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Katharina von Medici (German Edition)

Katharina von Medici (German Edition)

Titel: Katharina von Medici (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Honoré de Balzac
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der gerade aufgewacht war und den seine Amme zweifellos brachte, in dem Nebenzimmer hören.
    »Kommt herein, Burgunderin,« sagte Marie, der Amme ihr Kind abnehmend und es dem Könige bringend. – »Ihr seid noch kindischer als er«, erklärte sie halb zornig, halb beruhigt.
    »Sehr schön ist er«, sagte Karl der Neunte, seinen Sohn hinnehmend.
    »Ich allein weiß, wie sehr er dir gleicht,« sagte Marie, »er hat bereits deine Gesten und dein Lächeln...«
    »In solch zartem Alter schon?« fragte lächelnd der König.
    »So etwas wollen die Männer nie glauben,« erwiderte sie; »aber, mein Karl, nimm ihn hin, spiel mit ihm und sieh ihn dir an! Schau doch, hab' ich nicht recht?«
    »Es stimmt!« rief der König, überrascht von einer Bewegung des Kindes, welche ihm wie eine seiner Gesten in Miniatur erschien.
    »Das reizende Blümchen!« sagte die Mutter. »Nie soll er mich verlassen. Er wird mir keinen Kummer bereiten.«
    Der König spielte mit seinem Sohne, ließ ihn tanzen, küßte ihn voller Überschwang und sagte ihm jene närrischen und vagen Worte, hübsche Wörtchen, die Mütter und Ammen durch Schallnachahmung zu bilden wissen. Er redete ganz kindlich; endlich hellte sich seine Stirn auf, Freude stand wieder auf seinem betrübten Antlitz zu lesen, und als Marie sah, daß ihr Geliebter alles vergaß, legte sie den Kopf an seine Schulter und flüsterte ihm die Worte ins Ohr: »Wollt Ihr mir nicht sagen, mein Karl, warum Ihr mir Mörder zu bewachen gebt, wer jene Männer sind, und was Ihr mit ihnen vorhabt? Kurz, wohin geht Ihr über die Dächer? Hoffentlich handelt es sich um keine Frau?«
    »Immer gleich bleibt deine süße Liebe«, sagte der König überrascht von dem klaren Strahle eines jener fragenden Blicke, welche Frauen so geschickt zu werfen wissen.
    »Ihr habt an mir zweifeln können?« erwiderte sie. Zwischen ihren schönen frischen Augenlidern perlten Tränen.
    »Frauen kommen auch bei meinen Abenteuern vor, doch sind's Zauberinnen! Wieweit war ich gekommen?«
    »Ihr wäret zwei Schritte von hier auf dem First eines Hauses,« sagte Marie; »in welcher Straße?«
    »In der Sankt Honoriusstraße, mein Lieb«, entgegnete der König. Er schien sich erholt zu haben und wollte, seine Gedanken wieder aufnehmend, seine Geliebte auf die Szene vorbereiten, die sich bei ihr abspielen sollte.
    »Als wir die gestern abend durchquerten, um herumzustreunen, wurden meine Augen von einer lebhaften Helligkeit angezogen, die von dem Speicher des Hauses ausging, worinnen René, der Parfümeur und Handschuhmacher meiner Mutter, der deinige und des Hofes, wohnt. Starke Zweifel über das, was bei diesem Menschen vor sich gehen möchte, sind in mir aufgestiegen, und wenn ich vergiftet worden bin, ist dort das Gift bereitet.«
    »Von morgen an kaufe ich nicht mehr bei ihm«, sagte Marie.
    »Ach, du bist noch bei ihm geblieben, als ich ihn aufgegeben hatte?« schrie der König. »Hier lebte ich,« fuhr er mit finsterer Miene fort, »und hier hat man mir sonder Zweifel den Tod gegeben.«
    »Aber liebes Kind, eben komme ich mit unserem Jungen aus der Dauphiné zurück,« sagte sie lächelnd, »und seit der Königin von Navarra Tode hat René mir doch nichts geliefert... Fahr fort, du bist also auf das Renésche Haus geklettert?«
    »Ja«, erwiderte der König. »Im Nu gelangte ich, von Tavannes gefolgt, an eine Stelle, von wo aus ich, ohne gesehen zu werden, das Innere der Teufelsküche habe überschauen und Dinge dort bemerken können, die mich zu meinen Maßnahmen veranlaßten... Hast du niemals die Speicher geprüft, in welche des verfluchten Florentiners Haus ausläuft? Die Fenster nach der Straße zu sind stets geschlossen, mit Ausnahme des letzten, von wo aus man das Hotel von Soissons und die Säule sieht, die meine Mutter für ihren Astrologen Kosmus Ruggieri hat bauen lassen. In diesen Speicherräumen befindet sich eine Wohnung oder eine Galerie, die ihr Licht nur von der Hofseite bekommt, so daß man, um zu sehen, was dort vor sich geht, dorthinauf klettern muß, wohin zu steigen keinem Menschen einfallen wird, nämlich auf die Kappe einer hohen Mauer, die an die Dächer des Renéschen Hauses stößt. Die Leute, die ihre Öfen dort einrichteten, worinnen sie den Tod destillieren, rechneten, um nicht gesehen zu werden, wohl mit der Feigheit der Pariser, nicht aber mit ihrem Karl von Valois. In der Dachrinne hab ich mich bis an ein Fenster vorgewagt, gegen dessen Pfosten ich mich aufrecht stehend preßte, indem ich

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