Katharina von Medici (German Edition)
besaß wie die Damen ihres Hofes, daß sie, obwohl sie von mittlerer Größe war, eine sehr schöne Figur hatte, stellte bei Hofe wenig vor. Da aber des Königs Zustand ihr erlaubte, sich ihrem doppelten Schmerze hinzugeben, verstärkte ihr Gebaren die düstere Farbe des Gemäldes, dem eine junge Königin, die minder grausam als sie getroffen gewesen wäre, lichte Farben hätte verleihen müssen. Die fromme Elisabeth spürte in diesem Augenblicke, daß Eigenschaften, welche Frauen gewöhnlichen Standes in hellstes Licht setzen, einer Souveränin verhängnisvoll werden können. Eine Fürstin, welche nachts über mit anderen Dingen als ihren Gebetbüchern beschäftigt gewesen wäre, würde für Karl den Neunten eine nützliche Zuflucht bedeutet haben, der weder an seiner Frau noch an seiner Geliebten eine Stütze fand.
Was die Königin-Mutter anlangte, so beschäftigte sie sich mit dem Könige, der während des Essens von heiterster Laune gewesen war, die sie als erzwungen erkannte und die einen wider sie geschmiedeten Plan verbergen mußte. Solch plötzliche Ausgelassenheit stach zu lebhaft von der Anspannung der geistigen Kräfte ab, die er nur schwer hinter seiner ewigen Jagdleidenschaft und der wahnsinnigen Arbeit am Schmiedeofen verbarg, wo er Eisen zu ziselieren liebte, als daß Katharina sich dadurch hätte täuschen lassen. Ohne erraten zu können, welcher Staatsmann sich zu solchen Unterhandlungen und Vorbereitungen hergäbe, denn Karl der Neunte führte die mütterlichen Spione auf falsche Spuren, zweifelte Katharina nicht daran, daß sich irgendein Plan gegen sie vorbereite. Kraft ihrer Kombinationen stand Katharina über allen Zufälligkeiten; gegen plötzliche wilde Gewalt aber vermochte sie nichts. Da viele Leute nichts von dem Zustande wissen, in dem sich die Angelegenheiten befanden, die durch die verschiedenen Parteien, welche Frankreich in Aufregung hielten, so kompliziert wurden – verfolgten deren Häupter doch ihre besonderen Interessen – muß man notgedrungen mit wenigen Worten die gefährliche Krise schildern, in welche die Königin-Mutter geraten war. Katharina von Medici hier in einem neuen Lichte zeigen, hieße übrigens den Kernpunkt dieser Novelle vorwegnehmen. Zwei Worte erklären das Wollen dieser Frau, die zu studieren so anziehend ist, und deren Einfluß so starke Spuren in Frankreich hinterließ. Diese beiden Worte heißen Herrschaft und Astrologie. Maßlos ehrgeizig wie sie war, besaß Katharina von Medici keine andere Leidenschaft als die der Macht. Abergläubisch und fatalistisch, gleich anderen hervorragenden Menschen, glaubte sie aufrichtig nur an die okkulten Wissenschaften. Läßt man dies beides außer acht, bleibt sie immer unbegreiflich. Wenn man ihrem Glauben an die Astrologie den Vortritt läßt, fällt das Licht auf die beiden philosophischen Persönlichkeiten dieser Novelle.
Einen Mann gab es, von dem Katharina mehr hielt als von ihren Kindern, dieser Mann war Kosmus Ruggieri. Er hauste in ihrem Hotel Soissons, sie hatte ihn zu ihrem ersten Berater gemacht, der beauftragt war, ihr zu melden, ob die Gestirne Ansichten und gesunden Menschenverstand ihrer üblichen Ratgeber gut hießen. Interessante Präzedenzfälle rechtfertigten die Herrschaft, welche Ruggieri bis zum letzten Augenblick über seine Herrin ausübte.
Einer der weisesten Männer des sechzehnten Jahrhunderts war sicherlich der Arzt Lorenzos von Medici, des Herzogs von Urbino und Katharinas Vaters. Dieser Arzt ward Ruggiero der Alte genannt (vecchio Ruggier und Roger der Alte hieß er bei den französischen Schriftstellern, die sich mit Alchemie befaßten), um ihn von seinen beiden Söhnen, von Lorenz Ruggiero, welcher von kabbalistischen Schriftstellern der Große genannt wird, und von Kosmus Ruggiero, Katharinas Astrologen, zu unterscheiden, der bei mehreren französischen Historikern ebenfalls Roger heißt. Gebräuchlicher ist es geworden sie Ruggieri zu nennen, wie man Katharina auch besser von Medicis statt von Medici nennt. Ruggieri der Alte also war so angesehen im Hause Medici, daß die beiden Herzöge Kosmus und Lorenz Paten seiner beiden Kinder wurden. Zusammen mit dem berühmten Mathematiker Bazile stellte er in seiner Eigenschaft als Mathematiker, Astrolog und Arzt des Hauses Medici – drei Berufe, die oft Hand in Hand gingen, – Katharinas Nativitätsthema. Zu jener Epoche wurden die okkulten Wissenschaften mit einem Eifer gepflegt, der die ungläubigen Gemüter unseres so außergewöhnlich
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