Katharina von Medici (German Edition)
Hugenotten eine Schlacht zu liefern.
Dies Kolloquium, welches der Eigenliebe der Redner jedweder Partei schmeichelte, das der Salbung eine imposante Zeremonie nachfolgen lassen und den blutigen Teppich dieses begonnenen Religionskrieges erheitern sollte, war in der Guisen sowohl wie in Katharinas Augen völlig zwecklos. Die Katholiken verloren dabei, denn unter dem Vorwande zu konferieren, proklamierten die Hugenotten vor dem Angesichte Frankreichs unter dem Schutze des Königs und seiner Mutter ihre Lehre. Der Kardinal von Lothringen, dem Katharina geschmeichelt hatte, daß die Ketzer dabei durch der Kirchenfürsten Beredsamkeit geschlagen werden würden, ließ seinen Bruder die Einwilligung dazu geben. Für die Königin-Mutter bedeutete das mehr als sechs Friedensmonde.
Ein kleines Ereignis sollte diese Macht, die Katharina so mühselig errichtete, in Frage stellen. Folgende von der Geschichte überlieferte Szene spielte sich am nämlichen Tage ab, wo Genfs Gesandte im Hotel Coligny in der Rue Béthisy anlangten. Bei der Salbung ernannte Karl der Neunte seinen Lehrer Amyot, den er sehr liebte, zum Großalmosenier von Frankreich. In gleicher Weise wurde diese Freundschaft von dem Herzoge von Anjou, Heinrich dem Dritten, Amyots anderem Schüler, geteilt. Während der Reise von Reims nach Paris hörte Katharina diese Neuigkeit von den beiden Gondis.
Sie rechnete mit diesem Amte der Krone, um sich in der Kirche eine Stütze zu verschaffen und um jemanden zu haben, den sie dem Kardinal von Lothringen entgegenstellen könnte und wollte den Kardinal von Tournon damit bekleiden, um an ihm wie an L'Hôpital eine zweite »Krücke« – dieses Wortes bediente sie sich – zu erhalten. Bei ihrer Ankunft im Louvre ließ sie den Lehrer vor sich kommen. Als sie das Mißgeschick sah, welches ihre Politik durch den Ehrgeiz dieses emporgekommenen Schustersohnes traf, war ihr Zorn so groß, daß sie ihm folgende seltsamen Worte sagte, die von einigen Memoirenschreibern wiederholt worden sind:
»Was, ich treibe die Guisen, die Coligny, die Kronfeldherren, das Haus Navarra und den Prinzen von Condé aus dem Bau und sollte nicht mit einem Pfäfflein, wie du eines bist, das nicht genug hat am Bistum Auxerre, fertig werden?«
Amyot entschuldigte sich. Tatsächlich hatte er nichts erbeten, der König bekleidete ihn nach seinem eigenen Gefallen mit diesem Amte, dessen er, ein armer Schulmeister, sich nicht für würdig hielt.
»Sei versichert, Meister,« antwortete Katharina ihm, (so nannten die Könige Karl der Neunte und Heinrich der Dritte diesen großen Schriftsteller) »keine vierundzwanzig Stunden wirst du mehr auf deinen Beinen einherlaufen, wenn du deinen Schüler nicht von seinem Vorhaben abbringst.«
Zwischen dem so unverhüllt angekündigten Tode und dem Verzicht auf das höchste geistliche Amt der Krone entschloß sich der sehr lüstern gewordene Schustersohn, der vielleicht voller Ehrgeiz nach einem Kardinalshut trachtete, sich aufs Hinauszögern zu verlegen; er verbarg sich in der Abtei von Saint-Germain. Als Karl der Neunte bei seinem ersten Mahle Amyot nicht sah, fragte er nach ihm. Irgendein Guisenfreund unterrichtete den König zweifelsohne von allem, was sich zwischen Amyot und der Königin-Mutter zugetragen hatte.
»Was, weil ich ihn zum Großalmosenier ernannt habe, hat man ihn verschwinden lassen?«
In dem heftigen Unwillen, der Kinder überkommt, wenn einer ihrer Launen widersprochen ward, eilte er zu seiner Mutter:
»Madame«, sagt er beim Eintreten, »habe ich nicht in gefälliger Weise die Erklärung signiert, um welche Ihr mich für das Parlament batet, und kraft der Ihr mein Königreich regiert? Habt Ihr mir, als Ihr es mir zeigtet, nicht versprochen, daß mein Wille Eurer sein würde? Und schon erweckt die einzige Gunst, die ich zu verschenken beabsichtige, Eure Eifersucht. Der Kanzler spricht davon, mich mit vierzehn Jahren, also in drei Jahren, für großjährig zu erklären, und Ihr wollt mich wie ein Kind behandeln ... Ich werde, bei Gott, König, wie mein Vater und mein Großvater Könige waren!«
An dem Tone und der Art und Weise, wie diese Worte geäußert wurden, offenbarte sich Katharinen ihres Sohnes wahrer Charakter. Es war wie ein Dolchstich in ihren Busen.
›Zu mir spricht er so, zu mir, die ich ihn zum König gemacht habe!‹ dachte sie.
»Gnädiger Herr«, antwortete sie ihm, »in den jetzigen Zeitläuften ist der Königsberuf recht schwierig, und Ihr kennt die Herren noch nicht, mit
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