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Kates Geheimnis

Kates Geheimnis

Titel: Kates Geheimnis Kostenlos Bücher Online Lesen
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so.« Sie schnippte mit den Fingern und wandte sich abrupt um, wobei sie fast gegen seine Brust gelaufen wäre.
    Jill wich einen Schritt zurück.
    Er sah sie einfach nur forschend an.
    Jill fühlte sich unbehaglich. »Was gefunden?«, versuchte sie abzulenken.
    Diesmal war sein Blick bittend. »Arbeiten wir hier gegen die Uhr?«, fragte er und ging wieder zum Schreibtisch.
    300

    Jill merkte, dass ihr Herz vor Erleichterung klopfte.
    »Nein, natürlich nicht.«
    Plötzlich drehte er sich wieder zu ihr um. »Jill. Ich möchte dir etwas sagen.«
    Sofort wurde sie wieder nervös. »Suchen wir die Briefe.«
    »Weil ich dich mag«, fügte Alex hinzu.
    Ihre Blicke trafen sich, und Jill schaute sofort weg.
    »Hal war schwach«, sagte Alex mit ernster Miene.
    »Ich spreche ungern schlecht von den Toten, und Gott weiß, dass wir Freunde waren, dass wir als kleine Jungen allerhand zusammen angestellt haben und dass er ein gutes Herz hatte. Aber. Und das ist ein großes Aber. Er war durcheinander, unreif und flüchtete sich gern in eine Fantasiewelt. Du hast ihn nur acht Monate gekannt. Ich kannte ihn fast dreiunddreißig Jahre. Es gibt im Leben keine Garantien, Jill. Keine. Und niemand kann dir sagen, was geschehen wird. Die Zukunft entwickelt sich fast nie so, wie du es erwartest. Man sagt doch, das Leben sei eine Reise; und manchmal ist es eben eine verdammte Achterbahnfahrt. «
    »Als ob ich das jetzt nicht auch wüsste«, sagte Jill.
    Sie lächelte nicht. »Mir geht’s gut. Wirklich.« Und wenn es nicht so war, würde es zumindest bald so sein. Das hatte sie sich selbst versprochen.
    Er betrachtete sie genau. Schließlich lächelte er, obwohl ihr Gesicht wie versteinert wirkte. »Du bist 301

    ganz schön zäh. Also, lass uns diese Briefe suchen und eine Familie für dich finden.«
    Jill schaute nun auf seinen Rücken. Seine Wortwahl brachte sie fast zum Weinen. Wusste er überhaupt, was er da gerade gesagt hatte? Sie machte sich wieder daran, die Bücher aus dem Regal zu nehmen, aber ihre ganze Aufmerksamkeit galt dem Mann auf der anderen Seite des Raumes, und sie konnte seine Worte nicht vergessen ... Fantasiewelt ... niemand kann dir sagen, was geschehen wird ... Immer wieder hallte seine Stimme durch ihren Kopf. Schließlich war Jill mit den Büchern fertig und begann, die Fächer unter dem Regal abzusuchen. Sie drehte sich um. Alex steckte bis zu den Ellbogen in Hals Kleidung im Schrank. Aber er drehte den Kopf und ertappte sie dabei, dass sie ihn anstarrte. Keiner von beiden lächelte.
    Jill wandte sich ab. Sie fühlte sich jetzt noch zittriger. Zittriger - und aufgewühlt.
    Sie setzte sich auf den Boden und fuhr mit der Hand über die hölzernen Innenwände des Schränkchens, um sicherzugehen, dass es leer war. Was, wenn sie ihm erlaubte, sich ihr wirklich zu nähern? Wenn sie ihn die Rolle des gesichtslosen Unbekannten spielen ließ?
    Jill wollte sich für diesen Gedanken hassen, über sich selbst schockiert sein. Aber es war so ein verlockender Gedanke, in seine starken Arme zu flüchten, nur für eine einzige Nacht. Sie lächelte bitter. Wem wollte sie etwas vormachen? Es hatte in 302

    ihrem ganzen Leben noch keinen One-Night-Stand gegeben. Hal war sogar erst der zweite Mann gewesen, mit dem sie je geschlafen hatte. Ihr erster Freund war Tänzer gewesen, und sie waren fast vier Jahre zusammen gewesen, als sie noch Teenager waren.
    Sie war mehr als entmutigt. »Alex.« Jill stand auf, als er sich umdrehte, und ihre Blicke trafen sich.
    »Vielleicht sollten wir Feierabend machen.«
    Seine Augen glitten langsam über ihr Gesicht.
    »Gut. Wie wär’s mit einem Schlummertrunk? Du siehst aus, als könntest du einen Drink brauchen.«
    Jill reckte steif das Kinn vor. »Ich denke nicht.«
    Und sie war stolz darauf, sich so vernünftig zu verhalten. Sie schwor sich, dass sie nichts übereilen würde. Nicht heute Abend, nicht morgen, überhaupt nicht.
    »Was ist denn hier los?« Eine Frau keuchte auf.
    Jill fuhr herum. Hals Mutter, Margaret Sheldon, die Countess of Collinsworth, stand in einem roten Kaschmirgewand auf der Schwelle. Ihre Augen waren vor Entsetzen weit aufgerissen. Jill drehte sich der Magen um. Der Abend hatte soeben,
    unfasslicherweise,
    eine Wendung zum
    Allerschlimmsten genommen.
    303

Zehn
    J ill blieb reglos stehen.
    Alex ging zu seiner Tante hinüber. »Tante Margaret, wir wollten dich nicht erschrecken.«
    Margaret war offensichtlich im Begriff gewesen, zu Bett zu gehen. Sie schaute von Alex zu

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