Kater Serano ermittelt 01 - Katzengold
habe«, fügte sie hinzu.
»Du hast den Katzenfänger gehört?«
Maja ließ vom Handschuh ab und sah ihren Exliebhaber an. »Gesehen habe ich nur glitschige kleine Wesen, die aus mir herausgerutscht kamen«, sagte sie. »Aber oben war in der Zeit mächtig was los. Ein großes Vierrad, mindestens eins, ich weiß nicht genau, aber jedenfalls war es laut. Türen auf und zu, Brummen aus und an, schrecklich. Und ein Gepolter im Keller nebenan, ich dachte, sie brechen durch die Wand zu mir durch. Wie soll einer bei dem Krach entbinden, habe ich mich gefragt. Kann auch sein, dass ich eine Katze schreien gehört habe. Ich wäre rübergegangen, wenn ich nicht anderweitig beschäftigt gewesen wäre. Und am nächsten Tag kommt Mathilda angeschlichen und erzählt das von ihren Söhnen. Und kurz darauf Ben, dass Aurelia weg sei und Streuner ihm unlängst was von einem Katzenfänger erzählt habe, dem er auf der Rückkehr ins Viertel entwischt sei. Eine Maus und noch eine ergeben zwei. Da stimmt was nicht, sage ich mir.«
Serrano schloss die Augen. Ein Katzenfänger. Darauf wäre er nicht gekommen.
»Werden noch andere vermisst?«
»Keine Ahnung. Ich kenne hier längst nicht mehr alle.«
Serrano wusste, was sie meinte. Es hatte mit den Baugerüsten zu tun. Wenn sie kamen, ging oft ein Großteil der Menschen aus den Häusern dahinter fort. Kaum waren sie weg, kamen neue, und bei ihnen schien es neuerdings Mode zu sein, eine Katze mit sich zu führen. Allerdings lebten die meisten von ihnen fast ausschließlich im Haus und fungierten somit nur als Marginalien in Serranos Revierliste. Er beschloss, von seiner Gewohnheit, nur die Kater des Viertels mit Besuchen zu beglücken, abzugehen und zur Abwechslung einmal bei Mathilda vorbeizuschauen. »Danke«, sagte er. »Pass gut auf deine Kleinen auf. Wer ist eigentlich der Vater?«
Maja lächelte weich. »Eifersüchtig?«
»Nein.«
»Streuner.«
»So«, machte Serrano perplex. Ihm war nie aufgefallen, dass Streuner sich sonderlich für das weibliche Geschlecht interessierte. Er hatte ihn für kastriert gehalten. Stattdessen war er selbst es. Das Leben schlug manchmal verdammt quer.
An der Tür blieb er noch einmal stehen.
»Wenn Ben hier war, hast du sicher gehört, dass Streuner auch verschwunden ist.«
»Da stimmt etwas nicht«, sagte Maja und biss einem ihrer Jungen in den Nacken.
Liebermann streckte sich auf einer der Spielplatzbänke aus und ließ die Sonne sich auf seinem Gesicht austoben. Nach einigen Minuten landete ein Kieselstein auf seiner Stirn.
»Siehst du, er schläft nicht«, sagte Miri zu Zyra. »Er ist immer müde, aber er schläft nie ein.«
Zyra sah Liebermann interessiert an. »Abends auch nicht?«
»Doch«, sagte Liebermann und stemmte sich auf. »Abends schon. Rutscht noch eine Runde, dann gehen wir hoch.«
Als Zyra abgedampft war, setzte Liebermann sich so, dass er das Graffito an der Basketballwand betrachten konnte.
Mit etwas Mühe erkannte er in dem rotbunten Durcheinander nach einer Weile ein fledermausohriges Meerschwein mit Reißzähnen und überdimensionalen Augen. Er stand auf und ging langsam darauf zu. Dabei stellte er fest, dass man ab etwa anderthalb Metern Nähe das Gefühl für den Gegenstand der Darstellung verlor. Liebermann sah hauptsächlich Farben, gekreuzt von den dunkelroten Umrissen der Pfoten, der Fänge und dem Tag des Künstlers, das quer über das Bild lief. Letzteres war das einzige goldene Element.
»Das ist Muffti, der stärkste Pokémon, den es gibt.« Zyra hatte sich zu ihm gesellt.
»Woher weißt du das?«
»Von Nils.«
»Und woher weiß er es?«
»Er hat ihn sich für mich ausgedacht«, sagte sie stolz. »Ich habe die Büchsen geschüttelt, damit sie sprühen.«
Offenbar musste Liebermann sich daran gewöhnen, dass sich die Präsenz des Hausmeisters nicht nur auf Kneipen und die Wohnungen alleinerziehender junger Mütter erstreckte. Er war schon gespannt, wo er ihn als Nächstes entdecken würde als er ihn hinter der Spielplatzhecke vorbeiradeln sah.
In seinem abenteuerlichen Anhänger schmiegten sich zwei große Papiersäcke aneinander. Nils winkte Zyra zu und verschwand in der Meistersingerstraße. Liebermann zog seinen Block heraus.
»Was machst du?«, fragte Zyra neugierig.
»Ich schreib mir nur was auf, damit ich es nicht vergesse.«
»Ich kann auch schon ein bisschen schreiben. Nils hat’s mir beigebracht.«
»Der Nils ist ein richtiger Tausendsassa, wie?«
»Was?«
»Nichts«, sagte Liebermann
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