Katharina von Medici (German Edition)
Kronfeldherr, »ich will nichts damit zu schaffen haben.«
»Wie fangt Ihr es an, daß Eure Sekretäre so charakterfest sind?« sagte die Königin, Chaudieu einige Schritte beiseite führend. »Meines Kürschners Sohn hat sich als erhaben bewiesen ...«
»Wir haben den Glauben«, sagte Chaudieu.
In diesem Augenblick zeigte der Saal das Bild belebter Gruppen, in welchen die Frage dieser Versammlung behandelt wurde, die nach der Königin Worte bereits den Namen Kolloquium von Poissy angenommen hatte. Katharina blickte Chaudieu an und vermochte ihm zu sagen:
»Ja, ein neuer Glaube!«
»Ach, gnädige Frau, wenn Ihr nicht verblendet wäret durch Eure Verbindungen mit der römischen Kurie, würdet Ihr sehen, daß wir zur wahren Lehre Jesu Christi zurückgreifen, welche uns allen, da sie die Seelengleichheit weiht, gleiche Rechte auf Erden gibt.«
»Ihr haltet Euch für Calvins gleichen?« fragte die Königin fein. »Geht, nur vor der Kirche sind wir alle gleich. Doch, wahrlich die Bande zwischen Volk und Thronen auflösen? Nicht nur Ketzer seid Ihr, Ihr empört Euch auch wider den dem Könige gebührenden Gehorsam, indem Ihr Euch von dem dem Papste zukommenden frei macht.«
Sie verließ ihn jählings und kehrte zu Theodor von Béza zurück.
»Ich zähle auf Euch, mein Herr,« sagte sie zu ihm, »für dies Kolloquium der Gewissen. Laßt Euch alle Zeit.«
»Ich glaubte,« sagte Chaudieu zum Prinzen von Condé, zum Könige von Navarra und dem Admiral von Coligny, »Staatsgeschäfte würden ernsthafter betrieben.«
»Oh, wir alle wissen ganz genau, was wir wollen«, erklärte der Prinz von Condé, der einen feinen Blick mit Theodor von Béza wechselte.
Der Bucklige verließ seine Anhänger, um zu einem Stelldichein zu eilen. Der große Prinz von Condé, dies Parteihaupt, war einer der glücklichsten Galane des Hofes. Die beiden schönsten Frauen der Zeit machten sich ihn mit einer solchen Erbitterung streitig, daß die Marschallin von Saint-André, die Frau eines künftigen Triumvirs, ihm ihr schönes Besitztum Saint-Valéry schenkte, um über die Herzogin von Guise, das Weib des Mannes obzusiegen, der unlängst seinen Kopf auf einem Schafotte herunterhauen lassen wollte. Da sie den Herzog von Nemours nicht von seiner Liebschaft mit Fräulein von Rohan abbringen konnte, liebte sie währenddessen der Reformierten Anführer.
»Ganz anders sind die Menschen hier als in Genf«, sagte Chaudieu auf der kleinen Louvrebrücke zu Theodor von Béza.
»Die hier sind munterer, drum kann ich mir nicht erklären, warum sie so verräterisch sind«, antwortete ihm Theodor von Béza.
»Verräterisch, verräterisch und zwar ganz gehörig«, flüsterte Chaudieu Theodor ins Ohr. »Ich habe in Paris Heilige, auf die ich mich verlassen kann. Und Calvin will ich zum Propheten machen. Christoph soll uns von dem gefährlichsten Feinde befreien.«
»Die Königin-Mutter, für welche der arme Teufel die peinliche Frage erlitten, hat ihn bereits ohne irgendwelche Schwierigkeiten zum Parlamentsadvokaten ernennen lassen, und Advokaten sind verräterischer als Mörder. Denkt an Avenelles, der die Geheimnisse unseres ersten Zu-den-Waffen-Greifens verkaufte.«
»Christoph kenn ich«, sagte Chaudieu mit überzeugter Miene, den Gesandten Genfs verlassend.
Einige Tage nach dem Empfange der heimlichen Gesandten Calvins bei Katharina gegen Ende des nämlichen Jahres, denn damals begann zu Ostern das Jahr – der heutige Kalender ward erst unter Karls des Neunten Regierung eingeführt – ruhte Christoph noch in einem Sessel in der Kaminecke, von wo aus er den Fluß überblicken konnte, in jenem großen, für das Familienleben bestimmten Saale, in welchem dies Drama begann. Seine Füße hatte er auf einen Schemel gelegt. Mademoiselle Lecamus und Babette Lallier hatten gerade die Umschläge erneuert, die mit einer von Ambrosius gebrachten Flüssigkeit getränkt wurden. Dem war Christophs Pflege von Katharinen anbefohlen. Als der Jüngling einmal von seiner Familie zurückerobert worden war, ward er Gegenstand aufopferndster Sorgfalt. In ihres Vaters Auftrage erschien Babette allmorgendlich und verließ das Haus Lecamus erst am Abend. Vor Christoph erstarben die Lehrlinge in Bewunderung. Geschichten, die ihn mit geheimnisvoller Poesie umgaben, machten über ihn im ganzen Stadtviertel die Runde. Er hatte die Marter erlitten, und der berühmte Ambrosius Paré wandte seine ganze Kunst auf, um ihn zu retten. Was hatte er getan, um solcher sorgsamer
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