Kater Serano ermittelt 01 - Katzengold
setzte er hinzu, als er sah, wie Marion die Brauen zusammenschob.
»Und fass sie nicht zu hart an, sie hat einen sensiblen Magen.«
Marion setzte sich Selma gegenüber. Deren grünlicher Teint hatte sich inzwischen in ein etwas gesünderes Hellgelb gewandelt. Sie hielt die Hände gefaltet und sah der Polizistin mit einer Mischung aus Furcht und Trotz entgegen.
»Wir haben uns schon mal gesehen«, begann Marion. »Erinnern Sie sich?«
»Nein.«
Marion nickte. »Sie waren vermutlich zu sehr damit beschäftigt zu beobachten, wie Stefan Berlich mit seiner Frau geflirtet hat.«
Sie machte eine Pause. Das Mädchen schwieg und wartete.
»Das war vorgestern Abend gegen Viertel vor neun. Wenn Sie gleich danach wieder zurück nach Berlin gefahren wären, dann wäre es möglich, dass sie Herrn Olbinghaus gegen zehn das fehlende Bild für die Ausstellung in den Kasten gesteckt hätten. Nun bin ich mir aber zufälligerweise sicher, dass Sie das nicht getan haben.«
Das Mädchen, wie auch Liebermann auf seinem Beobachtungsposten, spannte sich.
»Um neun nämlich haben Sie Stefan Berlich eine SMS geschickt, um sich mit ihm noch für denselben Abend zu verabreden. Wozu?«
Selma sah Marion argwöhnisch an. Dann ließ sie die Schultern hängen. »Ich hatte noch Fragen wegen meiner Ausstellung.«
»Welche?«
»Die Auswahl der Bilder betreffend.« Aber sie wich Marions Blick aus.
»Und warum haben Sie die nicht am Telefon gestellt?«
»Stefan telefoniert nicht gern von zu Hause aus. Außerdem war ich ja nun schon mal in der Nähe.«
»Stimmt. Um sich seine Familie anzusehen. Kennen Sie die Strandbar in Potsdam?«
Liebermann staunte über seine rotgefärbte Kommissarin. Interessiert beobachtete er Selma, die ein wenig außer sich zu geraten schien.
»Die was? Wo ist die denn?«
»In Potsdam-West an der Havel. Zehn Minuten Fußweg vom Haus der Berlichs.«
Selma begann, an ihren Fingernägeln herumzupulen.
»Na schön«, sagte Marion sanft. »Dann erzähl ich Ihnen was, und Sie sagen laut ja oder nein für das Band. Sie waren mit Stefan Berlich an der Havel und auch in der Bar, denn Sie haben sich dort, obwohl der Inhaber schon am Schließen war, ein Tonic geholt. Und um es noch leichter zu machen: Frank Zabel, der Barbesitzer, erinnert sich gut an Sie.«
Selma starrte sie an. »Kann sein.«
»An Ihren Begleiter erinnert er sich weniger, vielleicht weil er nicht sein Typ war oder auch weil er etwas entfernt an der Uferbalustrade der Bar auf Sie gewartet hat. Er schwört aber jeden Eid, dass Sie gestritten haben. Nicht laut, aber heftig. Jetzt interessiert mich natürlich, worüber.«
Diesmal gab Marion Selma keine Bedenkpause.
»Wissen Sie, als ich Sie dort im Garten der Berlichs gesehen habe, habe ich Sie bewundert. Ich gäbe was drum, so auszusehen wie Sie. Ich bewundere auch Ihre Kunst.«
Hinter der Scheibe grinste Liebermann in Erinnerung an den stachligen Goldfisch. Was zum Teufel trieb Marion da?
»Und Sie sind noch jung. Unter anderem deshalb ist es mir ein Anliegen, Ihnen zu helfen. Wir wissen, dass Stefan Berlich keine so weiße Weste hatte, wie seine Frau und die Leser der Époque glauben und wie Sie es vor kurzem auch noch geglaubt haben. Ich sage Ihnen das, bevor ich hinzufüge, dass Sie, Selma, ganz schlechte Karten haben. An Stefan Berlichs Jacke wurden Haare gefunden. Rot, wie die auf Ihrem Kopf.«
Liebermann sah, wie Selmas Gesichtsfarbe abermals wechselte. Marion reagierte blitzschnell. Sie sprang auf, griff das Mädchen am Arm und zerrte es aus dem Verhörraum. »Hand vor den Mund!«, hörte Liebermann, bevor die beiden hinter der Tür an ihm vorbeihetzten, in Richtung der Toiletten.
Ein paar Minuten später kehrten sie zurück. Liebermann überlegte, ob er die Vernehmung abbrechen lassen sollte, aber Marion führte Selma so zielstrebig in den Raum zurück, dass er seinen Platz wieder einnahm.
»Fortsetzung der Befragung von Selma Balthasar, nachdem sie sich von einem Unwohlsein erholt hat, am Freitag, 25. Mai, um 14 Uhr 43.« Selma sah erschöpft aus. Nichts erinnerte mehr an die Quasselstrippe aus der Galerieküche.
»Sie haben sich gestritten«, begann Marion wieder. »Worum ging es?«
Selma blickte auf ihre gefalteten Hände, als erhoffe sie sich von ihnen Hilfe.
»Diese Journalistin hatte mir erzählt, dass Stefan Kinder hat und seine Frau keine MS, sondern nur Rheuma ... Und dass er mit allen möglichen Künstlerinnen zusammen war, bevor er sie zugunsten der nächsten abserviert hat.
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