Kates Geheimnis
war, aus einer Mücke einen Elefanten zu machen - sie war die geborene Dramatikerin mit einem zusätzlichen Hang zur Hysterie. »Was ist passiert?«
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»Jillian, ich rufe an, weil gestern früh jemand in deinem Apartment rumgeschnüffelt hat.«
Jill fuhr zusammen. »Was?«
»Ich bin gerade mit Chiron spazieren gegangen, und als ich zurückkam, habe ich gesehen, wie dieser Typ aus deiner Wohnung kam. Das war nicht dein Untermieter, Jill. Ich hab natürlich so getan, als hätt ich nichts gemerkt, und bin schnell in meiner Wohnung verschwunden. Sobald er weg war, bin ich runtergerannt - und hab gesehen, wie er in einem BMW weggefahren ist. Ich hab das halbe Nummernschild erkannt, Jill. Dann bin ich rüber in deine Wohnung. Es sah nicht so aus, als hätte er irgendwas angerührt«, erzählte KC atemlos.
Jill konnte es nicht fassen. »KC, wahrscheinlich war das bloß ein Freund von Joe.« Joe war ihr Untermieter.
»Ich hab mit Joe gesprochen. Er macht sich solche Sorgen. Er sagt, er hat niemandem seinen Schlüssel gegeben. Dieser Typ, Jill, der hat sich so merkwürdig benommen - wie der da rumgeschlichen ist!« Jill stand im Flur und starrte Löcher in die Luft. »Aber das ergibt keinen Sinn«, sagte sie schließlich.
»Jemand ist in meine Wohnung eingebrochen? Aber warum? Es ist ein schäbiges Haus. Ich hab nichts Wertvolles und Joe ist nicht gerade reich.« Joe war ein hoffnungsvoller Jungschauspieler - also Kellner.
»Wahrscheinlich hat er das Schloss geknackt. Ich hab’s mir angeschaut. Jill, das war ein Profi. Das 334
Schloss hat nicht mal einen Kratzer.« Jill hörte an KCs Stimme, dass sie noch etwas sagen wollte. Dann erstarrte sie. Alex hatte gesagt, er könne Schlösser knacken. Dann fühlte sie eine Woge der Erleichterung
- Alex war in London, nicht in New York. Oder?
»Wann ist das passiert?«
»Gestern früh um halb acht.«
Das wäre in Londoner Zeit halb ein Uhr mittags.
Alex war nicht der Einbrecher. Außer, er hatte sich morgens in die Concorde gesetzt und wäre danach sofort zurückgeflogen - um ihr bei der Suche im Haus der Sheldons zu helfen. Aber warum verdächtigte sie Alex? Er hatte keinen Grund, in ihrer Wohnung herumzuschnüffeln. »Das muss ein Irrtum gewesen sein«, sagte sie schließlich. »Ich meine, ich hab nichts Wertvolles, wir wohnen praktisch in einer Müllhalde.
Hat der Typ nach Drogen ausgesehen? Hast du die Polizei gerufen?«
»Hab ich, und sie haben gesagt, dass du selber aufs Revier kommen musst, um Anzeige zu erstatten. Ich hab ihn kaum gesehen, Jill, er hatte den Kopf gesenkt und einen Hut auf. Er war mittelgroß und schlank, und seine Haare waren dunkelbraun, glaube ich. Aber er war ordentlich und nüchtern. Da bin ich mir sicher.«
Jill wusste nicht, was sie davon halten sollte. »Das ist ja abartig«, sagte sie schließlich.
»Jill, das war kein Dieb. Das hat etwas mit deiner Mission zu tun.« Jill erstarrte. » Meine Mission ?«
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»Deine Suche nach der Wahrheit über Kate Gallagher«, sagte KC bestimmt.
»Woher willst du wissen, dass dieser Typ etwas damit zu tun hat?« »Ich fühle es, Jill. Es war so merkwürdig. In dem Moment, als ich ihn gesehen habe, musste ich an sie denken. Nicht an dich - an sie .« Jill schwieg verängstigt und versuchte sich zu sagen, dass sie alles, was KC erzählte, als Unsinn abtun sollte. Aber das konnte sie nicht.
»Du hast in letzter Zeit nichts geträumt, oder?« Sie hörte selbst, wie argwöhnisch sie klang.
»Nein. Ich musste eine große Legung für dich machen.«
Jill erschrak. Eine große Legung bedeutete, dass KC gründlich in die Tarotkarten geschaut hatte. »Du hast mir doch gesagt, dass sich die Karten manchmal irren.«
»Nein. Die Karten irren sich nie. Es ist nur der Leser, der etwas falsch versteht«, gab KC ungeduldig zurück.
»Also, was willst du mir sagen?«, fragte Jill furchtsam.
»Da ist ein Mann, Jill. Er taucht immer wieder auf.
Der König der Schwerter, verkehrt herum. Und er ist sehr wichtig für dich.« »Sehr wichtig«, wiederholte Jill.
»Er ist zusammen mit dem Rad des Schicksals gekommen - und mit den Liebenden«, sagte KC.
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»KC, ich habe nicht vor, mit jemandem etwas anzufangen«, sagte Jill. Und sie dachte nur, wie nahe dran sie gewesen war, mit Alex ins Bett zu hüpfen.
»Auch die Liebenden bedeuten Schicksal. Das heißt nicht, dass du jetzt mit diesem Mann etwas hast, aber das hattest du, in einem früheren Leben. Natürlich könntest du dich in diesem Leben wieder in
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