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Kathedrale

Kathedrale

Titel: Kathedrale Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andy Mangels
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erschien auf Ekoshas faltigem Antlitz. »Es besteht ein großer Unterschied zwischen der Legalisierung und der Akzeptanz einer Religion. Ja, es verstößt nicht länger gegen cardassianisches Recht, Oralianer zu sein. Aber werden wir deshalb willkommen geheißen? Toleriert? Selbst nun, am Neubeginn unserer Kultur, setzen die der alten Garde – zumeist ehrgeizige Politiker und Militäranführer – alles daran, uns klein und verängstigt zu halten. Viele unserer Versammlungsorte brannten, viele unserer furchtloseren Anführer wurden verprügelt oder verschwanden in der Tiefe der Nacht. Also zogen wir uns wieder in den Untergrund zurück. Bevor uns die Märtyrer ausgingen.«
    »Ich versichere Ihnen, dass unsere Absichten weitaus nobler sind, Klerikerin«, sagte Macet und hoffte, sie glaubte ihm. Falls nicht, war dieses ganze Unterfangen eine grandiose Verschwendung von Zeit und Energie.
    »Würde ich das nicht bereits glauben, Macet, wäre ich jetzt nicht hier, um Sie zu treffen.«
    »Macet arrangierte unsere Zusammenkunft auf meine Bitte hin«, sagte Yevir und trat vor. »Ich bin wegen des diplomatischen Stillstands zwischen Bajor und Cardassia zutiefst bekümmert. Unsere Welten können nur gesunden, wenn wir die ältesten Wunden zuerst heilen lassen.«
    Ekosha lächelte bitter. »Ich schätze, diese Wunden werden deutliche Narben hinterlassen.«
    »Vermutlich«, sagte Yevir. Ihre Unterbrechung schien ihn nicht zu kümmern. »Jedenfalls tritt Bajor morgen der Föderation bei. Stellen Sie sich vor, was es bedeuten wird, wenn wir jetzt Frieden zwischen unseren Völkern schaffen. Für unser beider Welten.«
    »Und welchen Nutzen brächte Ihnen beiden ein solcher Durchbruch?«, fragte Ekosha und sah von Yevir zu Macet und zurück. » Sie wollen Bajors Kai werden. Und wenn ich nicht falsch informiert bin, sind Sie gewillt, eine radikale Religion zu unterdrücken, um dieses Ziel zu erreichen. Macet hingegen will Respekt und endlich aus dem Schatten des Mannes treten, den ganz Bajor verabscheut. Von vielen Cardassianern ganz zu schweigen, die nicht vergaßen, mit wem unser Abstieg ins Chaos begann.«
    Mehrere Fragen schossen Macet durch den Kopf, eine beunruhigender als die andere. Hat sie recht? Lügen Yevir und ich uns in die Tasche, wenn wir glauben, dass wir hergereist sind, um Frieden zwischen unseren Welten zu schaffen? Geht es hier wirklich nur um unsere Egos?
    Yevir schien ähnliche Sorgen zu hegen. Im Gegensatz zu Macet hatte er aber eine Erwiderung parat. »Ich schwöre Ihnen, Klerikerin Ekosha – ohne Aber und ohne Zweifel –, dass ich einzig zum Wohl meines Volkes handele. Um dies zu tun, muss ich auch zum Wohle des Ihren handeln.«
    Dann tat er etwas, womit Macet nicht gerechnet hatte. Er zog sich den Ohrring aus und warf ihn zu Boden. Als Nächstes war das Gewand dran. Yevir entledigte sich ihm und ließ es achtlos auf das Schmuckstück fallen. Schließlich stand er in einer schlichten weißen Kutte da. Doch was ihm an Pomp fehlte, machte er nun durch würdevolle Haltung und Mut wett. Bisher hatte Macet nicht geglaubt, dass Yevir diese Eigenschaften überhaupt besaß, doch nun sah er sich eines Besseren belehrt.
    »Ich will nicht abstreiten, dass ich von einer in letzter Minute gefundenen Einigung zwischen Bajor und Cardassia profitieren könnte. Doch wenn der Preis für diese Einigung darin besteht, dass ich all das, was mich zu einem Vedek macht, ablege, so tue ich es gern. Ich stehe nicht als Kai-Kandidat vor Ihnen, nicht als Repräsentant einer Religion. Ich bin nur aus einem Grunde gekommen: um unsere Völker einander nahezubringen – ohne Zwang, ohne Druck. Selbst ohne den sanften Zwang, den die Föderation darstellen wird.« Er breitete die Arme aus. »Und ich bitte Sie, sich genauso zu verhalten. Vergessen Sie die Frage, ob unser Bündnis den Oralianern die Möglichkeit verschafft, aus ihren Bunkern zu kommen. Fragen Sie sich stattdessen, was für Ihr Volk das Beste sein wird. Sie wissen so gut wie ich, dass es eines Tages wieder Krieg zwischen uns geben wird, wenn jetzt kein Frieden entsteht. Wenn sich Bajor und Cardassia einander nicht ohne fremde Hilfe öffnen, werden alte Vorurteile auf beiden Seiten Wurzeln schlagen. Wir können unsere Wunden heilen, Ekosha! Aber nur, wenn wir jetzt gemeinsam handeln.«
    Yevir reichte der untersetzten Frau die Hand, die diese ansah, als würde sie sich gleich in ein giftiges Reptil verwandeln. Macet war, als drehte sich das Rad der Geschichte vor seinen Augen.

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