Kathedrale
aufgefallen. Edgardo musste in seinem Quartier das Bett hüten. Vor zwei Tagen war es bei einem Weltraumeinsatz zu einem Unfall gekommen, und sein Bein heilte noch.
Bei der Ankunft der Sagan waren bereits drei der Fremden gestorben, und es hatte knapp dreißig Minuten extrem intensiver Operationen bedurft, bis Bashir halbwegs sicher war, keine weiteren verlieren zu müssen. Zumindest nicht sofort. Acht von ihnen lagen nun auf Biobetten oder dem Boden. Sie waren zwar bewusstlos und schwach, schienen aber wenigstens stabil zu sein. Die Klasse-M-Atmosphäre der Defiant beeinträchtigte sie nicht.
Bashir wischte sich die behandschuhten Hände an seinem Kittel ab, dessen Vorderseite bereits mit bernstein- und ockerfarbenen Striemen gemustert war. Just als er Ensign Richter anweisen wollte, die fünf stabilsten zurück auf ihr Schiff zu beamen, verschlechterten sich die Werte des neunten Wesens dramatisch.
Die Gestalt auf dem Biobett vor Bashir musste knapp zweieinhalb Meter messen. Unter ihrem länglichen, voluminösen Kopf folgten zwei Arme, weiter unten hatte sie drei gleichlange beinähnliche Extremitäten – die allerdings wenig geeignet schienen, um ihr Gewicht zu tragen. Ihr blauschwarzer Bauch war von einer diagonalen und erschreckenden Wunde gezeichnet, aus der abermals ein dicker gelber Ausfluss drang. Offensichtlich hatte die Behandlung der Wunde mit Protoplaser bisher nicht den gewünschten Effekt erzielt.
Bashir stellte den Hautregenerator auf eine höhere Stufe und beeilte sich, die Blutung zu stillen. Als er zuversichtlich war, dass seine provisorische Hilfe diesmal von längerer Wirkung sein würde, fuhr er langsam mit dem Trikorder über das Wesen und scannte es nach Anzeichen innerer Blutungen. Allerdings erwies sich die Deutung von Trikorderanzeigen bei Kreaturen, von denen er nie zuvor gehört oder gelesen hatte, als äußerst schwierig.
Bashir sah zu Richter, die seinen Blick mit sorgenvoller Miene erwiderte. Einer der Behelfspfleger, der jugendlich wirkende Lieutenant John Candlewood, sah Bashir ausdruckslos zu, bevor er die Werte eines anderen bewusstlosen Fremden überprüfte.
Krissten wirkte, als könnte sie ein wenig Ermutigung gebrauchen. »Sie und die Sanitäter haben hier wirklich hervorragende Arbeit geleistet«, lobte Bashir.
Tränen stiegen in die blaugrünen Augen der jungen MTA. »Nicht hervorragend genug für drei der Fremden.«
Bashir wechselte in einen Tonfall, den er sich normalerweise für seine am schwersten erkrankten Patienten reservierte. »Manche sind einfach nicht mehr zu retten, Krissten. Selbst wenn wir wissen, wie wir sie behandeln müssen.«
Sie schloss die Augen und nickte langsam.
An den Tod gewöhnt man sich nie , dachte er. Und das sollte man auch nicht. Er sah auf seinen Trikorder. Aus einem der großen thorakalen Blutgefäßkanäle strömte Flüssigkeit in den Bauchraum des Patienten. Ein Humanoide mit ähnlichen Symptomen würde nach ein bis zwei Minuten das Zeitliche segnen.
»Ich muss noch mal rein und das Blutgefäß abdichten«, sagte Bashir. Vorausgesetzt, das ist ein Blutgefäß , ergänzte er in Gedanken und nahm ein Exoskalpell von dem neben dem Biobett stehenden Tablett.
»Ich aktiviere das sterile Feld«, meldete Krissten. Ihre Ausbildung gewann langsam die Oberhand über ihre Gefühle.
Bashir runzelte die Stirn, als der blassblaue Schein des Energiefeldes auf den verwundeten Bauch des Wesens fiel. Vier Minuten später hatte der Mediziner das betreffende Blutgefäß bereits fast komplett versorgt, ohne die es umgebenden – und nicht minder mysteriösen – Organe und das Gewebe zu beeinträchtigen. Wie es schien, war die Bekämpfung der inneren Blutung des Fremden erfolgreich gewesen.
Warum also atmete dieser plötzlich so mühsam?
Krissten wirkte ebenfalls besorgt. »Ich verstehe nicht, warum er jetzt Atemschwierigkeiten hat«, sagte sie kopfschüttelnd. »Wäre unsere Atmosphäre schädlich für sie, hätten wir es bereits gemerkt, als sie an Bord kamen.«
Das Wesen öffnete die Augen, keuchte und sonderte eine Reihe gutturaler Laute ab, die Husten oder ein Sprechversuch sein mochten. Bashir wusste nur eines mit Sicherheit: Der Universalübersetzer hielt sie nicht für Letzteres.
Der Blick des Fremden mit den glitzernden, pflaumengroßen schwarzen Augen richtete sich auf Bashir. Dann hob er einen seiner spindeldürren Arme in dessen Richtung. Drei Finger öffneten und schlossen sich zitternd. Bashir sah nichts Bedrohliches in der Geste,
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