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Kater Serano ermittelt 01 - Katzengold

Kater Serano ermittelt 01 - Katzengold

Titel: Kater Serano ermittelt 01 - Katzengold Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christine Anlauff
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sie. »Mit der Schere. Müsstest du nicht Manuskripte lesen?«
    Liebermann begann ein bisschen zu schwitzen. »Doch, gleich. Ich warte nur noch auf eine Lieferung von Tante Lehmann.«
    Nico warf einen Blick zum Eckladen hinüber. »Die Arme. Sie bestellt nur noch, was sie auch verkaufen kann, sonst verderben ihr die Waren in den Regalen. Im Moment lebt sie hauptsächlich von den Bauarbeitern, und die kaufen keinen Joghurt, sondern Würstchen, Bier und Zigaretten.«
    »Dann hoffen wir mal, dass sie noch eine Weile bleiben«, entgegnete Liebermann.
    Nicos Augen streiften ihn flüchtig und wanderten dann auf das Baugerüst, das die Häuser neben dem Laden umklammerte.
    »Wenn du nichts dagegen hast, würden wir uns heute Nachmittag gern deine Tochter ausleihen«, sagte Liebermann. »Ist dir das recht?«
    »Sehr. Ich hab noch einen Termin, zu dem ich Zyra nur ungern mitnehmen würde.«
    »Einen Fototermin?«
    Sie sah ihn verblüfft an.
    »Hamlet«, sagte Liebermann.
    Nachdem sie ihn eine Weile angestarrt hatte, nisteten sich plötzlich die Grübchen in ihren Wangen ein. »Ach so. Nein. Übrigens habe ich dich für die Rolle des Jägers angemeldet.« Und als Liebermanns Ausdruck nicht das gewünschte Verständnis widerspiegelte, fügte sie vorwurfsvoll hinzu: »Sag nicht, ich hätte dir nichts erzählt! Für das Pfingststück vom Kindergarten. Um acht ist Probe.«
    »Ich hatte noch nicht zugestimmt«, bemerkte Liebermann.
    »Oh«, sagte sie. »Und was machen wir nun? Der Kindergarten rechnet fest mit dir.«
    »Wie das?«
    »Schade auch für Miri«, fuhr Nico unbeeindruckt fort. »Sie hat sich so gefreut.«
    Hexe, dachte Liebermann. Mit großen, grauen Augen.
    In der Nähe schlug die Uhr der Erlöserkirche. In Nico kam Bewegung. »Ich muss«, sagte sie. »Mein blutiges Werk vollenden. Bis heute Abend, schickt Zyra einfach rüber, wenn ihr genug habt.«
    Als Liebermann die Kreuzung überquerte, sah er Michael mit seinem Fahrrad die Ossietzkystraße heraufgeprescht kommen. Die Bauarbeiter vor dem Schaufenster waren inzwischen zu Kaffee übergegangen, und Liebermann begann es zu dämmern, wie das »Haus, das nie fertig wird« zu seinem Namen kam. Aus der Ladentür schoss Tante Lehmann. »Wo kommst du denn her?«
    Die Gespräche der Bauarbeiter kamen zum Erliegen. Alle starrten auf den Lehrling der Krämerin, der das Tempo drosselte und den Kopf einzog. Vor dem Laden fädelte er umsichtig sein langes Bein vor und zurück über die Stange seines Rades, setzte seinen Rucksack ab, nestelte eine verblichene Satteltasche los und wischte ein wenig unterhalb seines Basecaps herum, wo Schweiß ein paar Pickel zum Glänzen brachte.
    »Bei Aldi gab’s keine Rama«, schnaufte er.
    Tante Lehmann klatschte sich mit der Hand gegen die Stirn und verschwand wieder in ihrem Laden.
    Unschlüssig, seinen Fluchtfuß noch stärker auswärts gekehrt als gewöhnlich, folgte ihr Michael mit dem Rucksack. Und ihm folgte Liebermann, deprimiert über das Schicksal des unschuldigen Lehrlings und seiner ebenso unschuldigen Chefin und darüber, dass er nach dreißig Jahren wieder in einer Verkleidung vor einem Publikum stehen musste; etwas, das er nie für möglich gehalten hätte.
    Maja ließ über Krümel ausrichten, dass sie erst zu Ende stillen wolle, ehe sie Besuch empfing.
    »Seit wann bist du ihr Kammerweibchen?«, fragte Serrano. Seine Tochter zog die ohnehin schon mageren Wangen ein und sah an ihm vorbei. Hinter ihr an der Kellerwand stand eine halbleere Schüssel mit Hackfleisch. Daneben eine offene Sahnedose. »Na gut. Wie lange wird es dauern?«
    »So lange es eben dauert«, sagte Krümel und schob sich ängstlich einen Meter zurück.
    Serrano konnte es ihr nicht verdenken. Seine Nerven vibrierten, er wusste, dass sein Rückenfell aufstand, dass seine Lefzen hochgezogen waren. Es kostete ihn unendliche Beherrschung, nicht auf der Stelle in Majas Ammenstube einzubrechen, um herauszuzerren, was an Neuigkeiten in den letzten Tagen den Weg dort hineingefunden hatte. Wenn es sein musste, auf Kosten seiner Tochter. Und alles wegen eines zarten Straußes orangegoldener Haare.
    Trotz seiner Furcht vor der keifenden Alten war er auf die Mülltonne gesprungen, um das Unmögliche aus der Nähe zu besehen. Er hatte Aurelias Korb nur ein einziges Mal zu Gesicht bekommen, und möglicherweise war das da oben auch überhaupt kein Katzenkorb, sondern etwas völlig anderes. Serrano war bereit gewesen, sich so gut wie alles einzureden: gepolsterte Wäschekörbe,

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