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Katharina von Medici (German Edition)

Katharina von Medici (German Edition)

Titel: Katharina von Medici (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Honoré de Balzac
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italienisch Verführerisches zu verleihen wußte. Sie war so wohlgebaut, daß sie für die Frauen die Mode aufbrachte so zu Pferde zu sitzen, daß die Beine sich zeigten. Damit ist zur Genüge gesagt, daß die ihrigen die vollkommensten der Welt waren. In Europa, wo Frankreich seit langem seine Moden durchsetzte, stiegen alle Frauen nun gleich ihr zu Pferde. Dem, der sich diese imposante Figur vorzustellen vermag, wird das Gemälde, das der Saal darbot, plötzlich einen grandiosen Anblick gewähren. Diese beiden an Charakter, Schönheit, Anzug so verschiedenen und fast entzweiten Königinnen – die eine war naiv und nachdenklich, die andere nachdenklich und ernst wie eine Abstraktion, – hingen alle beide viel zu sehr ihren Gedanken nach, um an diesem Abend die Parole zu erteilen, welche die Höflinge zu ihrer Belebung erwarteten.
    Das tief verborgene Drama, welches Sohn und Mutter seit sechs Monden spielten, war von einigen Höflingen erraten worden. Besonders aber die Italiener hatten es aufmerksamen Auges verfolgt, denn alle mußten sie mit geopfert werden, wenn Katharina der Partie verlustig ging. Unter solchen Umständen und vor allem in einem Augenblick, wo Sohn und Mutter sich um die Wette betrogen, mußte vorzüglich der König die Blicke beschäftigen. An diesem Abend sah Karl der Neunte, der von einer langen Jagd und vorgeschützten ernsthaften Beschäftigungen müde war, wie vierzigjährig aus. Angelangt war er beim letzten Stadium der Krankheit, an welcher er starb und die manche ernsthafte Leute zu dem Glauben ermächtigte, daß er vergiftet sei. Nach Thou, jenem Tacitus der Valois, fanden die Chirurgen in Karls des Neunten Körper verdächtige Spuren (ex causâ incognitâ reperti livores). Die Trauerfeierlichkeiten dieses Fürsten wurden noch mehr vernachlässigt als die Franz des Zweiten. Von Saint-Lazare nach Saint-Denis ward Karl der Neunte von Brantôme und einigen Bogenschützen der vom Grafen von Solern befehligten Leibwache geleitet. Dieser Umstand, verbunden mit dem zu vermutenden Hasse der Mutter auf den Sohn, kann die von Thou geführte Anklage in etwas bestätigen, sie sanktioniert aber die hier vertretene Meinung über die geringe Zuneigung, welche Katharina für alle ihre Kinder hegte, eine Gefühllosigkeit, die ihre Erklärung in Katharinas festen Glauben an die Urteile der Astrologie findet. Dies Weib konnte sich nicht weiter um Instrumente, die versagten, kümmern. Heinrich der Dritte war der letzte König, unter dem sie regieren sollte, das ist alles. Heute können wir uns ruhig dem Glauben hingeben, daß Karl der Neunte eines natürlichen Todes starb. Seine Exzesse, seine Lebensweise, die plötzliche Entwicklung seiner Fähigkeiten, seine letzten Anstrengungen, die Zügel der Macht wieder an sich zu reißen, seine Lebensgier, der Mißbrauch seiner Kräfte, seine letzten Leiden und seine letzten Freuden, all das beweist unparteiischen Gemütern, daß er an Lungenschwindsucht starb, einer damals wenig bekannten, schlecht beobachteten Krankheit, deren Symptome Karl den Neunten selber zu dem Glauben bringen konnten vergiftet zu sein. Das wirkliche Gift aber, das ihm die Mutter reichte, ruhte in den furchtbaren Ratschlägen der ihn umgebenden Höflinge, die bezweckten, daß er seine geistigen sowohl wie seine physischen Kräfte vergeudete, und die so seine rein gelegentliche und nicht wesentlich begründete Krankheit heraufbeschworen. Mehr denn zu jeder anderen Epoche seines Lebens zeichnete sich Karl der Neunte durch jene düstere Majestät aus, die Königen nicht übel ansteht. Die Größe seiner geheimen Gedanken spiegelte sich auf seinem Antlitz wieder, das bemerkenswert war durch jenen italienischen Teint, den er von seiner Mutter geerbt hatte. Diese elfenbeinerne Blässe, die so schön bei Licht und so günstig für den Ausdruck der Melancholie war, hob kräftig das Feuer seiner blauschwarzen Augen hervor, die, zwischen schwere Lider gepreßt, so die scharfe Feinheit gewannen, welche lebhafte Einbildungskraft von dem Königsblicke verlangt, und deren Farbe Verstellung begünstigen mag. Karls des Neunten Augen waren besonders schrecklich durch die Anordnung der hochgezogenen Brauen, die im Einklänge mit einer offenen Stirn standen und die er nach Belieben heben oder senken konnte. Er hatte eine breite und lange, am Ende dicke Nase, eine veritable Löwennase; große Ohren, strohblonde Haare, einen schier blutroten Mund, wie man ihn bei Brustkranken findet, dessen Oberlippe schmal und

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