Kater Serano ermittelt 01 - Katzengold
umflochtene Kopfstützen, sogar Hundebetten, obwohl es in Aurelias Haus nie einen Hund gegeben hatte.
Das Büschel goldener Haare mitten auf dem braunen Polster hatte seine hoffnungsvollen Phantasien abrupt beendet. Es ging ein Leuchten von ihnen aus, von dem er nicht wusste, ob es von der Maisonne herrührte oder ob sie es selbst produzierten. Vier, fünf Haare, die von keiner anderen Katze und schon gar nicht von einem Hund stammen konnten.
»Lass ihn rein!«
Der Raum, den Maja sich als Geburtszimmer gewählt hatte, war der hintere von zwei Lagerräumen. Die Inhaberin des Lebensmittelgeschäfts nutzte ihn im Winter zum Unterstellen ihrer Sonnenschirme und Bänke. Jetzt war er bis auf einige uralte Getränkekisten leer. Hinter diesen residierte Maja in einem breiten Nest aus Socken und Handschuhen, die sie den Winter über eifrig gesammelt hatte. Handschuhe waren seit jeher ihre Obsession, jedes Jahr kamen Dutzende dazu. Als Serrano näher kam, stutzte er. Die Handschuhe waren beweglich. Dann bemerkte er die schimmernden Pelze dazwischen. Es mussten mindestens fünf sein.
Maja bewegte eine ihrer dicken Pfoten und beförderte einen Ausreißer mit sanftem Schubs wieder in den Kreis seiner Geschwister.
»Du siehst gut aus«, sagte Serrano.
Majas träger Blick wanderte über ihn hinweg. »Du nicht.«
Das alte Spiel. Aber heute fühlte Serrano sich unfähig, es fortzusetzen. Während er gegen die fortschreitende Auflösung seiner Beherrschung ankämpfte, hörte er Krallen im zerklüfteten Beton des Estrichs brechen. Maja kniff die Augen zusammen. »Scheinbar bist du nicht hier, um mir zu gratulieren.«
»Ich brauche Informationen.«
Maja nickte. Sie war fett, aber nicht blöd, und sie witterte Wetteränderungen vielleicht besser als manch anderer. »Ich habe gehört, dass dein Schatz verschwunden ist.«
»Von wem?«
»Ben.«
Eines der Jungen hatte es geschafft, unbemerkt zu Serrano vorzudringen. Als es den Griff spürte, stieß es ein schrilles Fiepen aus. Im nächsten Moment lag es wieder im Nest. Maja leckte ihm den Rücken, was es dem Geschrei nach als Strafe empfand. »Wann hast du sie das letzte Mal gesehen?«, fragte sie nebenher.
»Am letzten Wochentag, kurz nach Mittag.«
»Und da war alles ganz normal?«
»Ähm... ja.«
Maja hob den Kopf und sah ihn forschend an. »Alles in Ordnung zwischen euch?«
»Ich wüsste nicht, was dich das angeht!«, fauchte Serrano. Aber Maja war gerade Mutter geworden, und in ihr wohnte die Ruhe einer Mutter.
»Wenn ich dir helfen soll, muss ich schließlich fragen dürfen«, sagte sie.
»Also, ihr habt euch ... getroffen und dann?«
»Nichts. Abends wollte ich zu ihr, aber sie war weg.«
»Und seitdem kein Zeichen von ihr?«
»Nein. Und sag jetzt nicht, dass eine läufige Katze schon mal ein, zwei Tage verschwindet! Das ist mir klar, aber nicht vier!«
Maja hielt ihr Junges fest. »Sie ist also läufig gewesen.«
Am liebsten hätte Serrano sich die Zunge abgebissen. Aber eine der besseren Eigenschaften von Maja war, dass sie wusste, wann es darauf ankam, das Maul zu halten.
»Gut«, sagte sie nach einer Weile. »Wenn sie das Viertel nicht deinetwegen verlassen hat...«
»Nein. Sie hat es nicht meinetwegen und nicht freiwillig verlassen. Etwas ist passiert, und ich will wissen, was.«
Maja verzog leicht das Maul. Sie war immer noch schön, trotz der dicken Zotteln um ihre Ohren. Aus irgendeinem Grund hatte sie ihr Winterfell noch nicht abgeworfen. »Wie kommst du darauf, dass ihr etwas passiert ist?« Das »ihr« ganz sanft und wie aus Versehen, aber der Blick messerscharf. In diesem Augenblick wusste Serrano wieder, warum er sie so lange allen anderen Weibchen vorgezogen hatte.
»Ich habe ihren Katzenkorb gefunden«, sagte er. »In einer Mülltonne.«
Maja begann instinktiv, ihre Kleinen an sich zu ziehen.
»Bist du sicher?«, fragte sie. »Dass es ihrer war?«
Ihre Blicke begegneten sich.
»Ja«, sagte er. »Und du weißt etwas.«
»Es ist nur ein Gerücht.«
»Natürlich, verdammt! Deshalb bin ich hier. Du bist die Königin der Gerüchte!«
»Na gut. Ist gut«, sagte Maja und schmiegte sich um ihren Nachwuchs. »Ein Katzenfänger.«
»Ein was?«
»Es ist ein Gerücht, das habe ich dir gleich gesagt. Und erst ein paar Tage alt. Aber vielleicht ist was dran. Von Mathilda sind auch zwei Junge verschwunden. Das erste Mal über Nacht aus der Höhle, und weg.« Zerstreut spielte Maja mit einem grünen Handschuh. »Kann sein, dass ich ihn gehört
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