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Katharina von Medici (German Edition)

Katharina von Medici (German Edition)

Titel: Katharina von Medici (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Honoré de Balzac
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Euch den angeblichen Brunnen, den Abgrund sondieren lassen, aus dem sie hervorgeht. Der Edelmann, der Dichter möge uns die Worte verzeihen, welche der Kirche ältester Sohn für Blasphemien halten könnte! Ich glaube nicht, daß Gott sich mit der Menschen Dinge beschäftigt ...«
    Wiewohl er fest entschlossen war, eine königliche Unbeweglichkeit zu wahren, vermochte Karl der Neunte eine überraschte Bewegung nicht zu unterdrücken
    »Ohne diese Überzeugung würde ich keinen Glauben an das wunderbare Werk haben, dem ich mich geweiht. Um ihm nachzugehen, muß ich daran glauben. Wenn der Finger Gottes jedwedes Ding leitet, bin ich ein Narr. Möge es der König denn wissen: es handelt sich darum, einen Sieg über den aktuellen Gang der menschlichen Natur davonzutragen. Ich bin Alchimist, Sire. Denkt aber nicht wie das gemeine Volk, daß ich Gold zu machen suche! Die Herstellung des Goldes ist nicht der Zweck, sondern ein Zufall, unserer Nachforschungen, sonst würde sich unser Versuch ja nicht das große Werk nennen! Das große Werk ist etwas Kühneres als das. Wenn ich also heute Gottes Gegenwart in der Materie zuließe, würde die Flamme der seit Jahrhunderten brennenden Schmelzöfen morgen auf ein Wort von mir hin verlöschen. Gottes direktes Handeln leugnen, heißt nicht Gott leugnen; täuscht Euch darin nicht. Wir stellen den Urheber jedweden Dinges noch viel höher als ihn die Religionen herabwürdigen. Zeiht nicht die des Atheismus, welche doch die Unsterblichkeit wollen. Nach Luzifers Beispiel sind wir eifersüchtig auf Gott, und solche Eifersucht zeugt von einer heißen Liebe! Obwohl diese Doktrin die Basis für unsere Arbeiten bildet, sind nicht alle Adepten voll von ihr. Kosmus,« sagte der Greis auf seinen Bruder zeigend, »Kosmus ist frommer Katholik; er bezahlt Messen für unseres Vaters Seelenheil und hört sie an. Eurer Mutter Astrolog glaubt an die Göttlichkeit Christi, an die unbefleckte Empfängnis und an die Transsubstantiation; er glaubt an den Ablaß des Papstes und die Hölle, glaubt an die Unendlichkeit der Dinge. ... Seine Stunde ist noch nicht gekommen. Denn ich habe sein Horoskop gestellt, er wird beinahe hundertjährig sterben: noch zwei Regierungen muß er erleben und sehen, wie zwei Könige Frankreichs ermordet werden ...«
    »Die werden sein? ...« fragte der König.
    »Der letzte der Valois und der erste der Bourbonen«, antwortete Lorenz. »Kosmus aber wird meine Meinungen teilen. Tatsächlich kann man unmöglich Alchimist und Katholik sein, an den Despotismus des Menschen der Materie gegenüber und an die Oberherrschaft des Geistes glauben.«
    »Kosmus wird als Hundertjähriger sterben?« sagte der König, der sich bis zu seinem schrecklichen Runzeln der Brauen hinreißen ließ.
    »Ja, Sire,« antwortete Lorenz voller Autorität, »in Frieden wird er in seinem Bette sterben.«
    »Wenn Ihr die Macht besitzt den Augenblick Eures Todes vorherzusehen, warum wißt Ihr nicht, zu welchen Ergebnissen Eure Nachforschungen führen werden?«
    Karl der Neunte hub an mit triumphierender Miene zu lächeln. Er blickte auf Marie Touchet.
    Die beiden Brüder wechselten einen schnellen freudigen Blick.
    ›Er interessiert sich für die Alchimie,‹ dachten sie, ›wir sind gerettet!‹
    »Unsere Vorhersagungen stützen sich auf den augenblicklichen Zustand der Beziehungen, die zwischen Mensch und Natur bestehen; doch handelt es sich gerade darum, diese Beziehungen gänzlich zu verändern«, antwortete Lorenz.
    Der König blieb nachdenklich.
    »Wenn ihr aber gewiß seid zu sterben, so seid ihr auch eurer Niederlage sicher«, erwiderte Karl der Neunte.
    »Wie es unsere Vorgänger waren!« antwortete Lorenz, die Hand erhebend, um sie mit einer emphatischen und feierlichen Geste, die dem Fluge seines Gedankens entsprach, zurückfallen zu lassen. »Wenn Euer Geist aber, Sire, dereinst am Ende der Strecke angelangt ist, muß er zu uns umkehren. Wenn Ihr nicht den Boden kenntet, worauf unser Gebäude aufgeführt ist, könntet Ihr uns sagen, er wankte, und die von den Größten unter den Menschen von Jahrhundert zu Jahrhundert gepflegte Wissenschaft beurteilen, wie sie der Gemeine beurteilt.« Der König nickte zustimmend.
    »Ich denke also, daß die Erde hier dem Menschen gehört, daß er ihr Herr ist und sich all ihre, Kräfte, all ihre Substanz zu eigen machen kann. Der Mensch ist keine Schöpfung, die unmittelbar aus Gottes Händen hervorgegangen ist, sondern eine Konsequenz des in die Unendlichkeit des

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