Katharina von Medici (German Edition)
Dunkelheit ist ja so groß, daß kürzlich ernste und gewissenhafte Historiker Montecuculis Unschuld anzunehmen vermochten.
Offiziell erfuhr Katharina aus des Papstes Munde nun, welchen Ehebund sie eingehen sollte. Nur mit großer Mühe hatte der Herzog von Albany es durchsetzen können, daß der König von Frankreich sein Versprechen, Katharinen seines zweiten Sohnes Hand zu geben, hielt. Auch war Clemens' Ungeduld so groß, er hatte eine solche Angst, seine Pläne, sei es durch eine kaiserliche Intrige, sei es durch die Verachtung Frankreichs, wo die Großen des Reiches mit schelem Auge auf diese Heirat blickten, durchkreuzt werden zu sehen, daß er sich auf der Stelle einschiffte und nach Marseille wandte. Um zu zeigen, bis zu welcher Höhe diese Bankiers ihren Luxus hinaufschraubten, möge die Bemerkung dienen, daß die vom Papste in die Hochzeitsbörse gesteckten zwölf Goldstücke in Medaillen von unschätzbarem historischen Werte bestanden, unschätzbar, weil sie damals schon Unika waren. Franz der Erste aber, der Glanz und Feste liebte, ließ sich bei dieser Gelegenheit auch nicht lumpen. Heinrichs von Valois und Katharinas Hochzeit dauerte vierunddreißig Tage. Völlig zwecklos ist es, die aus allen Provencer und Marseiller Geschichten bekannten Einzelheiten über die berühmte Papstbegegnung mit dem französischen Könige zu wiederholen; eingeleitet ward sie mit dem Scherz des Herzogs von Albany über die Fastenpflicht; ein komisches Quiproquo, von dem Brantôme erzählte, an welchem sich der Hof sehr delektierte und das den Ton der Sitten zu jener Zeit zeigt. Obwohl Heinrich von Valois nur zwanzig Tage älter war als Katharina von Medici, verlangte der Papst, daß die beiden Kinder noch am Hochzeitstage die Ehe vollzögen, so sehr fürchtete er die Ausflüchte der Politik und die zu jenen Zeiten üblichen Listen. Clemens, der, wie die Geschichte meldet, die Beweise des Ehevollzuges haben wollte, blieb ausdrücklich vierunddreißig Tage in Marseille, da er hoffte, seine junge Verwandte würde sichtliche Zeichen davontragen: denn mit vierzehn Jahren war Katharina mannbar. Als er die Neuvermählte vor seiner Abreise ausfragte, war sicherlich er es, der, sie zu trösten, die berühmten, Katharinas Vater zugeschriebenen Worte, sprach: A figlia d'inganno, non manca mai la figliuolanza.
Die merkwürdigsten Mutmaßungen sind über Katharinas Sterilität, die zehn Jahre währte, angestellt worden. Wenige Menschen wissen heute, daß mehrere medizinische Traktate, die auf diese Eigentümlichkeit Bezug nehmen, so unanständige Voraussetzungen enthalten, daß sie nicht wiedererzählt werden können. Übrigens kann man sie im Bayle beim Artikel Fernel nachlesen. Der zeigt den Maßstab für die seltsamen Verleumdungen, die noch auf dieser Königin lasten, deren sämtliche Handlungen entstellt worden sind. Die Ursache ihrer Sterilität war einzig und allein bei Heinrich dem Zweiten zu suchen. Es genüge der Hinweis, daß zu einer Zeit, wo es keinem Fürsten etwas ausmachte, Bastarde zu haben, Diana von Poitiers, die in viel höherer Gunst als die legitime Ehefrau stand, ebenfalls keine Kinder hatte. In der chirurgischen Medizin ist nichts bekannter als der Körperfehler Heinrichs des Zweiten, welcher übrigens durch den Scherz der Hofdamen erklärt wird, die ihn zum Abbé von Saint-Victor zu einer Zeit machen konnten, wo die französische Sprache die nämlichen Privilegien wie die lateinische besaß. Nachdem sich der Fürst einer Operation unterzogen, hatte Katharina elf Schwangerschaften und zehn Kinder. Es ist ein Glück für Frankreich, daß Heinrich der Zweite so lange gewartet hat. Wenn er von Diana Kinder gehabt haben würde, hätte sich die Politik seltsam verwickelt. Als diese Operation vorgenommen ward, stand die Herzogin von Valentinois in ihrer zweiten Frauenjugend. Diese eine Bemerkung beweist, daß Katharinas Geschichte noch von Anfang bis zu Ende zu schreiben ist, und daß nach einem sehr tiefen Worte Napoleons die französische Geschichte nur einen Band oder ihrer tausend umfassen muß.
Wenn man Karls des Fünften Benehmen mit dem des französischen Königs vergleicht, verleiht Papst Clemens des Siebenten Aufenthalt in Marseille wie in allen Dingen übrigens dem Könige eine riesige Überlegenheit dem Kaiser gegenüber. Folgenden kurzen Überblick über die Begegnung verdanken wir einem Zeitgenossen: ›Nachdem Seine Heiligkeit der Papst bis nach dem Palast geführt worden war, welcher, wie erwähnt,
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