Katharina von Medici (German Edition)
dem Namen des ihr Beistand leistenden Prälaten. Man sagte ihr, er heiße Saint-Germain.
»Ich bin verloren!« schrie sie.
Anderen Morgens starb die Königin, nachdem sie übrigens die Zahl der Lebensjahre erreicht hatte, die ihr alle ihre Horoskope zubilligten.
Diese Voraussage –sie war dem Kardinal von Lothringen bekannt, und er hielt sie für Zauberei – verwirklichte sich heute. Franz der Zweite hatte nur seine beiden Raddrehungen regiert und Karl der Neunte vollendete in diesem Augenblick seine letzte Drehung. Wenn Katharina ihrem nach Polen aufbrechenden Sohne Heinrich die seltsamen Worte: »Ihr werdet bald wiederkommen«, zurief, muß man sie ihrem Glauben an die okkulten Wissenschaften und nicht ihrem Plane, Karl den Neunten vergiften zu wollen, zuschreiben.
Margarete von Frankreich war Königin von Navarra, Elisabeth Spanierkönigin und der Herzog von Anjou König von Polen.
Viele andere Umstände bestärkten Katharinen in ihrem Glauben an die okkulten Wissenschaften. Am Abend vor dem Turniere, auf welchem Heinrich der Zweite tödlich verwundet ward, sah Katharina diesen verhängnisvollen Lanzenstoß im Traume. Ihr astrologischer Rat, der sich aus Nostradamus und den beiden Ruggieri zusammensetzte, hatte ihr des Königs Tod vorausgesagt. Die Historie weiß von den inständigen Bitten zu berichten, die Katharina tat, um Heinrich den Zweiten zu verpflichten, nicht in die Schranken zu gehen. Die Vorhersagung und der durch die Vorhersagung erzeugte Traum gingen in Erfüllung. Die Memoiren der Zeit berichten ein nicht minder seltsames Ereignis. Der Kurier, der den Sieg von Montcontour meldete, langte zur Nachtzeit an, nachdem er so wild drauflosgeritten war, daß drei Pferde tot unter ihm zusammengebrochen waren. Man weckte die Königin-Mutter, die da erklärte: Ich wußte es. Tatsächlich hatte sie am Vorabend, sagt Brantôme, ihres Sohnes Triumph und einige Einzelheiten der Schlacht geschildert. Der Astrolog des Hauses Bourbon erklärte, daß der Nachfahre so vieler, vom heiligen Ludwig abstammenden Fürsten, daß Anton von Navarras Sohn König von Frankreich sein würde. Diese von Sully überlieferte Vorhersagung ging genau nach den Terminen des Horoskops in Erfüllung, was Heinrich den Vierten zu dem Ausspruch hinriß, daß diese Leute mit ihren vielen Lügen manchmal auch die Wahrheit träfen.
Wie dem auch sein möge, wenn die meisten klugen Köpfe jener Zeit an die von den Meistern der Astrologie Magie und vom Publikum Zauberei genannte vielseitige Wissenschaft glaubten, so wurden sie durch die Erfolge der Horoskope dazu ermächtigt. Für Kosmus Ruggieri, ihren Mathematiker, ihren Astronomen, ihren Zauberer, wenn man will, ließ Katharina die an die Getreidehalle sich anlehnende Säule errichten, die einzige Spur, welche vom Hotel Soissons übrigblieb. Kosmus Ruggieri besaß wie die Beichtiger einen geheimnisvollen Einfluß, mit dem er sich wie jene zufrieden gab. Er nährte übrigens einen geistigen Ehrgeiz, welcher dem gewöhnlichen Ehrgeiz sehr überlegen ist. Dieser Mann, den die Romanschriftsteller und Dramenschreiber als einen Taschenspieler schildern, besaß die reiche Abtei Saint-Mahé in der Niederbretagne und hatte hohe geistliche Würden abgelehnt. Das Gold, das ihm die abergläubischen Leidenschaften jener Epoche in Fülle zuwendeten, genügte ihm für sein heimliches Unterfangen, und der Königin Hand, die über seinem Haupte ausgestreckt war, sorgte dafür, daß ihm auch nicht ein Haar gekrümmt ward.
Was den Durst nach Herrschaft anlangt, der Katharinen verzehrte, so war ihre Lust, Macht zu erobern, so groß, daß sie sich, um sie zu erhaschen, mit den Guisen, des Thrones Feinden, verbündete. Und um die Staatszügel in der Hand zu behalten, benutzte sie jedes Mittel, indem sie ihre Freunde, ja selbst ihre Kinder opferte. Diese Frau konnte nur in Herrscherintrigen leben, wie ein Spieler nur in den Aufregungen des Spieles lebt. Wiewohl sie Italienerin und der wollüstigen Familie der Medici entsprossen war, konnten die Calvinisten, die sie so sehr verleumdet haben, nicht einen einzigen Liebhaber bei ihr entdecken. Als eine Bewunderin der Maxime: Trennen, um zu regieren, hatte sie seit zwölf Jahren gelernt, ständig eine Macht der anderen entgegenzustellen. Sobald sie den Staatszügel in die Hand nahm, sah sie sich gezwungen Zwietracht zu unterhalten, um die Kräfte der beiden rivalisierenden Häuser zu neutralisieren und die Krone zu retten. Dies notwendige System hat Heinrichs des
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