Kater Serano ermittelt 01 - Katzengold
stellte er fest, dass sie gar nicht so übel aussah mit diesen romantischen Schatten unter den Augen und ihrem glänzenden Helm. Es gab Stämme, wusste Uwe, die sich die Haare absichtlich mit Talg einschmierten, um sie gegen die Unbilden der Regenzeit zu imprägnieren. Weiterhin fiel ihm auf, wie ordentlich sie ihre Bluse gebügelt hatte, beinahe perfekt. Kein Fältchen, keine schlaffen Gewebeteile, alles saß zackig auf Kante.
»Warum guckst du so?« Marion hatte auf Liebermanns Drehstuhl Platz genommen, die Beine ordentlich übereinandergeschlagen.
»Wegen des Kaffees? Draußen ist ein Automat. Wegen meiner Haare? Das ist Nydal L. Ein Läusemittel, ich spüle es nachher aus.«
Dieser Satz genügte, um sie in Uwes Augen von einer Stammesfürstin wieder zu dem werden zu lassen, was sie wirklich war. Kommissarin Marion Allhorn, einunddreißig Jahre, ledig, Mutter eines Sohnes, der Ungeziefer in die Welt streute und damit dem organisierten Verbrechen Vorschub leistete. Allein aus diesem Grund gehörte sie in den Außendienst versetzt. Das »prophylaktisch«, das sie hinterherwarf, nutzte ihr jetzt auch nichts mehr.
Der Kaffee war mit Abstand zu dünn.
»Was willst du hier überhaupt?«
Marion pustete in ihren Kaffee. »Ich dachte, wir werfen mal zusammen, was wir so haben.«
Sie ließ ihren Schuh auf der Fußspitze wippen. Er war ein wenig zu groß, dafür saß der Name des Labels gut sichtbar oberhalb der Sohle. Es irritierte Uwe, dass sie hier so selbstverständlich hereinmarschiert kam, um auf dem Stuhl des Chefs Platz zu nehmen. Normalerweise hockte Marion artig auf ihrem eigenen im Nebenraum, wo sie hingehörte.
»Was willst du schon großartig Zusammentragen? Du hast gestern geschwänzt.«
Marion lächelte. »Gestern habe ich ein interessantes Telefonat geführt.«
Die Tür öffnete sich, und Uwe drehte sich in seinem Stuhl, um Arnie zu begrüßen. Aber es war Liebermann. Ohne Umschweife ging er in die Mitte des Büros und legte sich auf den Boden. »Macht weiter!«, sagte er.
Seine Mitarbeiter wechselten einen flüchtigen Blick. »Und was tust du hier?«, fragte Uwe.
»Ist es sehr schlimm?«, fragte Marion.
»Wenn ich liege, nicht«, sagte Liebermann zu ihr. Und zu Uwe: »Ich brauche das retuschierte Foto von Charlotte Olbinghaus. Sie hat meine Plane mitgenommen.« Nach einer schlaflosen Nacht hatte Liebermann beschlossen, seine Kollegen nicht auf einer halben Geschichte sitzen zu lassen.
Marions Mund blieb eine Weile offen, dann formte sie zwei Worte. »Wie bitte?«
»Eine alte Armeeplane, ein Strich/kein Strich. Ich hatte sie als Regenschutz über ihr offenes Cabrio gelegt. Zusammen mit einer Faltboothaut.« Liebermann räusperte sich. »Wegen des Regens. Morgens war das Cabrio samt Zeug verschwunden.«
»Oh«, machte Marion. »Tja, vielleicht hat sie gedacht, du brauchst es nicht mehr.«
»Sie braucht es noch weniger. Die Plane war schmutzig und das Faltboot morsch.«
Marion wagte einen zweiten Vorstoß. »Und wenn sie die Sachen irgendwo unterwegs entsorgt hat?«
»Unterwegs wohin?«
Sie zuckte die Achseln.
»Vielleicht hat sie sie auch einfach liegen gelassen«, sagte Uwe.
Liebermann sah seinen Stellvertreter von unten herauf an. »Wie ich schon sagte: Sie waren weg.«
»Na und, dann hat sie eben ein anderer mitgenommen. Ich dachte, wir suchen eine Frau und keine Plane.«
»Ich puzzle nur. Und ich habe ein paar Teile, von denen ich noch nicht weiß, ob sie zu diesem oder einem anderen Bild gehören: Die Plane, die Stunden bis zum Verschwinden des Cabrios und eine Rose.«
»Eine Rose?« Marions Gesicht wurde flach.
»Eine rot-gelb marmorierte Rose, die auf dem Beifahrersitz des Cabrios lag. Zufälligerweise wachsen dieselben Rosen im Vorgarten der Berlichs. Das heißt, wuchsen. Es sind nur noch zwei da, die anderen wurden abgeschnitten.«
Im Büro breitete sich Schweigen aus, das bei jedem der Anwesenden eine andere Ursache hatte. Marion dachte an die sonore Stimme von Stefan Berlich. Sie war das Einzige, was es ihr ermöglichte, diesen Fall überhaupt ernst zu nehmen, von dem Uwe ihr gestern so vorwurfsvoll berichtet hatte, als wäre sie persönlich schuld am Verschwinden dieser Journalistin. Liebermann fiel ein, dass Charlotte Olbinghaus vermutlich schon vor ihrer denkwürdigen Begegnung am Zaun im Besitz der Rose gewesen war, denn danach hatte er das Cabrio überwacht. Bis auf die mickrigen zehn Minuten, die er für Miris Gutenachtgeschichte benötigt hatte.
Weder er noch
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