Kater Serano ermittelt 01 - Katzengold
Sogar mit ihr selbst. Also, das habe ich von Ihrem Kollegen. Ich ... wollte mich mit solchem Schwachsinn eigentlich nicht beschäftigen. Aber es hat mich nicht losgelassen. Ich wollte alles davon abhängig machen, ob das mit den Kindern stimmt.«
»Ein bisschen recherchieren.«
Selma sah auf. »Und warum auch nicht. Ich hätte ihn fragen können, aber ich wollte es selber sehen.«
»Weil Sie ihm plötzlich nicht mehr ganz so fest vertraut haben. Und dann?«
»Er hat sich gewundert, dass ich auf Schnee von gestern herumtrete. Die anderen Mädchen hätten sich in ihn verliebt, nicht umgekehrt. Bei mir wäre es anders. Die Kinder habe er nicht erwähnt, weil er dachte, ich würde dann Reißaus nehmen. Er hat gesagt, dass er sich in der Pflicht fühle, dass seine Frau ein guter Freund für ihn sei, dass er sich kümmern müsse und so weiter und dass chronisches Rheuma fast genauso schlimm sei wie MS. Und dann fing er mit der Auktion an.«
Marion warf einen erstaunten Blick zur Scheibe, hinter der Liebermann saß.
»Welche Auktion?«
»Hab ich dem andern schon erzählt. Irgendjemand kauft Bilder von mir und gibt sie dann an ein Auktionshaus. An dem Gewinn würde er beteiligt, hat Stefan gesagt, und davon wollte er mir ein Atelier einrichten. Ein richtiges mit Oberlicht. Im Moment arbeite ich bei mir zu Hause. Stefan wusste, dass ein Atelier mein Traum ist.«
Vor Liebermanns Augen erschien ein Haus, eingebettet in eine romantische Landschaft irgendwo im Hinterwald. Vielleicht in der Nähe dieser anderen Malerin, deren Name ihm nicht einfiel.
»Was haben Sie zu dieser Auktionsgeschichte gesagt?«
»Gar nichts. Ich hatte anderes im Kopf.«
»Ihr gemeinsames Kind, zum Beispiel?«
Liebermann klappte der Mund auf. Selma drinnen am Tisch ging es genauso. Marion lehnte sich gelassen zurück.
»Angesichts einer Frau, die so mit ihrem Magen zu kämpfen hat wie Sie und, entschuldigen Sie, eine beachtliche Oberweite besitzt, obwohl sie ansonsten ein sehr zarter Typ ist, lässt sich eine solche Vermutung schon mal äußern. Ich habe auch ein Kind, ich kenne die Symptome. War Ihr Spontanbesuch nicht vielleicht auch dazu gedacht, Ihren Freund über die bevorstehende Vaterschaft in Kenntnis zu setzen?«
Selma sackte ein wenig in sich zusammen. Dann nickte sie kaum sichtbar. Liebermann war baff.
»Und?«
»Er wollte wissen, wie das möglich sei.«
»Tja.« Die Blicke der beiden Frauen begegneten sich. Um Marions Mund zeichnete sich der Anflug eines Lächelns ab.
»Er hat eine Abtreibung vorgeschlagen«, sagte Selma. »Da waren wir noch vor seiner Hütte, wo wir uns verabredet hatten. Aber er wollte aus irgendeinem Grund nicht rein, sondern spazieren.«
»An der Havel entlang. Und dann?«
»Erst mal nicht viel. Stefan hat nur über Belanglosigkeiten geplaudert, weil er sich eingebildet hat, dass er verfolgt würde.«
Marion sah wieder an die Scheibe.
»Wurden Sie’s denn?«
»Keine Ahnung, war mir auch egal. Dann sind wir an diese Bar gekommen, wo es etwas lauter war und er sich sicher gefühlt hat. Der Barmann war schon am Zumachen. Ich hab mir noch ein Tonic geholt und ihm empfohlen, die Polizei zu rufen.«
»Wieso?« Jetzt war zur Abwechslung mal Marion perplex.
»Da war’n ein paar sturzbesoffene Typen«, sagte Selma zerstreut. »Die wollten unbedingt den Zweiten Weltkrieg nachspielen. Aber der von der Bar meinte, damit muss man leben, wenn man sein Haus in Sand baut, oder so was. Er hat es auch wirklich geschafft, sie loszuwerden. Sogar ziemlich freundlich. Und dann -«
Sie saß da, als hätte ein plötzlicher Fluch sie zu Stein werden lassen. Ihre Augen röntgten die Tischplatte. Vielleicht hielt sie sie auch geschlossen, das war nicht zu sehen unter dem Vorhang ihres rostfarbenen Ponys.
»Dann sind Sie beide auf die Aussichtsplattform gestiegen«, sagte Marion.
»Und haben noch ein bisschen weitergestritten.«
Selma rührte sich nicht. Es sah aus, als wäre nur noch ihr Körper im Raum, sie selbst war gegangen. Liebermann wartete auf Marions nächsten Zug. Er fiel sehr weiblich aus. Sie streckte ihre Hände über den Tisch und legte sie auf die des Mädchens.
»Ich will lieber nicht darüber nachdenken, was ich tun würde, wenn der Mann, den ich liebe und von dem ich umgekehrt dasselbe angenommen habe, sich auf einmal als umtriebiger Liebhaber und Vater von zwei Kindern entpuppt, der ein Leben an meiner Seite nicht mal im Traum in Erwägung zieht«, sagte sie. »Und das Kind, das ich von ihm unter dem
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