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Katharina von Medici (German Edition)

Katharina von Medici (German Edition)

Titel: Katharina von Medici (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Honoré de Balzac
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Völker Getreide zu malen. In den Staaten gibt es Körperschaften, ich aber will dort nur Individuen haben. Die Körperschaften widerstehen allzusehr und sehen da klar, wo die Massen blind sind. Jetzt muß man mit dieser tatkräftigen Doktrin politische Interessen vermengen, die sie konsolidieren und das Materielle meiner Armeen unterhalten. Befriedigt hab ich die Logik haushälterischer Gemüter und den Kopf der Denker durch diesen nackten, beraubten Kult, welcher die Religion in die Welt der Ideen überträgt. Dem Volke habe ich die Vorteile der Abstellung der Zeremonien begreiflich gemacht, dir, Theodor, das Werben um die Interessen. Geht nicht weiter. Alles ist geschehen, alles ist jetzt als Doktrin gesagt; kein Jota soll man mehr hinzufügen! Warum befaßt sich Cameron, jener kleine Gascogner Pfarrer mit Schreiben? ...«
    Calvin, Theodor von Beza und Chaudieu stiegen die Straßen der höhergelegenen Stadt inmitten der Menge hinan, ohne daß die Menge denen, welche die Massen in den Städten entfesselten und Frankreich verheerten, die geringste Aufmerksamkeit schenkte.
    Nach dieser furchtbaren Tirade schritten sie schweigend einher, langten auf dem kleinen Sankt Peterplatze an und wandten sich des Pfarrers Hause zu. Im zweiten Stockwerk dieses kaum berühmten Hauses, von dem auch heute niemand mehr in Genf, wo Calvin übrigens kein Denkmal besitzt, etwas erzählt, bestand seine Wohnung aus drei Zimmern. Sie hatten fichtene Fußböden und waren mit Fichtenholz getäfelt; seitlich von ihnen lagen die Küche und der Dienerin Wohnraum. Wie in den meisten Bürgerwohnungen Genfs trat man durch die Küche ein, die nach einem kleinen zweifenstrigen Saale führte, der als Sprechzimmer, als Wohnraum und Speisegemach diente. Das Arbeitszimmer, wo seit vierzehn Jahren sich Calvins Gedanken mit seinen Schmerzen stritten, folgte dann; daran stieß das Schlafgemach. Vier eichene mit Teppichstoff bezogene Stühle, die um einen viereckigen Tisch herum standen, bildeten den ganzen Hausrat des Sprechzimmers. Ein weißer Kachelofen in einer der Zimmerecken spendete eine milde Wärme. Eine Verkleidung aus natürlichem Fichtenholz ohne irgendwelchen Zierat zog sich die Mauern entlang. So stand die Kahlheit der Räumlichkeiten in Einklang mit des Reformators nüchternem und einfachem Leben.
    »Nun,« begann Béza beim Eintreten – er benutzte den Augenblick, wo Chaudieu sie allein gelassen hatte, um die beiden Pferde in einer benachbarten Herberge unterzubringen – »Was soll ich tun? Nehmt Ihr das Kolloquium an?«
    »Sicherlich«, sagte Calvin. »Ihr, mein Kind, habt dort zu kämpfen. Seid scharf, absolut. Niemand, weder die Königin, noch die Guisen, noch ich will einen Frieden daraus entstehen lassen, der uns ja nicht zusagt. Vertrauen habe ich zu Duplessis-Mornay, man muß ihm die erste Rolle überlassen. Wir sind allein«, sagte er, einen mißtrauischen Blick in die Küche werfend, deren Tür halboffen stand und wo auf einem Strick zwei aufgehängte Hemden und einige Kragen trockneten. – »Nun«, fuhr er fort, als Theodor die Türen geschlossen hatte, »man muß den König von Navarra dahinbringen, daß er sich mit den Guisen und dem Konnetabel verbindet, indem man ihm die Königin Katharina von Medici aufzugeben rät. Ziehen wir jeden Vorteil aus der Schwäche dieses traurigen Krippensetzers. Wenn er der Italienerin den Laufpaß gibt, wird sie sich bar dieser Stütze notgedrungen mit dem Prinzen von Condé und mit Coligny verbinden. Vielleicht kompromittiert sie dies Manöver so sehr, daß sie uns bleiben wird ...«
    Theodor von Béza hob Calvins Rocksaum auf und küßte ihn.
    »O, mein Meister,« sagte er, »Ihr seid groß!«
    »Ich sterbe leider, lieber Theodor. Wenn ich stürbe, ohne dich wiederzusehen«, flüsterte er seinem Minister für auswärtige Angelegenheiten ins Ohr, »denk daran, durch einen unserer Märtyrer etwas Großes ausführen zu lassen!...«
    »Noch einen Minard töten?«
    »Etwas Besseres als einen Robenträger.«
    »Einen König?«
    »Noch mehr! Einen Mann, der einer werden will.«
    »Den Herzog von Guise!« schrie Theodor, der sich zu einer abwehrenden Handbewegung hinreißen ließ.
    »Nun wohl«, rief Calvin, der Ablehnung oder Widerstreben zu bemerken glaubte und den Prediger Chaudieu nicht hereinkommen sah. »Haben wir nicht das Recht zu schlagen, wie man uns schlägt? Ja, im Dunkeln und in der Stille. Können wir Wunden nicht mit Wunden heimzahlen, Tod nicht mit Tod? Lassen die Katholischen sich

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