Katharina von Medici (German Edition)
in Frankreich und besaßen am Hofe keinen anderen Feind als Katharina von Medici. Niemals spielten große Politiker ein gewagteres Spiel. Die beiderseitige Lage der ehrgeizigen Witwe Heinrichs des Zweiten und des ehrgeizigen Hauses Lothringen wurde sozusagen durch den Platz erklärt, den sie auf der Schloßterrasse an dem Morgen innehatten, als Christoph anlangen sollte.
Die Königin-Mutter, die eine heiße Zuneigung zu den Guisen heuchelte, hatte um Mitteilung der Neuigkeiten gebeten, welche die aus den verschiedenen Enden des Königreichs anlangenden drei Edelleute mitbrachten. Doch mußte sie den tödlichen Verdruß erleben, von dem Kardinal höflich verabschiedet zu werden. Sie lustwandelte an dem äußersten Ende der Parterre auf der Loireseite, wo sie für ihren Astrologen Ruggieri ein Observatorium erbaute, welches man noch dort sieht, und von wo aus man über die Landschaft dieses wundervollen Tales hinwegschaut. Die beiden lothringischen Fürsten waren auf der entgegengesetzten Seite, die auf die Vendômer Landschaft geht und von wo aus man den oberen Teil der Stadt, die Hühnerleiter der Bretonen und die Ausfallpforte des Schlosses erblickt.
Katharina hatte die beiden Brüder getäuscht und durch ein gespieltes Mißvergnügen überlistet, denn sie war sehr glücklich, mit einem der in aller Eile eingetroffenen Edelleute, ihrem heimlichen Vertrauten, reden zu können, der keck ein doppeltes Spiel spielte, dafür aber sicherlich reich belohnt ward. Dieser Edelmann war Chiverni, anscheinend des Kardinals von Lothringen mit Leib und Seele ergebener Höfling, in Wirklichkeit aber Katharinas Diener. Katharina besaß in den beiden Gondi, ihren Kreaturen, noch zwei ergebene Edelleute; diese beiden Florentiner aber waren den Guisen zu verdächtig, als daß sie sie nach außerhalb schicken konnte. So behielt sie sie denn bei Hofe, wo jeder ihrer Schritte und jedes ihrer Worte bespäht wurde, wo sie aber in gleicher Weise die Guisen bespähten und Katharinen mit Rat und Tat beistanden. Diese beiden Florentiner führten der Partei der Königin-Mutter einen anderen Italiener, Birago, zu, einen geschickten Piemontesen, welcher wie Chiverni scheinbar der Königin-Mutter abtrünnig geworden war, um sich zu den Guisen zu schlagen, die er in ihren Unternehmungen ermutigte, indem er sie auf Katharinas Rechnung ausspionierte.
Chiverni kam aus Ecouen und Paris. Der zuletzt Eingetroffene, Saint-André, war Marschall von Frankreich und wurde eine so einflußreiche Persönlichkeit, daß die Guisen, deren Kreatur er war, ihn zum dritten Manne in dem Triumvirate machten, das sie im folgenden Jahre gegen Katharina bildeten. Vor ihnen war Veilleville, der Erbauer des Schlosses von Duretal, der seiner Ergebenheit zu den Guisen wegen auch zum Marschall ernannt ward, heimlich gelandet und noch heimlicher wieder abgereist, ohne daß irgend jemand das Geheimnis der Mission durchdrungen hatte, die ihm vom Großmeister anvertraut worden war. Was Saint-André anlangt, so hatte er militärische Maßnahmen treffen müssen, um alle Reformierten bewaffnet nach Amboise zu locken, was in einer stattgehabten Beratung zwischen dem Kardinal von Lothringen, dem Herzog von Guise, Birago, Chiverni, Veilleville und Saint-André beschlossen worden war. Wenn die beiden Häupter des Hauses Lothringen sich Biragos bedienten, steht zu glauben, daß sie durchaus auf ihre Kräfte bauten, denn sie wußten, daß er der Königin-Mutter treu ergeben war; vielleicht aber behielten sie ihn bei sich, um die geheimen Pläne ihrer Rivalin zu durchdringen, wie diese ihn gleichermaßen bei ihnen beließ. In jener seltsamen Zeit war die Doppelrolle einiger Politiker beiden Parteien, die sie benutzten, bekannt; sie waren gleichsam wie die Karten in der Spieler Händen: gewonnen ward die Partie von der gewitztesten. Während dieser Beratung waren die beiden Brüder von einer undurchdringlichen Verschwiegenheit gewesen. Katharinas Unterhaltung mit ihren Freunden wird den Gegenstand der von den Guisen unter freiem Himmel gepflogenen Beratung erklären; fand sie doch bei Tagesanbruch in jenen hängenden Gärten statt, wie wenn alle Angst hätten, zwischen den Mauern des Schlosses von Blois miteinander zu sprechen.
Die Königin-Mutter erging sich an diesem Morgen in aller Frühe mit den beiden Gondis unter dem Vorwande, das Observatorium, das sie für ihren Astrologen erbauen ließ, besichtigen zu wollen, und beobachtete mit besorgter und neugieriger Miene die feindliche
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