Katharina von Medici (German Edition)
Wenn ihr mich täuscht, wird streng mit euch verfahren werden. Ob ihr Heiden oder Christen, Calvinisten oder Mohammedaner seid, ihr habt mein königliches Wort, ungestraft das Reich zu verlassen, falls ihr euch einige kleine Sünden zum Vorwurfe machen müßt. Kurz, ich lasse euch den Rest dieser Nacht und den Morgen des kommenden Tages, um euer Gewissen zu befragen, denn ihr seid meine Gefangenen und sollt mir an einen Ort folgen, wo ihr wie Schätze bewacht werdet.
Ehe sie sich meinem Befehle fügten, befragten, die beiden Florentiner einander mit einem feinen Blicke, und Lorenz Ruggieri sagte mir, ich dürfte sicher sein, daß keine Todesqual ihnen ihre Geheimnisse entreißen werde. Trotz ihrer anscheinenden Schwäche hätten weder Schmerz noch andere menschliche Gefühle Macht über sie; Vertrauen allein könnte ihren Mund entsiegeln. Ich dürfte mich nicht wundern, daß sie sich in diesem Augenblicke mit einem Könige, der nur Gott über sich kenne, auf gleichen Fuß stellten, denn ihr Gedanke sei gleichfalls nur Gott lehnspflichtig. Sie forderten also von mir ebensoviel Vertrauen, als sie mir gewährten. Bevor sie sich verpflichteten mir ohne Hintergedanken zu antworten, baten sie mich, meine linke Hand in die des jungen Mädchens, das dort lag, und die Rechte in der Alten Hand zu legen. Da ich ihnen keinen Anlaß zu dem Gedanken geben wollte, ich fürchte irgendwelches Zauberwerk, streckte ich meine Hände hin. Lorenz nahm die rechte, Kosmus die linke und jeder von ihnen brachte sie in der Hand eines Weibes unter, so daß ich mich wie Christus zwischen seinen beiden Schachern befand. All die Zeit über prüften die beiden Zauberinnen meine Hände. Kosmus hielt mir einen Spiegel mit der Bitte vor, mich darinnen zu betrachten, und sein Bruder sprach in einer unbekannten Sprache mit den beiden Frauen. Weder Tavannes noch ich konnten den Sinn irgendeiner Phrase verstehen. Ehe wir die Leute hierherführten, haben wir Siegel auf allen Eingängen in diese Offizin angebracht. Tavannes hat den Auftrag, sie bis zu dem Momente zu bewachen, wo auf mein ausdrückliches Geheiß Bernhard Palissy und Chaplain, mein Arzt, sich dorthin begeben haben, um eine genaue Untersuchung aller Drogen, die sich dort vorfinden und hergestellt werden, vorzunehmen. Damit sie nichts von den Nachforschungen, die in ihrer Küche angestellt werden, merken und, um sie daran zu hindern, sich außerhalb, mit wem es auch sein möge, in Verbindung zu setzen, hab' ich die beiden Teufel heimlich bei dir untergebracht und lasse sie von Solerns Deutschen bewachen, welche die stärksten Kerkermauern aufwiegen. René ist von Solerns Knappen in seinem Zimmer bewacht worden und die beiden Zauberinnen desgleichen. Nun, mein geliebtes Leben, wo ich die Häupter der Kabbala, die Könige Alleswisser, die Anführer der Zauberei, die Fürsten der Zigeuner, die Herren der Zukunft und die Erben aller berühmten Wahrsager festhabe, will ich in dir lesen, dein Herz kennenlernen, kurz, wir wollen wissen, was aus uns wird.«
»Ich wäre sehr glücklich, wenn sie mein Herz nackt zeigen könnten«, sagte Marie, ohne irgendwelche Furcht durchschimmern zu lassen.
»Ich weiß auch, warum dich keine Zauberer schrecken: du, auch du kannst behexen.«
»Wollt Ihr nicht einen von diesen Pfirsichen?« antwortete sie, ihm schöne Früchte auf einem hochroten Teller anbietend. »Seht die Trauben, die Birnen hier, alle hab' ich selber in Vincennes gepflückt.«
»Ich werde also davon essen, denn kein ander Gift ist an ihnen zu finden als die Liebestränke, die aus deinen Händen hervorgehen.«
»Stets solltest du viel Obst essen, Karl, da würdest du dein Blut erfrischen, das du mit so viel Gewaltmitteln verbrennst.«
»Sollt' ich dich nicht auch weniger lieben?«
»Vielleicht ...« sagte sie. »Wenn die Dinge, die du lieb hast, dir schadeten ... und ich hab es fast geglaubt! ... würde ich aus meiner Liebe die Kraft schöpfen, sie dir zu verweigern. Karl bete ich noch mehr an, als ich den König liebe, und ich will, daß der Mann ohne jene Qualen lebe, die ihn traurig und nachdenklich machen.«
»Das Königsein verdirbt mich ...«
»Ja gewiß«, entgegnete sie. »Wenn du nur ein armer Fürst wie dein Schwager wärest, der König von Navarra, dieser kleine Schürzenjäger, der weder Heller noch Pfennig hat, der nur ein elendes Königreich in Spanien, in das er nie den Fuß setzen wird, und das Béarn in Frankreich besitzt, das ihm kaum etwas zu leben gibt, würde ich
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