließen den Laden.
Lydia schien die Vielfalt an Farben und Schnitten zu überfordern. Sie neigte zu schlichten Kleidern in gedeckten Farben. Wenn Katharine und ich sie überredeten, ein Kleid mit tiefem Ausschnitt anzuprobieren, das ihre perfekte Figur zeigte, schüttelte sie verschämt den Kopf. Jedes Mal wenn sie ein ärmelloses Kleid anzog, griff sie sofort nach ihrem Schal, um ihre Schultern zu bedecken.
Nicht viel leichter war es, ein Kleid zu finden, in dem ich mich wohl fühlte. Mit meinem Bauchabnäher und dem neuen Busen hatte ich eine andere Figur als bei meinem letzten Streifzug nach einer festlichen Garderobe. Ich fühlte mich wie ein Teenager, der nicht wusste, was ihm und seinem neuen Körper stand.
Die Brustrekonstruktion war zwar quälend gewesen, aber ich war froh, mich dafür entschieden zu haben. Dank Gregs Wertarbeit vergaß ich manchmal tagelang, dass ich eine potentiell tödliche Krankheit hinter mir hatte. Was mich persönlich anging, war es gut gewesen, die Rekonstruktion gleichzeitig mit der Mastektomie vornehmen zu lassen. Bei meiner Feigheit hätte ich mich bestimmt geweigert, ein zweites Mal ins Krankenhaus zu gehen und mich unters Messer zu legen.
Angezogen hatte ich sogar eine bessere Figur als vorher. In BH und Slip gab ich eine ziemlich gute Imitation von Normalität ab. Allerdings war es nicht leicht gewesen, den richtigen BH zu finden. In den Wochen und Monaten nach der Operation musste ich weiche, möglichst wenig modellierende BHs tragen. Inzwischen war ich abenteuerlustiger und daher über die begrenzten Möglichkeiten enttäuscht. Bügel-BHs waren tollkühn, wenn man bedachte, dass sie – berechtigt oder nicht – in dem Verdacht standen, das Brustkrebsrisiko zu erhöhen. Allerdings war es fast unmöglich, in den Unterwäscheabteilungen zwischen den Myriaden von Bügel-BHs einen hübschen BH ohne Bügel zu finden. Ich suchte mir eine Verkäuferin, die nicht mehr ganz so jung wirkte, und erklärte, was ich warum suchte, woraufhin sie unter Entschuldigungen einige schäbige Exemplare hervorkramte. Die Unterwäschehersteller schienen nicht bemerkt zu haben, dass Frauen auch nach einer Krebserkrankung sexy aussehen wollten.
Sobald ich die Unterwäsche auszog, war ich mit dem Anblick der riesigen Bauchnarbe und der fehlenden Brustwarze konfrontiert. Immer wenn ich daran zweifelte, dass es klug gewesen war, mir die zusätzlichen Stunden im OP anzutun, nahm Philip mich in die Arme und beruhigte mich. Wie er es schaffte, immer das Richtige zu sagen, ist mir ein Rätsel.
Allerdings gehörte ich zu den eher misstrauischen Menschen. Ich glaubte ihm einfach nicht so ganz, wenn er sagte, ich sei schön. Zu oft hatte ich mitbekommen, wie er anderen Leuten gegenüber seine diplomatischen Fähigkeiten spielen ließ.
Unter massiven Selbstzweifeln leidend, lauerte ich nur darauf, ihn dabei zu ertappen, wie er eine Frau mit makellosem Körper bewunderte. Aber entweder ist er ein Heiliger oder er ist zu schnell für mich. Ich erwischte ihn jedenfalls nie.
Mochten meine Brüste auch in etwa so aussehen, Lust verschafften sie mir nicht mehr. Es dauerte eine Weile, bis ich mich damit abgefunden hatte, in meiner falschen Brust überhaupt kein Gefühl zu haben und in der gelifteten nur noch wenig. Ich gewöhnte mir an, mich zu vergewissern, dass mein Busen bedeckt war, bevor ich bei kühlerem Wetter
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