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Katharina von Medici (German Edition)

Katharina von Medici (German Edition)

Titel: Katharina von Medici (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Honoré de Balzac
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beiden Männer zu bemächtigen und sie unverzüglich in ihrem grauenhaften Arbeitsraume verhören zu lassen. Ehe wir aber zur allgemeinen Verhaftung schritten, wollten wir sehen, was vor sich gehen würde. Nach Verlauf von einer Viertelstunde ward die Laboratoriumstür geöffnet und Kosmus Ruggieri, meiner Mutter Ratgeber, der bodenlose Brunnen, von welchem alle Hofgeheimnisse verschluckt werden, den die Frauen um Hilfe wider ihre Ehemänner und wider ihre Liebhaber bitten, den die Liebhaber und Ehemänner um Hilfe wider ihre Untreuen angehen, welcher mit der Zukunft ebensowohl wie mit der Vergangenheit schachert, indem er aus allen Händen empfängt, der Horoskope verkauft und dafür durchgeht, alles zu wissen, dieser halbe Dämon ist eingetreten, indem er zu dem Greise: ›Guten Abend, mein Bruder!‹ sagte. Mit sich brachte er eine schreckliche, zahnlose, bucklige, schiefe kleine Alte, die gekrümmt war wie ein phantastisches Götzenbild, nur noch furchtbarer. Schrumplig war sie wie ein alter Apfel, ihre Haut war von Safranfarbe, ihr Kinn bohrte sich in ihre Nase, der Mund war eine kaum angedeutete Linie, ihre Augen glichen den schwarzen Punkten eines Würfels, auf ihrer Stirne drückte sich Bitterkeit aus, und ihre Haare hingen in grauen Strähnen unter einer schmierigen Haube hervor. Sie ging auf eine Krücke gestützt. Sie roch nach Scheiterhaufen und Zauberei und flößte uns Angst ein. Denn weder Tavannes noch ich hielten sie für ein natürliches Weib; so etwas Entsetzliches wie sie kann Gott nicht geschaffen haben. Sie hockte sich auf einen Schemel nieder bei der hübschen weißen Natter, in die Tavannes sich sterblich verliebte. Die beiden Brüder schenkten weder der Alten noch der Jungen, die beieinander ein gräßliches Paar bildeten, irgendwelche Aufmerksamkeit. Auf der einen Seite das Leben im Tode, auf der andern der Tod im Leben ...«
    »Mein liebenswürdiger Dichter«, rief Marie, den König küssend.
    ... ›Guten Tag, Kosmus‹, antwortete der alte Alchemist seinem Bruder.
    Und beide blickten sie in den Ofen.
    ›Welche Kraft besitzt der Mond heute?‹ fragte der Greis den Kosmus.
    ›Aber, caro Lorenzo,‹ antwortete meiner Mutter Astrologe, ›die Septemberflut ist noch nicht beendigt, bei solcher Unordnung kann man nichts wissen.‹
    ›Was sagt uns der Orient heute abend?‹
    Antwortete Kosmus:
    ›Eben hat er eine schöpferische Kraft in der Luft entdeckt, die der Erde alles wiedergibt, was sie ihr nimmt; wie wir schließt er daraus, daß alles hienieden Produkt einer langsamen Umwandlung ist, daß aber alle Verschiedenheiten nur Formen ein und derselben Substanz bilden.‹
    ›Das dachte mein Vorgänger,‹ antwortete Lorenz. ›Heute morgen sagte mir Bernhard Palissy, daß Metalle das Ergebnis einer Kompression seien, und daß das Feuer, das alles trenne, auch alles vereinige. Das Feuer besitze ebensowohl die Kraft zu komprimieren als auch zu trennen. Der Biedermann ist ein genialer Kerl.‹
    Obwohl ich so stand, daß ich nicht gesehen werden konnte, sagte Kosmus, der jungen Toten Hand ergreifend:
    ›Es ist jemand bei uns!‹
    ›Wer ist es?‹ fragte er.
    ›Der König!‹ sagte sie.
    An die Scheibe klopfend, habe ich mich gezeigt; Ruggieri hat mir das Fenster aufgemacht und von Tavannes gefolgt, bin ich in die Teufelsküche gesprungen.
    ›Ja, der König,‹ sagte ich zu den beiden Florentinern, die uns von Schrecken gepackt erschienen. ›Trotz Eurer Öfen und Eurer Bücher, Eurer Hexen und Eurer Wissenschaft habt ihr meinen Besuch nicht erraten können. Froh bin ich, jenen Lorenz Ruggieri zu sehen, von dem die Königin, meine Mutter, in so geheimnisvoller Weise redet‹, sagte ich zu dem Greise, der sich erhob und verneigte. ›Ohne meine Genehmigung seid Ihr im Königreiche, Biedermann... Für wen arbeitet ihr hier, ihr, die ihr vom Vater auf Sohn im Schoße des Hauses Medici lebt? Hört mich an! Ihr greift in so viele Beutel, daß habgierige Leute seit langem schon von Gold gesättigt wären; zu listige Leute seid ihr, um unklugerweise sträfliche Wege zu gehen, aber ihr dürftet euch auch nicht mehr wie Leichtfüße in diese Küche stürzen; ihr, die ihr weder durch Gold noch durch Macht zu befriedigen seid, habt also geheime Pläne? Wem dient ihr, Gott oder dem Teufel? Was braut ihr hier? Volle Wahrheit will ich und wahrlich bin Manns genug, sie zu hören und das Geheimnis eurer Unternehmungen, wie tadelnswert sie auch sein mögen, zu wahren. Also sagt mir alles ohne Heuchelei.

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