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Katharina von Medici (German Edition)

Katharina von Medici (German Edition)

Titel: Katharina von Medici (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Honoré de Balzac
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eine Gelegenheit entgehen, um uns Schlingen zu legen und uns niederzumetzeln? Ich rechne sehr damit! Brennt ihre Kirchen nieder, meine Kinder. Wenn Ihr ergebene junge Männer habt...«
    »Ich habe einen«, sagte Chaudieu.
    »Bedient Euch ihrer als Kriegsmaschinen... Unser Triumph läßt alle Mittel zu. Gleich mir ist der Balafré, jener schreckliche Soldat, mehr als ein Mensch; er ist eine Dynastie, wie ich ein System bin, er ist imstande, uns den Garaus zu machen. In den Tod also mit dem Lothringer!«
    »Ich möchte lieber einen friedlichen Sieg sehen, der mit der Zeit und durch die Vernunft herbeigeführt würde«, sagte Béza.
    »Mit der Zeit?« schrie Calvin, seinen Stuhl auf die Erde schleudernd, »durch Vernunft? Aber seid Ihr denn verrückt? Die Vernunft! Eine Eroberung machen? Also nichts versteht Ihr von den Menschen, Ihr, der Ihr Euch mit ihnen abgebt, dummer Tropf! Was meiner Lehre schadet, dreifacher Alberjahn, ist, das man ihr mit Vernunft beikommen kann. Bei Sankt Pauli Blitz, bei des Tapfern Degen seht Ihr, Theodor, mit Eurem Kürbisschädel denn nicht, wieviel meine Reformation durch das Amboiser Gemetzel an Kraft gewonnen hat? Ideen sprießen nur, wenn sie mit Blut begossen werden! Der Mord an dem Herzog von Guise würde Ursache zu einer schrecklichen Verfolgung sein und sehnlichst verlange ich nach der! Unsere Niederlagen taugen mehr als Erfolge! Die Reformation kann es sich leisten, sich schlagen zu lassen, versteht Ihr das denn nicht, Ihr dünkelhafter Tropf? Während der Katholizismus verloren ist, wenn wir eine einzige Schlacht gewinnen. Was aber sind meine Stellvertreter? Schmutzlumpen statt Menschen! Zweibeinige Kaldaunensäcke, getaufte Paviane. O mein Gott, wirst du mir noch zehn Lebensjahre schenken! Wenn ich zu früh sterbe, ist die Sache der wahren Religion mit solchen Lümmeln verloren! Ebenso dumm bist du wie Anton von Navarra! Geh, laß mich, ich will einen besseren Unterhändler haben! Du bist nur ein Esel, ein Zieraffe, ein Dichter. Mach Catullerien, Tibulliaden, Akrostichen! Los!«

Die Blasenschmerzen waren völlig vom Feuer dieses Zornes gebändigt worden. Die Gicht schwieg vor solch schrecklicher Erregung. Wie ein Himmel bei Sturm war Calvins Antlitz purpurgeflammt. Seine rote Stirn glänzte, seine Augen sprühten Feuergarben. Er war sich nicht mehr ähnlich. Er überließ sich jener gewissen epileptischen Wut, die ihm zu eigen war. Vom Schweigen seiner beiden Zuhörer aber ergriffen und Chaudieu bemerkend, der Béza etwas vom feurigen Busch zu Horeb zuflüsterte, setzte sich der Pfarrer nieder, schwieg und bedeckte sich das Gesicht mit seinen beiden, von Gichtknoten entstellten Händen, die trotz ihrer Dicke krampfhaft zuckten.
    Einige Augenblicke später, noch den letzten Erschütterungen des durch sein keusches Leben erzeugten jähen Wutschauers als Beute ausgeliefert, sagte er mit bewegter Stimme zu ihnen:
    »Meine Fehler, die zahlreich sind, zu bändigen, kostet mich weniger Kraft, als meine Ungeduld zu zähmen. O, wütiges Tier, werd ich dich niemals besiegen?« fügte er, sich vor die Brust schlagend, hinzu.
    »Mein lieber Meister,« sagte Beza mit einschmeichelnder Stimme, Calvins Hand ergreifend und küssend, »Jupiter donnert, weiß aber auch zu lächeln.«
    Calvin betrachtete seinen Schüler mit besänftigtem Auge und sagte zu ihm:
    »Versteht mich recht, meine Freunde.«
    »Ich verstehe, daß der Völker Hirten schreckliche Bürden zu tragen haben«, antwortete Theodor.
    »Ihr tragt eine Welt auf Euren Schultern.«
    »Ich habe,« erklärte Chaudieu, den des Meisters heftiger Verweis stutzig gemacht hatte, »ich habe drei Märtyrer, auf die wir rechnen können. Stuart, der den Präsidenten tötete, ist frei...«
    »Ein Irrtum«, sagte Calvin sanft und lächelnd, wie alle großen Menschen, die auf trübes heitres Wetter auf ihrem Gesichte folgen lassen, wie wenn sie sich schämten, daß dort Sturm geherrscht. »Ich kenne die Menschen. Einen Präsidenten tötet man, nicht aber ihrer zwei.«
    »Ist es denn durchaus notwendig?« fragte Béza.
    »Schon wieder?« entgegnete Calvin, seine Nüstern blähend. »Haltet ein; laßt mich, Ihr versetzt mich wieder in Wut. Geht mit meinem Bescheid. Du, Chaudieu, gehe deines Weges und halte deine Pariser Herde in Schach. Gott möge Euch leiten! Dinah!... leuchtet meinen Freunden.«
    »Erlaubt Ihr mir nicht, Euch zu umarmen?« sagte Theodor gerührt. »Wer von uns kann wissen, was ihm morgen zustößt? Trotz aller Geleitsbriefe können

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