Kathedrale
Föderationsbeitritt steht unmittelbar bevor. Ein Friedensabkommen zwischen beiden Völkern dürfte da in jedermanns Interesse sein. Allerdings hat sich Asarem schon in vergangenen Krisen als recht stur erwiesen, von daher …«
Yevir zog weiter und wechselte die Schulter, über der er seine Tasche trug. Vielleicht sollte er sich mit Asarem oder Premierminister Shakaar Edon treffen und überlegen, wie die Gespräche neu gestartet werden konnten. Beide wären für eine frische Sicht auf die Dinge sicher dankbar. Vermutlich würden sie sich überzeugen lassen, dass ein jetzt erreichtes positives Ergebnis – also bevor die Föderation Bajor von derartigen Pflichten befreite – der einzige Weg war, um dauerhaften Frieden mit Cardassia zu gewährleisten. Sollte Yevir der Geburtshelfer einer solchen Entscheidung sein, dürften seine Chancen auf das Amt des Kais zweifellos steigen.
Aber wie?
Im Foyer des viergeschossigen Gebäudes, in dem sich sein Büro befand, sah Yevir, dass viele der Angestellten bereits auf den Feierabend hinfieberten. Er grüßte alle mit Namen und wünschte ihnen einen erhebenden Tempeldienst. Als er um die Ecke zu seinem Büro bog, stand seine Assistentin von ihrem Schreibtisch auf.
»Vedek Yevir. Welch ein Segen, Sie zu sehen«, sagte Harana Flin, und er wusste, dass sie es ernst meinte. Sie deutete auf eine junge Frau, die auf einem Sessel in der Ecke des Vorzimmers saß. »Sie wartet bereits eine Weile darauf, Sie zu sehen. Ich sagte ihr, ich sei nicht sicher, wann Sie heute Abend zurückkehren würden, doch sie bestand darauf, zu bleiben.«
»Schon in Ordnung, Flin«, erwiderte Yevir, legte seiner Assistentin die Hand auf die Schulter und lächelte freundlich. »Ich werde sie gerne empfangen. Danke für Ihren Einsatz. Und jetzt beeilen Sie sich, sonst verpassen Sie das erste Geläut.«
Harana ergriff ihren breiten Schal und legte ihn sich um die Schultern, dann verließ sie den Raum. Yevir hingegen wandte sich seiner Besucherin zu. Sie war eine wahre Schönheit, hohe Wangenknochen und bezaubernd ovale Augen. Ihr Haar war zu Zöpfen geflochten, die einen eng anliegenden Kreis um ihren Kopf bildeten – der Helep -Stil, wie er derzeit an den Universitäten in der Musilla-Provinz angesagt war. Sie trug ein hellblaues Gewand, das ihrem blassen Hautton schmeichelte. Zwischen den Falten konnte Yevir ein Kleinkind ausmachen, das offensichtlich gerade schlief.
»Hallo, mein Kind«, sagte er lächelnd. »Wollen Sie nicht hereinkommen.« Er öffnete die Bürotür und ging voraus. Im Gegensatz zu den meisten Bittstellern, die eher schüchterner Natur waren, trat diese zuversichtlich und mit hoch erhobenem Kopf über die Schwelle.
Die Frau setzte sich auf ein Sofa. Yevir legte seine Tasche auf den Tisch, entnahm ihr mehrere Bücher und platzierte diese auf einem der Dokumentenberge, die sorgfältig gestapelt seinen Arbeitsbereich säumten. Dann zog er die kleine gold- und bernsteinfarbene Jevonit-Figur hervor, die Kasidy Yates, die Gattin des Abgesandten, ihm vor über zwei Wochen überlassen hatte. Er stellte auch sie auf einen der Papierstapel, bevor er sich wieder seiner Besucherin widmete. »Sie kommen mir bekannt vor, mein Kind. Sind wir uns bereits begegnet?«
Die junge Frau starrte ihn einen Moment lang an, doch in ihrem Blick war nichts, was er hätte deuten können. Dann lächelte sie – weder schüchtern noch beschämt. »Nein, Vedek Yevir, das sind wir nicht. Zumindest nicht offiziell. Aber Sie kennen mein Gesicht vermutlich aus den Akten, die die Vedek-Versammlung zweifellos über Leute wie mich erstellt hat.«
Was für eine eigenartige Formulierung. Yevirs Neugierde war geweckt. »Ich fürchte, ich verstehe nicht ganz.«
»Mein Name ist Mika. Cerin Mika. Ich war einst Mitglied des Kultes der Pah-Geister.«
Yevir nickte, denn er begriff endlich. »Ja, jetzt entsinne ich mich.« Cerin Mika – oder schlicht Mika, wie sie in damaligen Interviews lieber angesprochen worden war – hatte zu den paar Dutzend Sektierern gehört, die kurz auf Empok Nor gehaust und Gul Dukat als ihren Anführer angenommen hatten. Dukat hatte Mika damals geschwängert und sie dann nach der Geburt ihres gemeinsamen Kindes beinahe getötet. Wäre Kira Nerys nicht gewesen, hätte Mikas Kind die eigene Mutter nie kennengelernt.
Seitdem waren anderthalb Jahre vergangen, in denen aus Mika eine kleine Berühmtheit und eine kontroverse Person geworden war. Die Bajoraner hatten ihr schnell vergeben. Für sie hatte
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