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Katherine Neville - Das Montglane-Spiel

Katherine Neville - Das Montglane-Spiel

Titel: Katherine Neville - Das Montglane-Spiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Malaxis
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hätte ihn bedauert, wenn in ihrem Herzen noch Platz für Mitleid gewesen wäre.
„So“, flüsterte er, ohne den Blick von ihr zu wenden, „Sie sind also endlich gekommen. Ich wußte es, als ich die Figuren nicht fand. Ich wußte, Sie würden eines Tages wiederkommen!“ Seine Augen funkelten im zuckenden Kerzenlicht. Mireille spürte, wie ihr das Blut in den Adern gerann.
„Wo sind sie?“ fragte Mireille.
„Genau diese Frage wollte ich Ihnen auch stellen, Mademoiselle“, erwiderte er ruhig. „Es war ein großer Fehler von Ihnen, hierherzukommen. Der falsche Name hilft Ihnen wenig. Sie werden dieses Haus nicht lebend verlassen, wenn Sie mir nicht sagen, wo die Figuren sind, die in Davids Garten vergraben waren.“
„Sie auch nicht“, erwiderte Mireille, und ihr Herz schlug ruhig und langsam, als sie das Messer aus dem Mieder zog. „Fünf meiner Schwestern sind verschwunden. Ich möchte wissen, ob sie dasselbe Schicksal gefunden haben wie meine Cousine.“
„Ah, Sie sind gekommen, um mich zu töten“, sagte Marat und verzog das Gesicht zu einer schrecklichen Grimasse, „aber ich glaube nicht, daß Sie es tun werden. Sie sehen, ich sterbe. Ich brauche keine Ärzte, die mir das sagen, denn ich bin selbst Arzt.“
Mireille berührte mit dem Finger die Messerspitze und nahm den Griff fest in die Hand.
Marat deutete mit der Schreibfeder auf die nackte Brust. „Ich rate Ihnen, hier zuzustoßen auf der linken Seite zwischen der zweiten und der dritten Rippe. Dann treffen Sie die Aorta. Das ist schnell und sicher. Aber ehe ich sterbe, wird es Sie interessieren zu erfahren, daß ich die Figuren habe - nicht fünf, wie Sie vermuten, sondern acht. Wir beide, Mademoiselle, haben zusammen genau die Hälfte des Spiels.“
Mireille versuchte, sich nichts anmerken zu lassen, aber ihr Herz schlug wieder heftig. „Ich glaube Ihnen nicht!“ rief sie.
„Fragen Sie doch Ihre Freundin Corday, wie viele Nonnen zu ihr kamen“, erwiderte er. „Mademoiselle Beaumont, Mademoiselle Defresnay, Mademoiselle d'Armentieres - kommen Ihnen diese Namen bekannt vor?“
Es waren alles Nonnen aus Montglane. Was wollte er damit sagen? Diese Frauen waren nicht nach Paris gekommen, das wußte Mireille, denn sie hatten David nicht geschrieben ...
„Sie kamen nach Caen“, sagte Marat, denn er las Mireilles Gedanken, „weil sie hofften, Mademoiselle de Corday dort zu finden. Sie mußten sehr schnell feststellen, daß die Frau, die sie empfing, keine Nonne war.“
„Frau?!“ rief Mireille.
In diesem Augenblick klopfte es an die Tür, und Simonne Évrard kam herein. Sie brachte ein Tablett mit dampfenden Nieren und Weißbrot. Sie ging verdrießlich durch den Raum und warf aus den Augenwinkeln einen mürrischen Blick auf Marat und seine Besucherin. Dann stellte sie das Tablett auf das Fensterbrett.
„Zum Abkühlen, damit wir sie für die Fleischpastete durch den Fleischwolf drehen können“, murmelte sie und richtete ihre vorquellenden Augen auf Mireille, die das Messer schnell in das Mieder gesteckt hatte.
„Störe uns nicht noch einmal“, befahl Marat unfreundlich. Simonne sah ihn erschrocken an, dann verließ sie sichtlich beleidigt das Zimmer.
„Verschließen Sie die Tür“, sagte Marat zu Mireille, die ihn verblüfft ansah. Seine Augen waren blutunterlaufen; er lehnte sich in die Wanne zurück und rang laut keuchend nach Luft. „Die Krankheit sitzt überall in mir“, stieß er hustend hervor. „Wenn Sie mich umbringen wollen, Mademoiselle, bleibt Ihnen nicht viel Zeit. Aber ich glaube, Sie wollen noch mehr wissen - so wie ich von Ihnen. Schließen Sie die Tür ab, und ich sage Ihnen, was ich von Ihnen wissen will.“
Mireille lief zur Tür, drehte den Schlüssel im Schloß und dachte dabei fieberhaft: Wer ist die Frau, von der er gesprochen hat? Wer hat den nichtsahnenden Nonnen die Figuren abgenommen?
„Sie haben sie umgebracht. Sie und diese Schlampe“, rief Mireille. „Sie mußten wegen der Schachfiguren sterben!“
„Ich bin ein kranker Mann“, erwiderte er und lächelte sie hinterhältig an, „aber wie der König auf dem Schachbrett, so kann die schwächste Figur auch die wertvollste sein. In einem gewissen Sinn habe ich sie getötet, indem ich Informationen weitergegeben habe. Ich wußte, wer sie waren, wo sie sich aufhielten und wohin sie sich wenden würden, nachdem man sie aufgespürt hatte. Ihre Äbtissin ist so dumm. Die Namen der Nonnen von Montglane waren alle von Amts wegen festgehalten. Aber ich habe sie

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