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Katharsia (German Edition)

Katharsia (German Edition)

Titel: Katharsia (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jürgen Magister
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nicht.“
    „He, Ben! Bleib auf dem Teppich!“, brummte Nabil.
    Gregor fasste Ben am Arm, um ihn zu beruhigen. „Hört auf, euch zu streiten“, bat er.
    Doch Ben riss sich los.
    „Misch dich nicht ein!“, fuhr er Gregor an. „Einer, der Djamila ans Messer geliefert hat, sollte lieber den Mund halten!“
    Gregor wurde blass, biss sich auf die Lippen.
    „Wie lange willst du ihm das noch vorhalten?“, rief Nabil empört. „Es ist Jahrhunderte her!“
    Ben aber schien taub zu sein in seinem Zorn. Mit hochrotem Kopf trat er an Sando heran und zischte: „Djamila war hier, verdammt! Und du bist schuld daran, dass ich sie nicht sprechen konnte! Du und kein anderer!“
    Sando kochte. So eine Ungerechtigkeit! Er fühlte sich verletzt und wollte es mit gleicher Münze heimzahlen.
    „Du selbstgerechter Idiot!“, keuchte er. „So behandelst du wohl auch die Seelen in deiner Kommission? Wer nicht spurt – ab in den Hades?“
    Ein kurzer erschrockener Aufschrei von Denise. Dann herrschte atemlose Stille. Ben wirkte auf einmal sehr müde. Er tappte zum Bett, wo Denise saß, und ließ sich bedächtig neben ihr nieder. Die Bewegungen seines jugendlichen Körpers hatten etwas Greisenhaftes angenommen. Er saß da, den Kopf schwer auf die Hand gestützt.
    „Wo hast du das her, Sando?“ Seine Stimme klang brüchig. „Hat die Kommission solch einen Ruf?“
    Zusammengesunken saß er auf der Bettkante.
    „Ein menschliches Katharsia, das die Opfer schützt, ihnen ihre Würde wiedergibt – dafür habe ich gelebt. Und was ist der Dank?“
    Sando erschrak angesichts der Wirkung seiner Worte. Er hatte im Zorn geredet. Niemals sonst wäre ihm diese Anschuldigung über die Lippen gekommen.
    „Ich … habe es nicht so gemeint. Ich war wütend auf dich. Bitte verzeih, Ben!“
    Ben schüttelte den Kopf. „Solche Gedanken werden nicht im Zorn geboren, Sando. Sie werden nur verschwiegen aus Feigheit oder um des lieben Friedens willen.“
    Sando wollte aufbrausen. Feigheit ließ er sich nicht vorwerfen! Doch er beherrschte sich, denn Ben, äußerlich ein Junge wie er, hatte gesprochen wie ein alter Mann, den das Leben gezeichnet hatte.
    „Verzeih, Ben“, lenkte Sando ein und streckte ihm die Hand hin.
    Doch Ben übersah sie, schaute durch ihn hindurch.
    „Du hast nicht das Recht, mir solche Vorwürfe zu machen“, sagte er dumpf. „Du bist neu in Katharsia. Was weißt du denn? Denkst du, es fällt uns leicht in der Kommission, Seelen in den Hades zu verbannen? Aber was sollen wir tun? Katharsia muss geschützt werden. Dazu brauchen wir den Mut, Entscheidungen zu fällen. Ob es immer die richtigen sind? Wer kann schon von sich behaupten, dass er unfehlbar ist … Aber solange wir keine bessere Lösung haben, werden wir mit dieser Arbeit fortfahren. Bisher ist Katharsia sehr gut damit gefahren.“
    In Sando regte sich Widerspruch. Ja, er war ein Neuling, aber er hatte Augen im Kopf und er hatte nicht den Eindruck, dass es gut um Katharsia stand.
    „Es ist die Hölle in den Menschen, die sie dazu bringt, den Hades für andere zu fordern“, sagte er trotzig.
    Ben lachte bitter. „Das stammt doch nicht von dir, Sando. Weißt du, wonach der Spruch klingt?“
    „Jannis der Träumer war letzte Nacht bei mir im Zimmer.“
    „Dachte ich mir’s doch“, sagte Ben verächtlich. „Er hat dir den Kopf verdreht.“
    Denise machte große Augen. „Sando, sag, dass das nicht wahr ist! Bist du tatsächlich auf den alten Spinner hereingefallen?“
    „Gemach, gemach!“, brummte Nabil abwiegelnd. „Den Kerl nimmt doch keiner ernst. Was sagst du denn dazu, Gregor?“
    Seine Absicht, Gregor, der sich tief verletzt in eine Ecke des Raumes verzogen hatte, wieder in ihren Kreis einzubeziehen, war unverkennbar. Doch Gregor schniefte nur und antwortete nicht.
    „Ich weiß, dass ihn alle für einen Spinner halten“, wehrte sich Sando standhaft. „Vielleicht ist Katharsia deshalb in diesem jämmerlichen Zustand.“
    Ben bereitete dieser Satz körperliches Unbehagen. Er atmete tief durch, ehe er sagte: „Was dir zur Entschuldigung gereicht, ist die Art und Weise, wie dich Katharsia empfangen hat. Ich kann es dir nicht verdenken, dass du nun an allem zweifelst.“
    Sando erwiderte darauf nichts. Auch die anderen schwiegen, hingen ihren Gedanken nach.
    Das Geräusch der aufspringenden Tür schreckte sie auf.
    „Was ist denn hier los? Schlechte Stimmung?“
    Die Krankenschwester kam herein, gefolgt von einem Mann, den Sando nicht kannte. Auch er

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