Katharina von Medici (German Edition)
Lebensperiode an, wo schöne Gefühle in Blüte stehen: sie betete den König um seiner selbst willen an. Erschreckt über den Abgrund, in welchen der Ehrgeiz die Herzogin von Valentinois (die bekannter ist unter dem Namen Diana von Poitiers) gestürzt hatte, hegte sie zweifelsohne Angst vor der Königin Katharina und zog ein stilles Glück dem Glanze vor. Vielleicht urteilte sie, daß zwei so junge Liebende wie sie und der König nicht wider die Königin-Mutter zu kämpfen vermöchten. Im übrigen war Marie Touchet, einzige Tochter des Johann Touchet, Herrn von Beauvais und du Quillard, königlichen Rats und Statthalters der Orleanser Ballei, da sie zwischen Bürgertum und niedrigem Adel stand, weder vollkommen adlig noch völlig bürgerlich und konnte nicht wissen, nach welchem Ende der angeborene Ehrgeiz der Pisseleu und der Saint-Vallier zielte, die als vornehme Mädchen mit den heimlichen Waffen der Liebe für ihre Familien stritten. Marie Touchet stand allein, hatte keine Familie und ersparte es Katharinen von Medici, in ihres Sohnes Geliebten einem Mädchen aus großem Hause zu begegnen, die sich wie eine Nebenbuhlerin würde aufgeführt haben. Johann Touchet war einer der Schöngeister der Zeit, dem manche Dichter ihre Werke widmeten, und wollte nichts bei Hofe vorstellen. Marie, ein junges Mädchen ohne Anhang, das ebenso geistreich und unterrichtet, wie einfach und naiv war, dessen Wünsche der königlichen Macht gegenüber harmlos sein mußten, paßte der Königin-Mutter durchaus, die ihr denn auch die größte Liebe entgegenbrachte. Tatsächlich ließ Katharina den Sohn, welchen Marie Touchet im Aprilmonate geboren hatte, vom Parlament anerkennen und erlaubte, daß er den Namen Graf von Auvergne annahm, indem sie Karl den Neunten wissen ließ, daß sie ihm ihre Grundeigentümer, die Grafschaften Auvergne und Lauraguais, testamentarisch hinterlassen würde. Später, als Margarete, die anfängliche Königin von Navarra, Königin von Frankreich ward, focht sie diese Schenkung an und das Parlament annullierte sie; noch später aber entschädigte Ludwig der Dreizehnte aus Ehrfurcht vor dem Blute der Valois den Grafen von Auvergne mit dem Herzogtume Angoulême. Der Marie Touchet, die nichts verlangte, hatte Katharina bereits die Herrschaft Belleville zum Geschenk gemacht. Das war ein titelloser Besitz in nächster Nähe von Vincennes, wohin die Geliebte sich begab, wenn der König nach der Jagd im Schlosse schlief. In dieser düsteren Festung brachte Karl der Neunte den größten Teil seiner letzten Tage zu, und einigen Schriftstellern nach endigte er dort sein Leben, wo Ludwig der Zwölfte seines begonnen hatte. Wiewohl es sehr natürlich für einen so ernstlich verliebten Liebhaber war, an eine vergötterte Frau neue Liebesbeweise zu verschwenden, wenn es legitime Treulosigkeit wettzumachen gilt, vertrat Katharina, nachdem sie ihren Sohn in der Königin Bett gestoßen hatte, Marie Touchets Sache, wie die Frauen etwas zu betreiben pflegen, und warf den König in seiner Geliebten Arme zurück. Alles, was Karl den Neunten außerhalb der Politik beschäftigte, ging von Katharina aus. Die guten Absichten, die sie für dies Kind bekundete, täuschten Karl den Neunten noch einen Augenblick; bald aber fing er an, in ihr eine Feindin zu sehen. Die Gründe, welche Katharinen von Medici in diese Angelegenheit handelnd eingreifen ließen, entgingen also Donna Isabels Blicken, die nach Brantômes Urteil eine der sanftesten Königinnen war, die jemals regiert haben, die niemandem wehe tat oder Unannehmlichkeiten bereitete und selbst ›ihre Gebete im geheimen las‹. Diese lautere Fürstin sah allmählich die Abgründe, die um einen Thron herum klaffen; und das war eine furchtbare Entdeckung, die ihr wohl einigen Schwindel bereiten konnte. Noch schrecklicheren mußte sie späterhin empfunden haben; denn als eine ihrer Damen bei des Königs Tode äußerte, daß sie, wenn sie einen Sohn hätte, jetzt Königin-Mutter und Regentin sein würde, konnte sie antworten:
»Ach, loben wir Gott, daß er mir keinen Sohn geschenkt. Was würde sonst geschehen? Dem armen Kinde hätte man alles genommen, wie man ja auch dem Könige, meinem Gatten, alles nehmen wollte; und ich wäre die Ursache dazu gewesen... Gott hat Mitleid mit dem Staate gehabt und hat alles zum Besten gekehrt.«
Diese Fürstin, deren Gemälde Brantôme geliefert zu haben meint, wenn er sagt, daß sie eine sehr angenehme und ebenso schöne und zarte Gesichtsfarbe
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