Katharina von Medici (German Edition)
Mitwisser, von der Königin Maria von Medici empfangen, welche, wie es heißt, um den geplanten Königsmord wußte und ihn ausführen ließ! In der Kapelle, wo Heinrich der Vierte mit Margarete von Valois getraut wurde, dem einzigen Überbleibsel des Schlosses der Grafen von Blois, läßt das Regiment heute seine Stiefel besohlen! Dieses herrliche Bauwerk, an welchem für uns soviele Stile wieder lebendig werden, worin soviele große Dinge vor sich gegangen sind, befindet sich in einem Zustande der Erniedrigung, der Frankreich Schande macht. Welch ein Schmerz ist es für die, welche die Bauwerke Alt-Frankreichs lieben, zu wissen, daß von diesen beredten Steinen bald ebensowenig übrig sein wird wie von der Ecke der alten Kürschnerstraße: sie existieren vielleicht nur mehr noch in diesen Zeilen!
Notwendigerweise muß man bemerken, daß die Guisen, obwohl sie in der Stadt ein ihnen gehöriges Hotel besaßen, das noch vorhanden ist, um den Hof besser bewachen zu können, es durchgesetzt hatten, über den Gemächern des Königs Ludwig des Zwölften in den Räumlichkeiten zu wohnen, welche dort später die Herzogin von Nemours in den Giebeln des zweiten Stockwerks inne hatte.
Der junge Franz der Zweite und die junge Königin Maria Stuart, die verliebt in einander waren wie sechzehnjährige Kinder, so alt waren sie ja auch, wurden jählings durch den rauhen Winter aus dem Schlosse von Saint-Germain, das der Herzog von Guise für allzu leicht zu überrumpeln hielt, nach dem festen Platze geschleppt, welchen dazumal das Schloß von Blois bildete, da es auf drei Seiten durch Felsabstürze isoliert war und sein Eingang wunderbar leicht verteidigt werden konnte. Die Guisen, der Königin Oheime, hatten tiefere Gründe, um nicht in Paris zu wohnen und den Hof in einem Schlosse festzuhalten, dessen Umkreis sich leicht überwachen und verteidigen ließ. Um den Thron wogte ein Zweikampf zwischen dem Hause Lothringen und dem Hause Valois, der erst achtundzwanzig Jahre später, anno 1588, in dem nämlichen Schlosse entschieden werden sollte, als Heinrich der Dritte unter den nämlichen Augen, denen seiner in diesem Augenblicke tief von den Lothringern gedemütigten Mutter, den kecksten aller Guisen, den zweiten Balafré, fallen hörte. Der war der Sohn jenes ersten Balafré, von dem Katharina von Medici damals schnöde behandelt, gefangen gehalten, bespäht und bedroht ward.
Dies schöne Schloß von Blois bildete für Katharina das engste Gefängnis. Nach dem Tode ihres Gatten, durch den sie stets am Gängelbande gehalten worden war, hatte sie zu herrschen gehofft, sah sich aber im Gegenteil von Fremden, deren höfliches Gehaben tausendmal brutaler war als das von Kerkermeistern, in Sklaverei gehalten. Keiner ihrer Schritte konnte geheim bleiben. Die von ihren Frauen, welche ihr ergeben waren, hatten entweder den Guisen ergebene Liebhaber oder wurden von Argusaugen bewacht. Tatsächlich zeigten die Passionen zu jenen Zeiten die Wunderlichkeit, welche ihnen immer der Antagonismus verleihen wird, der im Staate zwischen entgegengesetzten Interessen herrscht. Die Galanterie, deren Katharina sich so sehr bediente, war auch eines der Guisenmittel. So besaß der Prinz von Condé, das Oberhaupt der Reformation, die Marschallin von Saint-André als Freundin, deren Ehemann sich dem Großmeister mit Leib und Seele verkauft hatte. Der Kardinal, dem die Affäre des Vizedoms von Chartres bewiesen hatte, daß Katharina mehr unbesiegt als unbesieglich war, machte ihr den Hof. Das Spiel aller Leidenschaften verquickte sich also eng mit dem der Politik, indem es ein doppeltes Schachspiel daraus machte, bei welchem man sowohl auf das Herz als auf den Kopf eines Menschen achtgeben mußte, um zu wissen, ob ersteres nicht gelegentlich den zweiten Lügen strafe. Während Katharina von Medici ständig in Gesellschaft des Kardinals von Lothringen oder des Herzogs Franz von Guise war, die ihr mißtrauten, war ihre intimste und geschickteste Feindin ihre Schwiegertochter, die Königin Maria, eine kleine Blondine, die boshaft wie eine Kammerkatze, stolz wie eine Stuart, die drei Kronen trug, unterrichtet wie ein alter Gelehrter und mutwillig wie eine Klosterpensionärin war. Sie liebte ihren Gatten, wie eine Kurtisane ihren Liebsten liebt, vertraute ihren Oheimen, die sie bewunderte, und war glücklich zu sehen, daß der König Franz mit ihrer Hilfe die gute Meinung teilte, die sie von ihnen hatte. Eine Schwiegermutter ist immer eine Persönlichkeit, die
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