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Katharsia (German Edition)

Katharsia (German Edition)

Titel: Katharsia (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jürgen Magister
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Gregor auf dem Basar beistehe. Die Anwesenheit eines kräftigen Kerls ist nicht nur gut für seine Sicherheit, sie hebt auch die Zahlungsmoral der Leute.“
    Er lachte mit einer gewissen Bitterkeit.
    Sando erinnerte sich an die Szene mit Massef, dem Reporter der „Makala Press“. Es war Nabil gewesen, der ihn genötigt hatte, sein Foto zu bezahlen.
    Der Hüne ging ihnen voraus in einen Schuppen. An dessen Wänden standen Regale, die vollgestellt waren mit alten Geräten: Fernsehern, Radios, Computern, von denen einige noch funktionieren mochten. Geradezu hing ein schmutziger Vorhang aus abgewetztem Rauleder, der den Raum teilte. Nabil steuerte darauf zu und gab den anderen ein Zeichen zu warten.
    Hinter dem Vorhang rappelte es einige Male. Es klang, als stiegen Füße eine Treppe hinauf. Kurze Zeit später erschien der Hüne wieder, einen Tornister in den Pranken. „So, das hätten wir!“, sagte er zufrieden und stellte das Teil auf den Tisch in der Mitte des Schuppens, nachdem er zuvor einigen Elektronikschrott zur Seite geschoben hatte.
    Die Form des Tornisters kam Sando bekannt vor. „So etwas tragen doch die Kampfengel.“
    „Richtig, mein Junge. Doch auch diese Ausrüstungen segnen zuweilen das Zeitliche. Und altes Zeug, egal, was es ist, landet irgendwann auf wundersamen Wegen bei mir.“
    Er griff in den Tornister und zog vorsichtig das Futter heraus. Es bestand aus Kokonmaterial.
    „Warum ist er mit Kokon ausgekleidet?“, wunderte sich Sando. „Werden darin Seelen eingesperrt?“
    „Du sagst es.“ Der Hüne zeigte in eine Ecke des Schuppens. Dort lag eines jener Rohre, die Sando schon bei den Kämpfern gesehen und für Flammenwerfer gehalten hatte.
    „Mit solch einem Rohr saugen sie die Seelen an – und flutsch, landen sie im Tornister. ,Inhalator‘ nennen sie diese Waffe. Sie funktioniert wie ein Staubsauger.“
    Während Nabil dies erklärte, befingerte er das Futter.
    „Leider hat es schon ein kleines Loch. Zum Seelenfangen ist es also nicht mehr geeignet. Aber, wenn ich es recht verstanden habe, will unsere Seele ja freiwillig hinein …“
    „So ist es“, bestätigte Denise.
    „Für den Zweck dürfte es genügen. Sie kann halt jederzeit ein- und ausfliegen.“
    „Darum möchte ich auch gebeten haben“, zirpte Ben, was allerdings nur Sando hörte.
    „Und geortet werden kann die Seele darin nicht?“, wollte Gregor wissen.
    „Du meinst, wegen dieses Löchleins? Ausgeschlossen!“, brummte Nabil, nachsichtig lächelnd.
    Denise betrachtete skeptisch den ausgemusterten Seelenfänger. „Mit so einem Ding können wir uns draußen aber nicht blicken lassen.“
    Grinsend drückte ihr Nabil den Behälter in die Hand. „Sehr gut erkannt. Hier ist das Geschick einer Frau gefragt. Sie trennen vorsichtig den Kokon heraus und ich suche derweil nach einer schicken Tasche.“
    „Sie verkennen mich, mein Bester“, konterte Denise. „Ich bin keine Frau wie jede andere, ich bin ein Engel – und schicke Taschen suchen ist meine Leidenschaft.“ Kurzerhand schob sie Sando den Tornister hin. „Ihr habt solche Fädelarbeiten sicher in der Schule gelernt.“
    Ohne eine Antwort abzuwarten, hakte sie Nabil unter.
    „Ich bin gespannt auf Ihre Taschensammlung, mein Herr.“
    Alles lachte.
    Nabil kramte noch eine kleine Schere hervor, legte sie vor Sando auf den Tisch und zog mit Denise davon.
    „Tja, dann muss ich wohl in den sauren Apfel beißen …“ Sando griff seufzend zur Schere. „Nadelarbeit habe ich immer gehasst.“
    Mit ungelenken Fingern nestelte er an dem Kokon herum, fahndete nach einer günstigen Stelle, an der er die Schere ansetzen konnte.
    Gregor beobachtete ihn mitleidig und erbarmte sich seiner: „Komm, lass mich das machen!“
    „Bitte, wenn du unbedingt möchtest.“
    Sando entledigte sich rasch der Schere und staunte über die Sachkenntnis und Sorgfalt, mit der Gregor nun zu Werke ging.
    „Er hat ein Händchen für so etwas“, zirpte Ben lächelnd. „Schon damals. Einmal habe ich mir beim Erklettern einer Mauer die Hose zerrissen und mich nicht nach Hause gewagt. Es war ein neues und teures Stück. Gregor hat sie wieder geflickt, sodass es meinem Vater nicht aufgefallen ist.“
    Er schwebte dicht an Gregor heran und verfolgte sein Tun. Das leise Schnappen der Schere betonte die eingetretene Stille.
    „Frag ihn doch bitte, wie es ihm geht, Sando“, zirpte Ben unvermittelt. „Wir haben uns seit damals nicht gesehen.“
    Sando übersetzte.
    In das monotone Scherengeräusch

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