Katharsia (German Edition)
auch nicht. Er wollte so schnell wie möglich zum Planquadrat B17.
„Hier bitte, Sando, noch zwei Unterschriften“, sagte Denise sanft.
Der Beamte hatte weitere Formulare hingelegt.
„Wozu denn das noch?“, wollte Sando unwillig wissen.
„Für den Pass und das Flugticket“, sagte der Beamte. „Und dann brauche ich noch ein Foto und die Fingerabdrücke.“
Sando kochte innerlich wegen dieser Verzögerung, aber er ließ es zu, dass der Beamte ihn fotografierte und seine Finger auf die Glasplatte eines Scanners drückte. Dann leistete er rasch noch die Unterschriften und rauschte davon. Die Rückkehr des Beamten mit den fertigen Papieren wartete er nicht mehr ab. Denise blieb nichts anderes übrig, als auszuharren, um die Dokumente entgegenzunehmen. Als sie dem Jungen folgte, war sie schon ganz flatterig, doch sie zwang sich, ihre Flügel still zu halten, und schlenderte betont langsam dem Ausgang entgegen.
Bei den gepanzerten Engeln traf sie Sando wieder. Er stand mit finsterem Blick zwischen den beiden kräftigen Gesellen und trat ungeduldig von einem Bein auf das andere.
„Alles in Ordnung, Jungs! Und vielen Dank!“, zwitscherte
Denise.
Die Kämpfer traten mit einem anzüglichen Blick auf den kleinen Engel beiseite und einer tätschelte ihr im Vorbeigehen sogar den linken Flügel, was sie mit einem vernichtenden Blick quittierte.
PLANQUADRAT B17
Dort drüben steht mein Dienstwagen.“
Denise deutete mit Sandos Papieren in der Hand auf einen Geländewagen, auf dessen Türen das Wappen Katharsias prangte. Man sah ihm an, dass er schon etliche Jahre in der Wüste geschunden worden war.
Sando wusste, was für eine Schüttelei ihm nun bevorstand, aber es war ihm egal. Er steuerte auf den Wagen zu und riss die Tür auf.
„Ja, wen haben wir denn da? Was für ein Zufall!“, wienerte eine Männerstimme hinter ihm. Sando drehte sich um. Franz Stadlmeyr hatte sich lautlos mit einem Schwebemobil genähert.
„Gut schaust du aus, Junge! Man könnte meinen, du bist einer von den hiesigen.“ Stadlmeyr lachte lauthals. „Na ja, der Fasin, der steht auf so was.“
Denise kam hinzu und blickte Sando fragend an.
„Das ist Franz Stadlmeyr“, stellte er seinen Bekannten vor. „Er hat mich in der Wüste gefunden.“
Denise schaute schuldbewusst drein, bis ihr einfiel, dass sie Sandos missliche Ankunft nicht zu verantworten hatte. „Angenehm, Denise de Teynac.“
„Waren Sie das, die ihn dort draußen vergessen hat?“, fragte Stadlmeyr mit einer Direktheit, die Sando unangenehm war.
Doch Denise blieb gelassen. „Es waren merkwürdige Umstände, die ich nicht zu vertreten habe“, sagte sie ausweichend, aber sehr höflich.
„Am Ende will es immer keiner gewesen sein“, räsonierte Stadlmeyr.
Er kletterte aus seinem Schwebemobil, das leicht ins Schlingern geriet, als er die Füße auf den Boden setzte, und wandte sich an Sando: „Du schaust ein bisserl angespannt aus. Hat sie dich nicht gut behandelt?“
„Ganz im Gegenteil“, widersprach Sando. „Sie war sehr gut zu mir. Aber jetzt haben wir es eilig.“ Er warf seine Tasche in den Geländewagen und wollte einsteigen, doch Franz hielt ihn zurück.
„Darf ich fragen, wohin es gehen soll?“
„Wir wollen uns nur mal da draußen ein wenig umschauen“, sagte der Junge ausweichend und zeigte in die Richtung, die von der Stadtmauer wegführte.
„Na, bestens! Ich muss auch da lang. Ich würd’ mich freuen, wenn ich euch helfen könnt’.“
Das Angebot war verlockend. Mit einem Schwebemobil kämen sie elegant über die Bodenwellen – und schneller wären sie obendrein.
Sando blickte Denise fragend an. Sie schien unschlüssig zu sein. „Bitte!“, drängte er.
„Also gut“, stimmte sie zu.
Sando holte flink seine Tasche aus dem Jeep und bestieg mit klopfendem Herzen das Schwebemobil.
Lautlos glitten sie durch die Vorstadt von Makala, kamen auf die Straße, die zum Stadttor hinabführte, bogen aber in die entgegengesetzte Richtung ein. Sando drehte sich um. Noch immer herrschte Gedränge am Tor. „Es lässt erst in den späten Abendstunden nach“, sagte Denise.
Inzwischen waren nur noch vereinzelte Häuser zu sehen. Stadlmeyr erhöhte das Tempo. Wie von Geisterhand getrieben, glitt das Fahrzeug dahin. Sando war begeistert.
„Wohin geht’s denn?“, wollte der Wiener wissen.
„Planquadrat B17.“
Sando holte die Karte hervor, doch Stadlmeyr meinte: „Das findet das Mobil ganz von allein.“ Er drückte einen Knopf und sagte:
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