Katharina von Medici (German Edition)
hatte als erster den Gedanken, Katharina von Medicis Palast mit dem Louvre durch jene unvollendeten Galerien, deren kostbare Skulpturen sehr vernachlässigt sind, zu verbinden. Wenn auch weder ein Plan von Paris unter Karl dem Neunten, noch Heinrichs des Dritten und Vierten Initialen, existierten, würde doch der Architekturunterschied allein diese Verleumdung grausam Lügen strafen. Die Bogenrundungen mit kleinen gewundenen Verzierungen des Hotels de la Force und dieses Louvreteils zeigen aufs deutlichste den Übergang der sogenannten Renaissancearchitektur zur Architektur unter Heinrich dem Dritten, Heinrich dem Vierten und Ludwig dem Dreizehnten. Diese archäologische Abschweifung, die übrigens im Einklange steht mit den Gemälden, die diese Novelle eröffnen, erlaubt einem die wahre Physiognomie jenes anderen Pariser Winkels zu erkennen, von welchem nur mehr dieser Louvreteil vorhanden ist, dessen wundervolle Basreliefs von Tag zu Tage ihrem Untergange mehr entgegengehen.
Als der Hof hörte, daß die Königin den vom Admiral Coligny vorgestellten Theodor von Béza und Chaudieu eine Audienz erteilen wollte, eilten alle Höflinge, die ein Recht hatten, den Audienzsaal zu betreten, dorthin, um Zeugen dieser Zusammenkunft zu sein. Es war gegen sechs Uhr abends. Der Admiral hatte gerade gespeist und stocherte in seinen Zähnen herum, als er zwischen beiden Reformierten die Louvretreppen hinanstieg. Die Benutzung des Zahnstochers war beim Admiral zur unfreiwilligen Gewohnheit geworden; er säuberte sein Gebiß selbst inmitten einer Schlacht, wenn er einen Rückzug anzutreten gedachte. »Mißtraut des Admirals Zahnstocher, dem Nein des Konnetabels und Katharinas Ja«, war ein Sprichwort zu jenen Zeiten bei Hofe. Während der Bartholomäusnacht machte der Pariser Mob auf Colignys Leiche, die man drei Tage über auf dem Galgenberge hängen ließ, ein grausiges Epigramm, indem er ihr einen riesigen Zahnstocher in den Mund steckte. Die Chronisten haben diesen grausamen Scherz aufgezeichnet. Solch kleines Geschehnis inmitten einer großen Katastrophe ist übrigens bezeichnend für den Pariser, welcher der scherzhaften Travestie des Boileauschen Verses durchaus würdig ist:
Böse, wie er geboren, erschuf der Franzose das Fallbeil.
Zu allen Zeiten hat der Pariser vor, während und nach den gräßlichsten Revolutionen Späße gerissen.
Theodor von Béza war wie ein Höfling gekleidet: er trug schwarzseidene Beinkleider, durchbrochene Schuhe, ein schwarzseidenes Schlitzenwams und einen kleinen schwarzen Sammetmantel, von welchem eine schöne weiße Röhrenkrause sich lebhaft abhob, trug einen Schnurrbart und eine kleine Fliege, führte den Degen an der Seite und hielt einen Stock in der Hand. Jedweder, der die Versailler Galerien oder die Odieuvresche Sammlung besieht, erkennt sein rundes, fast joviales Gesicht mit den lebhaften Augen, das gekrönt wird von jener durch ihre Breite bemerkenswerte Stirne, welche Schriftsteller und Dichter jener Zeit charakterisiert. Béza besaß, was ihm sehr nützte, eine verbindliche Miene. Er kontrastierte stark mit Colignys Erscheinung, dessen finsteres Aussehen allgemein bekannt ist, und dem rauhen und galligen Chaudieu, der die Predigertracht und die calvinistischen Beffchen beibehielt. Was zu unseren Zeiten in der Deputiertenkammer vor sich geht und was zweifelsohne im Konvent vor sich ging, kann es einem verständlich machen, wie an diesem Hofe und zu dieser Epoche sich Leute, die sich sechs Monde später bis aufs Messer befehden und blutig bekriegen sollten, begegnen, höfisch miteinander reden und scherzen konnten. Als Coligny den Saal betrat, kamen Birago, der kaltherzig zur Sankt Bartholomäusnacht raten sollte, und der Kardinal von Lothringen, der seinem Diener Besme den Befehl zu erteilen vermochte, den Admiral ja nicht zu verfehlen, ihm entgegen, und der Piemontese sagte lächelnd zu ihm:
»Nun, mein lieber Admiral, Ihr nehmt es also auf Euch, die Genfer Herren hier vorzustellen?«
»Mir macht Ihr vielleicht ein Verbrechen daraus,« antwortete scherzend der Admiral, »während, wenn man es Euch aufgetragen hätte, Ihr Euch ein Verdienst draus machen würdet.«
»Ehren-Calvin, heißt es, sei sehr krank«, fragte der Kardinal von Lothringen Theodor von Béza. »Hoffentlich verdächtigt man uns nicht, ihm Gift beigebracht zu haben?«
»Oh, gnädiger Herr, Ihr würdet zuviel dabei verlieren!« antwortete Béza fein.
Der Herzog von Guise, der Chaudieu mit den Augen maß,
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