Kathedrale
Nebeneffekt der Föderationstreue. Beide Parteien handeln aus Überzeugung. Weil sie glauben.«
Taran’atars Neugierde war geweckt. »Und welcher Seite schenken Sie Glauben, Admiral?«
Ein rätselhaftes Lächeln erschien auf Akaars Gesicht. »Es ist nicht meine Natur, abzuwarten, wenn Taten vonnöten sind. Ich halte Bajor für absolut föderationstauglich, heute schon. Aber kein Capellaner, der mein Alter erreichen durfte, glaubt daran, dass Frieden unvermeidlich ist.«
Dies war die erste eindeutig sinnvolle Bemerkung, die Taran’atar bisher von ihm gehört hatte. Und sie gab ihm die Chance, ein weiteres Rätsel anzusprechen, das ihn bereits eine Weile beschäftigte. »Warum fragten Sie mich nicht, wie viele Menschen ich während des Krieges tötete?«, fragte er leise.
Mit einem Mal verfinsterte sich Akaars Miene, und Vic wirkte wieder besorgt. »Vielleicht sollten wir’s für heute Nachmittag mit der Politik gut sein lassen«, schlug das Hologramm vor.
Taran’atar fragte sich, ob er abermals eines der undefinierbaren sozialen Tabus des Alpha-Quadranten gebrochen hatte. Sie schienen überall zu sein, wie Subraumminen. Und doch entschloss er sich, nachzuhaken. »Vielleicht wird es Sie beruhigen, zu wissen, dass ich während des Krieges nie im Alpha-Quadranten war. Ich kämpfte nie gegen die Föderation oder ihre Verbündeten.«
Aus Akaars finsterem Gesichtsausdruck wurde ein nachdenklicher. Er nickte. »Vielleicht wird es das.« Dann stellte er sein leeres Glas auf das Tablett eines vorbeigehenden Kellners und setzte zum Aufbruch an.
Taran’atar spürte, dass ihm eine wichtige Gelegenheit für immer zu entgleiten drohte. »Darf ich Ihnen eine letzte Frage stellen, Admiral?«
Akaar hielt inne und nickte knapp.
»Wären Sie ebenso über meine friedliche Mission erfreut, wenn ich während des Krieges Tausende Ihrer Leute getötet hätte?«
Die Frage schien den Capellaner mit dem eisenfarbenen Haar zu überraschen. Er rang sichtlich mit ihr. Dann sagte er: »Ich weiß es nicht. Aber ich glaube. Und wer glaubt, braucht keine Gewissheit.« Damit verabschiedete er sich von Vic und Taran’atar.
Stumm und nachdenklich stand der Jem’Hadar neben dem Sänger. Schließlich brach Vic das Schweigen. »Ich hoffe, Sie haben Ihre Antworten gefunden.«
»Ich bin mir nicht sicher«, sagte Taran’atar.
»Setzen Sie sich. Denken Sie darüber nach. Und lassen Sie mich Ihnen etwas bestellen. Quark sagt, Sie hätten eine Vorliebe für Root Beer mit Schuss.«
Taran’atar nickte ernst. »Das ist korrekt.« Und Quark ist sehr gesprächig.
Vic erwiderte das Nicken, trat zu einer Kellnerin und hielt plötzlich inne. »Ach, übrigens«, sagte er über seine Schulter hinweg. »Tut mir leid, dass ich Ihnen unterstellt habe, Sie würden meinen Laden auseinandernehmen, wie Worf es damals tat.«
»Vielleicht«, sagte Taran’atar, »sollten Sie einfach mehr Vertrauen in Ihre Gäste haben.«
KAPITEL 12
Gul Macet hatte das Shuttle der Trager persönlich gesteuert, unterstützt von seiner jungen Assistentin Norit. Weshalb er das Bedürfnis zu fliegen verspürt hatte, wusste er nicht zu sagen. Wollte er seine Fähigkeiten nicht einrosten lassen oder gar vor Vedek Yevir angeben? Vermutlich lag die Wahrheit irgendwo dazwischen.
Er landete das Shuttle auf offenem Gelände zwischen den Ruinen von Lakarian City. Sie lagen an der Küste von Cardassia Primes größtem Kontinent, Süd-Forbella. Die Dämmerung war nahe, und die untergehende Sonne warf lange Schatten auf das endlos scheinende Trümmermeer. Einst hatte Lakarian City zu den beliebtesten Urlaubszielen des Planeten gehört und von bunter Kinderunterhaltung bis hin zu Vergnügungen entschieden erwachsenerer Art alles zu bieten gehabt. Ihr Landeplatz lag zwischen den Ruinen einer früher als Krendalee bekannten Gegend. Dort war ein großer Freizeitpark gewesen, bis er – und der Großteil der Stadt mit ihm – in den letzten Stunden des Dominion-Krieges ausradiert wurde. Bisher hatte niemand mit dem Wiederaufbau begonnen, weil die provisorische Regierung ihre Ressourcen woanders einsetzte – in Macets Augen ein gravierender Fehler. Cardassias demoralisierte Milliarden hatten vor dem Dominion ein gutes Leben geführt. Sie brauchten den Eskapismus, den ein Ort wie Lakarian City bot, heute mehr denn je.
Macet trat aus dem Shuttle, und Norit, Yevir und zwei Sicherheitskräfte folgten ihm. Die beiden verteilten sich und suchten mit gezückten Waffen die Umgebung ab. Laut den
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