Kates Geheimnis
Sandwich, Jill.« Sie zögerte. »Jill? Ich würde ganz gern mitfahren. Bestimmt kann ich mir ein paar Tage frei nehmen. Ich würde dieses Porträt von Kate zu gern einmal sehen.«
Jills Augen weiteten sich. »Das wäre wunderbar!
Ich hätte sehr gern Gesellschaft. Sollen wir mit dem Auto hinfahren?«
»Ich fürchte, das schafft mein Honda nie.«
»Ich kann ein Auto mieten«, bot Jill eifrig an. »Ja, das mache ich gleich morgen.«
Jill wollte gerade zu ihrem Mietwagen, einem blauen, viertürigen Toyota gehen, als sie plötzlich innehielt. Alex stand auf dem Gehweg vor Lucindas 602
Gartentor und sprach mit ihr. Er hatte Jill den Rücken zugewandt - er hatte sie noch nicht entdeckt.
Jill warf die Tür zu, schloss ab und spürte, wie ihr Herz raste. Sie wollte ihn nicht sehen. Und über was unterhielten sich die beiden? Sie vertraute Lucinda und wusste, dass sie kein Wort darüber verlieren würde, dass sie morgen früh nach Yorkshire fahren würden. Aber was, wenn sie ihm erzählte, was gestern mit ihrer Wohnung passiert war? Wenn sie es ihm in bester Absicht erzählte, weil sie glaubte, dass Alex ihr vielleicht helfen könnte?
In diesem Moment drehte er sich um. Ihre Blicke trafen sich.
Jill rührte sich nicht. Während sie einander anstarrten, erinnerte sie sich an all das, was sie so gern ungeschehen machen wollte - wie er sie an Kates Grab in den Armen gehalten hatte, wie seine starken Hände den Lamborghini steuerten, wie er alles anpackte – entschlossen und wirkungsvoll. Sie erinnerte sich an ihre einzige leidenschaftliche Nacht und an die, die er nach Lady E.s Tod auf ihrem Sofa verbracht hatte.
Jill schloss die Augen und wünschte in diesem Augenblick verzweifelt, dass irgendjemand oder irgendetwas ihr die Antworten geben könnte, die sie brauchte - nicht die Antworten, von denen sie fürchtete, sie schon gefunden zu haben.
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Sie sagte sich, dass sie nicht für eine Minute vergessen durfte, dass er sie hatte bestechen wollen.
Das war eine Tatsache.
Alex sagte etwas zu Lucinda und ging dann zielstrebig auf Jill zu.
»Hi«, sagte er und betrachtete sie forschend.
Jill nickte und versuchte, cool und gelassen zu bleiben. Aber bestimmt konnte er hören, wie laut ihr Herz klopfte.
»Lucinda hat mir erzählt, was gestern Abend passiert ist.« Seine Stimme klang schneidend.
»Warum hast du mich nicht angerufen? Warum hast du nicht die Polizei gerufen?«
Jill fuhr sich über die Lippen. »Ich habe daran gedacht«, sagte sie langsam, »aber ich habe auch daran gedacht, dass dies eine weitere Warnung deiner Familie sein könnte.«
Er erstarrte. Lange Sekunden verstrichen. »Lass uns reingehen und über alles reden.«
»Ich glaube, das war eine weitere Warnung, wie die arme Lady E.« Jill reckte herausfordernd das Kinn.
Alex starrte sie nur an. Seine Augen wirkten sehr dunkel. »Ich hoffe, dass das nicht der Fall ist«, sagte er schließlich.
»Wirklich?«, erwiderte Jill kühl und fragte sich, ob er gerade wütend wurde, und wenn ja, warum? Aber er hatte seine Züge hervorragend unter Kontrolle.
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Sein Gesicht hatte sich ein wenig verfinstert. »Ja, verdammt noch mal.«
Jill zuckte mit den Schultern. Wenn er nur absolut aufrichtig zu ihr wäre. Und dann sah sie aus den Augenwinkeln eine Bewegung vor dem Haus. Sie drehte sich um und keuchte auf, als Sir John sich bei der Haustür niederließ und sie anstarrte. »Sir John!«, rief sie fast ungläubig.
Sie riss ihr Gartentor auf und rannte den Gartenweg entlang, um sich dann langsam den Stufen zu nähern, damit sie ihn nicht verscheuchte. Aber Sir John rührte sich nicht. Jill war noch nie ein Anblick so willkommen gewesen. Sie setzte sich auf die Treppe.
»Dir geht es gut«, flüsterte sie, schwindlig vor Erleichterung.
Zu ihrem Erstaunen stand er auf und kam zu ihr, um seinen anmutigen, silbrigen Körper an ihrem Arm zu reiben.
Augenblicklich hob Jill die Hand, um ihm den Rücken zu streicheln. Er hielt ihn ihr genüsslich entgegen. »Dir geht es wirklich gut«, flüsterte sie wieder, und Tränen nahmen ihr die Sicht.
Sie zog den Kater in ihre Arme, drückte ihn an sich und erwartete, dass er protestieren würde. Das tat er auch. Mit einem leisen Maunzen sprang er herunter, setzte sich aber ein paar Schritte weiter wieder hin und leckte sich zierlich die Schulter.
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Jill wischte sich die Tränen aus den Augen, und ein Schatten fiel über sie. Sie wusste, dass es Alex’
Schatten war. Sie blickte auf.
Er schaute zu ihr
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