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Katharina von Medici (German Edition)

Katharina von Medici (German Edition)

Titel: Katharina von Medici (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Honoré de Balzac
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waren, ließ er in ihrer Gegenwart, von einem Ende bis zum anderen, den Prozeß des unglücklichen Menschen, welcher den hochseligen Herrn Dauphin vergiftet hatte, mit den Verhören, Geständnissen, Konfrontationen und anderen Formalitäten, die bei Kriminalprozessen üblich sind, verlesen, da er nicht wollte, daß das Urteil vollzogen würde, ohne daß alle Anwesenden ihre Meinung über diesen ungeheuerlichen und kläglichen Fall kundgetan.‹
    Des Grafen Montecuculi Treue, Aufopferung und Geschicklichkeit können in einer Zeit allgemeiner Unverschwiegenheit als außergewöhnlich erscheinen, wo jedermann, selbst die Minister, über das kleinste Ereignis redeten, an das man Hand gelegt hatte. Aber die Fürsten fanden dazumal ergebene Diener oder wußten sie zu wählen. Man begegnete damals monarchistischen Moreys, weil es Treue gab. Verlangt niemals etwas Großes von den Interessen, weil die Interessen wechseln können, erwartet aber alles von den Gefühlen und der religiösen, monarchistischen und patriotischen Treue. Diese drei Glaubenssätze allein bringen die Berthereau in Genf, die Sidney, die Strafford in England, die Mörder des Thomas Becket wie die Montecuculi, die Jacob Coeur und die Johanna d'Arc wie die Richelieu und Danton, die Bonchamps, die Talmont und ebenso die Clement und die Chabot usw. hervor. Karl der Fünfte bediente sich der höchsten Persönlichkeiten, um den Mord an drei Gesandten Franz des Zweiten auszuführen. Ein Jahr später ermordete Lorenzino, Katharinas leiblicher Vetter, den Herzog Alexander, nachdem er drei Jahre lang sich verstellt hatte und unter Umständen, die ihm den Beinamen: Florentiner Brutus eintrugen. Vor dem Range der Persönlichkeiten schreckten die Unternehmungen so wenig zurück, daß weder Leos des Zehnten noch Clemens des Siebenten Tod als natürlich erschienen sind. Mariana, Philipps des Zweiten Geschichtsschreiber, scherzt fast bei der Todesanzeige der Königin von Spanien, einer französischen Königstochter, indem er erklärt, daß zum Ruhme des spanischen Thrones Gott die Blindheit der Ärzte zuließ, welche die Königin auf Wassersucht hin behandelten. (Sie war schwanger.) Als König Heinrich der Zweite sich eine Verleumdung herausnahm, die einen Degenhieb verdiente, fand er la Châtaignerie, um ihn entgegenzunehmen.
    Zu jener Zeit servierte man Fürsten und Fürstinnen ihr Essen in verschlossenen Gefäßen, deren Schlüssel sie selber verwahrten. Daher stammt »das Schlüsselrecht«, eine Ehre, die unter Ludwig dem Vierzehnten aufhörte.
    Der Dauphin starb auf die nämliche Weise und vielleicht durch das nämliche Gift, dessen man sich unter Ludwig dem Vierzehnten Madame Henriette von England gegenüber bediente. Papst Clemens der Siebente war seit zwei Jahren tot; der Herzog Alexander war seinen Ausschweifungen verfallen und schien kein Interesse an des Herzogs von Orleans Erhöhung zu haben. Die siebzehnjährige Katharina, die voller Bewunderung für ihren Schwiegervater war, weilte zur Zeit des Ereignisses bei diesem; Karl der Fünfte allein schien Interesse an jenem Tode zu haben, denn Franz der Erste sparte seinen Sohn für einen Bund auf, welcher Frankreich vergrößern sollte. Des Grafen Geständnisse waren also sehr geschickt auf Leidenschaften und auf die Politik des Augenblicks basiert: Karl der Fünfte floh, nachdem er gesehen hatte, daß seine Heere mit seinem Glück, seinem Rufe und seinen Herrschaftshoffnungen in der Provence begraben lagen. Man achte darauf, daß Franz der Erste, wenn die Tortur einem Unschuldigen Geständnisse entrissen hatten, diesem die Freiheit einräumte, inmitten einer imposanten Versammlung und in Gegenwart von Leuten zu sprechen, vor welchen die Unschuld einige Aussicht auf Triumph hatte. Der König wollte die Wahrheit und suchte sie ohne Arglist.
    Trotz ihrer glänzenden Zukunft wechselte Katharinas Lage bei des Dauphins Tode nicht; ihre Unfruchtbarkeit ließ im Falle, daß ihr Gatte den Thron besteigen würde, eine Scheidung voraussehn. Der Dauphin stand in Diana von Poitiers Bann. Diana wagte mit Madame d'Estampes zu rivalisieren. So verdoppelte Katharina denn ihre Sorgfalt und Aufmerksamkeiten ihrem Schwiegervater gegenüber, da sie begriff, daß sie nur an ihm einen Halt besäße. Katharinas erste zehn Jahre waren von dem immer wiederkehrenden Kummer durchsetzt, welchen ihr ihre stets sofort wieder zerstörten Mutterschaftshoffnungen bereiteten; dazu kam der Verdruß über die Rivalität mit Diana. Man kann sich

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