Kathedrale
bisher.«
»Es steht mir nicht zu, das zu sagen, Colonel, aber vielleicht sollten Sie sich über die leidenschaftliche Fürsprache so vieler Personen freuen. Sie sagt auch gute Dinge über Sie aus. Und über Ihre Entscheidung, die dazu führte, dass die Vedek-Versammlung dem Volk Ohalus Schriften nicht vorenthalten konnte.«
»Gute Dinge?« Kira hob die Hand zum rechten Ohr, als wollte sie nach dem Phantom ihres Ohrrings greifen. »Was für gute Dinge denn? Ich trage die Schuld an einer erschreckenden Spaltung innerhalb des bajoranischen Volkes. Ich bin verantwortlich dafür, dass Unmengen ihren Glauben verlieren! Vielleicht hatte Vedek Yevir tatsächlich recht. Womöglich handelte ich wirklich unüberlegt und dumm. Vielleicht beginne ich erst jetzt, wahrhaft zu begreifen, welche Ernte meine Saat mir eingebracht hat.«
Zu sehen, dass Kira nicht begriff, wie viel sie so zahlreichen Personen bedeutete, erfüllte Ro mit großer Traurigkeit. »Sie taten, wozu ich nie den Mut gehabt hätte, Nerys.« Zum ersten Mal nannte sie sie nicht bei ihrem Familiennamen. »Trotz Ihres Glaubens an die Propheten und ihren Willen taten Sie, was Sie für richtig hielten. Was richtig war .«
Kira starrte sie an. Obwohl sie die andere Frau in der Dunkelheit kaum erkennen konnte, spürte Ro, dass sie aufmerksam zuhörte.
»Ist Ihnen die Zweideutigkeit dessen, was die Ohalavaru an diesem Abend taten, nicht bewusst?«, fuhr sie fort. »Laut Ohalu sind die Propheten nicht das, was uns von den Geistlichen gelehrt wurde. Und doch protestieren die Ohalavaru – diejenigen, die die grundlegendste Lehre unseres Glaubens verweigern – planetenweit dafür, dass die Vedek-Versammlung Sie wieder in die Gemeinschaft aufnimmt. Warum?«
»Ich … Ich weiß es nicht«, antwortete Kira.
»Ich habe noch mit niemandem darüber gesprochen, aber ich glaube, die Antwort auch so zu kennen. Sie wurden bestraft, weil Sie ihnen eine Option gaben. Bevor Sie Ohalus Prophezeiungen veröffentlichten, hatte das Volk nur zwei Alternativen: gläubig zu werden oder wie ich den Weg ausgestoßener Agnostiker zu gehen. Nun aber gibt es eine weitere Möglichkeit; eine, die sie zu konkreten Vorstellungen ihrer Zukunft inspiriert. Glauben Sie bloß nicht, ihre Proteste hätten nur zufällig am Vorabend des Föderationsbeitritts stattgefunden. Die Föderation wird Bajors Kindern neue Freiheiten geben. Neue Glaubenssysteme, neue Technologien, neue Kontakte zu anderen Völkern …«
»Ich weiß nicht, ob ich verstehe, worauf Sie hinauswollen, Ro.«
»Mir scheint, die Ohalavaru sagen – wenn auch vielleicht auf zu allgemeine Weise –, dass auch Sie eine Wahl haben sollten. Befleckt oder nicht, folgen Sie nach wie vor den Propheten. Die Glaubensgemeinschaft verstieß Sie, doch als Sie Ohalus Lehren publik machten, war das keine Aussage über Ihren Glauben. Kein Ausdruck eines Bestrebens, Schäfchen aus der Herde zu entführen. Die Ohalavaru sagen Bajor, dass auch Sie jedes Recht haben, den Propheten zu folgen, wenn ihr Pagh Sie auf diesen Weg leitet.«
Kira saß schweigend da und starrte sie an. Erst jetzt bemerkte Ro, dass sie zum Tisch getreten war und auf ihre Kommandantin hinabblickte, als tadelte sie ein aufmüpfiges Kind. Sofort ließ sie sich auf einen der nahen Stühle fallen und massierte sich sanft den Nasenrücken. »Verzeihung, Colonel. Ich wollte Ihnen keine Standpauke halten.«
»Schon in Ordnung«, erwiderte Kira und winkte ab. »So hatte ich das noch gar nicht gesehen.« Sie seufzte schwer. »Es ist schlicht zu viel los.«
Ro schluckte und wappnete sich für das, was sie als Nächstes sagen musste. »Ich fürchte, ich bringe noch eine weitere Kunde. Und ich weiß, dass sie Ihre Laune nicht gerade heben wird, aber die Zeit läuft ab, und einen besseren Moment werde ich ohnehin nicht finden.« Abermals seufzte Kira, doch Ro fuhr entschlossen fort. »Kurz nach der Beitrittszeremonie werde ich mein Amt als Sicherheitschefin von Deep Space 9 niederlegen. Außerdem trete ich aus dem bajoranischen Militär aus.«
»Was? Warum? « Kira beugte sich vor. Ro sah den Schock in ihrem Gesicht. Sie wirkte, als hätte man sie soeben geschlagen.
»Ich habe lange mit dieser Entscheidung gerungen, glauben Sie mir, aber jetzt muss ich handeln. Sie kennen meinen Werdegang bei der Sternenflotte. Wenn Bajor Teil der Föderation wird, werde ich …« Sie hielt inne und sammelte sich. Sie hatte Angst, dass ihre Stimme sonst brechen würde. »In der kommenden Ordnung der Dinge
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