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Katharsia (German Edition)

Katharsia (German Edition)

Titel: Katharsia (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jürgen Magister
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ich dich doch wiedererkennen. Aber glaub mir, ich sehe dich heute zum ersten Mal. Und das ist auch plausibel. Ich bin ein Wunschwesen. Ich kann nicht vor über neunhundert Jahren auf der Erde gewesen sein.“
    Ben schaute recht unglücklich drein.
    „Du bist es! Ich sehe dich noch vor mir …“
    Ratlos saßen die drei in ihren Sesseln.
    Schließlich fragte Sando: „Und woher kommt dann dein Albtraum, Fatima?“
    „Wenn ich das wüsste … Drohende Männer mit Turbanen auf einem staubigen Dorfplatz und die Angst, zu ersticken. Vielleicht ist es ja nur ein böser Traum, der nichts mit einem realen Geschehen zu tun hat. Außerdem hat er mit Bens Geschichte überhaupt nichts zu tun. Das passt alles nicht zusammen.“
    Sie erhob sich. „Ich muss jetzt gehen. Leider.“
    Ben seufzte enttäuscht. „Bis bald, Djamila“, sagte er.
    „Fatima“, versetzte die junge Frau. „Es ist mir lieber, du sagst Fatima.“
    Als sie gegangen war, sagte Ben: „Sie ist es. Glaub mir, Sando, sie ist es.“
    Dann verabschiedete auch er sich.

DER HADES
    Glutrot stand die Morgensonne über dem Horizont. Die dürren Sträucher, grüne Punkte in der ziegelfarbenen Staublandschaft, warfen lange Schatten. Sie fielen auch auf die Mauer, die Doktor Fasins fruchtbare Oase von der unwirtlichen Außenwelt abschirmte. Es herrschte Stille. Die Natur schien noch zu schlafen um diese Stunde. Nicht einmal der ewige Wind sang sein Lied in den harten Zweigen.
    Doch dann ein Geräusch. Metall rieb auf Metall. Langsam tat sich das Tor in der Mauer auf. Ein Gleiter schob sich aus dem Anwesen und nahm Kurs auf das Atlasgebirge. Doktor Fasin und Sando waren auf dem Weg zum Hades. In Sandos Magen grummelte es, als hätte sich ein Hornissenschwarm darin eingenistet. Unverwandt starrte er durch die Frontscheibe des Gleiters. Wie eine Drohung türmten sich am Horizont die berüchtigten schwarzen Felsen auf. Kalter Schweiß trat auf Sandos Stirn. Sein Atem ging stoßweise.
    Besorgt nahm Doktor Fasin die Hand des Jungen und fühlte seinen Puls. Das Ergebnis schien ihn zu beruhigen. Er legte die Hand zurück und sagte: „Gleich erreichen wir die verbotene Zone.“
    Als der Gleiter kurz darauf den Kamm einer sanften Steigung überwand, sah Sando eine Landschaft vor sich, die von einem Metallzaun zerschnitten wurde. Unübersehbar zog er sich durch die staubtrockene Ebene. In seinem Schutz standen in regelmäßigen Abständen hohe Gittermasten, die gespickt waren mit verschiedenen Apparaturen. Sando erkannte Parabolantennen, Kameras, Laserkanonen und Inhalatoren, die in der Lage waren, Seelen anzusaugen.
    Das mulmige Gefühl in ihm verstärkte sich. Als bedrohlich empfand er auch die großen, silbern glänzenden Kegel, die an den Masten befestigt waren und deren Spitzen auf das Atlasgebirge zielten. „Diese Kegel …“, begann er – und noch ehe die Frage ausgesprochen war, erklärte Doktor Fasin: „Das sind Seelenkanonen, die neueste Erfindung der Waffenforscher.“
    „Heißt das, sie können Seelen … zerstören?“
    „Genau das heißt es, Sando. Diese Kegel feuern gebündelte Wellen einer neu entdeckten Strahlung ab. Ein Treffer bewirkt, dass die Gedanken und Gefühle, das Wissen, die Erfahrungen, also alles das, woraus eine Seele besteht, in alle Winde zerstreut wird.“
    „Und was wird aus den Bruchstücken?“
    „Gute Frage! Ich weiß nicht, ob sich die Waffenforscher damit befassen. Aber ich kann mir nicht vorstellen, dass einzelne Erinnerungsfetzen, die in der Atmosphäre herumgeistern, jemandem schaden könnten.“
    Angesichts dieses ausgedehnten waffenstarrenden Sperrgebiets verspürte Sando ein Kribbeln im Magen. Ihm fielen zwei Fördertürme auf, die innerhalb der Sicherheitszone standen. Der Abstand zwischen ihnen mochte zwei bis drei Kilometer betragen. Ihre Räder drehten sich und schwere Transportfahrzeuge zogen eine Staubspur von den Fördertürmen bis zu den fernen Bergen.
    „Werden hier auch Bodenschätze abgebaut?“, fragte Sando erstaunt.
    Doktor Fasin schüttelte den Kopf. „Der Hades platzt aus allen Nähten“, erklärte er. „Jetzt werden zwei der unterirdischen Zellentrakte verlängert. Über die Fördertürme kommt der Abraum ans Tageslicht.“
    „Dort unter der Erde ist also schon der Hades“, murmelte Sando und ein leiser Schauer lief über seinen Rücken.
    Der Gleiter drosselte sein Tempo. Er näherte sich einem nüchternen Betongebäude, aus dem ein besonders hoher, mit Technik beladener Mast aufragte.
    „Der Zugang

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