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Katharina von Medici (German Edition)

Katharina von Medici (German Edition)

Titel: Katharina von Medici (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Honoré de Balzac
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grausigen und nahen Todes all seinen Handlungen aufprägte.
    Am Nachmittage des folgenden Tages vollendete Marie ihren Anzug in ihrem Betgemach, welches das Boudoir jener Zeit vorstellte. Sie ordnete einige Locken ihres schönen schwarzen Haares, um all ihre Pracht mit einer Sammethaube in Einklang zu bringen, und betrachtete sich aufmerksam in ihrem Spiegel.
    ›Bald ist's vier Uhr; dieser endlose Conseil ist beendet‹, sagte sie sich. ›Jakob ist aus dem Louvre zurückgekehrt, wo man der großen Zahl der zusammengerufenen Räte und der Dauer dieser Sitzung wegen in Unruhe ist. Was mag nur geschehen sein? Mein Gott, weiß er wie stumpf eine Seele wird durch vergebliches Warten? Sollte er etwa auf die Jagd gegangen sein? Wenn er sich unterhält, wird alles zum besten gehn. Wenn ich ihn froh sehe, werd ich vergessen, was ich litt.‹
    Sie fuhr mit den Händen an ihrer Figur entlang, um eine leichte Falte zu entfernen und drehte sich seitwärts, um im Profil zu sehen, wie ihr ihr Kleid stünde; da aber erblickte sie den König auf dem Ruhebette. Die Teppiche verschluckten das Geräusch der Schritte so gut, daß er sich dort hatte einschleichen können, ohne gehört zu werden.
    »Ihr habt mich erschreckt«, sagte sie, sich einen leichten, sofort unterdrückten Überraschungsschrei entschlüpfen lassend.
    »Du dachtest an mich?« fragte der König.
    »Wann denk ich nicht an Euch?« fragte sie, sich neben ihm niederlassend.
    Nahm ihm Mütze und Mantel ab, fuhr ihm mit den Händen durch die Haare, wie wenn sie ihn mit den Fingern kämmen wollte.
    Karl ließ es geschehen, ohne eine Antwort zu geben.
    Erstaunt kniete Marie nieder, um ihres königlichen Herrn Antlitz genau zu studieren, und entdeckte dann auf seinen Zügen die Spuren einer schrecklichen Ermüdung und einer Melancholie, die viel verzehrender schien als alle Melancholien, welche sie bereits verscheucht hatte. Eine Träne hielt sie zurück und wahrte Schweigen, um nicht durch unvorsichtige Worte Schmerzen zu reizen, die sie noch nicht kannte.

Sie tat, was liebende Frauen bei solchen Gelegenheiten tun: sie küßte die von vorzeitigen Falten durchfurchte Stirne, die entstellten Wangen, indem sie dieser sorgenden Seele Frische ihrer Seele zu verleihen und sein Gemüt durch sanfte Liebkosungen, die keinen Erfolg hatten, auf andere Gedanken zu bringen suchte. Sie hob ihren Kopf bis zur Höhe des königlichen, den sie sanft mit ihren zärtlichen Armen umschlang, und schmiegte ihr Gesicht an seine schmerzende Brust, indem sie auf den günstigen Augenblick wartete, um den niedergeschlagenen Kranken zu fragen.
    »Mein kleiner Karl, wollt Ihr Eurer armen beunruhigten Freundin nicht die Gedanken sagen, die Eure geliebte Stirn verdüstern, die Eure schönen roten Lippen bleich machen?«
    »Mit Ausnahme von Karl dem Großen,« sagte er mit dumpfer und hohler Stimme, »haben alle Könige Frankreichs des Namens Karl elend geendet.«
    »Bah,« sagte sie, »und Karl der Achte?«
    »In der Blüte seiner Jahre,« fuhr der König fort, »hat dieser arme Fürst sich an einer zu niedrigen Tür des Schlosses zu Amboise, das er verschönerte, den Kopf eingerannt und ist unter gräßlichen Qualen gestorben. Sein Tod brachte unserem Hause die Krone zu.«
    »Karl der Siebente hat sein Reich wiedererobert.«
    »Kleine (der König senkte seine Stimme), er ist Hungers gestorben, da er fürchtete, vom Dauphin vergiftet zu werden, der bereits seine schöne Agnes hatte sterben lassen. Der Vater fürchtete seinen Sohn, heute fürchtet der Sohn seine Mutter.«
    »Warum durchstöbert Ihr so die Vergangenheit?« sagte sie. Sie gedachte Karls des Sechsten schrecklichen Lebens.
    »Was willst du, mein Herzblatt! Ohne zu Zauberern zu gehen, können Könige das Los, das ihrer harrt, erraten, nur die Geschichte brauchen sie zu befragen. In diesem Augenblicke bin ich damit beschäftigt, dem Lose Karls des Einfältigen zu entgehn, der seiner Krone beraubt ward und nach siebenjähriger Gefangenschaft im Kerker starb.«
    »Karl der Fünfte hat die Engländer verjagt«, erklärte sie triumphierend.
    »Nicht er, sondern du Gueselin; denn er ward von Karl von Navarra vergiftet und hat sich durch sieche Jahre mühselig hingeschleppt.«
    »Aber Karl der Vierte?« fragte sie.
    »Hat sich dreimal verheiratet, ohne Erben bekommen zu können trotz der männlichen Schönheit, die Philipps des Schönen Kinder auszeichnete. Mit ihm endigten die ersten Valois; die neuen werden ebenso enden. Die Königin hat mir nur

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